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PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium

PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium

Titel: PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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der Mongaal, und es war eben diese Einzigartigkeit, seine Unverfälschtheit, die es dem Clan ermöglicht hatte, seine Feinde ein ums andere Mal zu überraschen.
    Die Mongaal waren anders.
    Argha-cha würde die Vorreiterin sein, die mit der Tradition brach. Sie packte den Kopf des Menschbilds mit beiden Händen und riss ihn ab. Der Körper des Menschbilds bäumte sich auf, aber der Anschein von Leben verflog rasch und das Menschbild hing wieder
    schlaff in seiner Aufhängung.
    Argha-cha nahm den Kopf Cairols und setzte ihn auf die Schultern des Menschbilds. Sie musste ihn festhalten, damit er nicht sofort wieder zu Boden fiel. Mit erhobenen Armen, die Hände um Cairols Kopf gelegt, stand sie vor dem Menschbild und wartete.
    Nach kurzer Zeit spürte sie Wärme an ihren Fingerspitzen. Der Körper des Menschbilds erbebte, seine Glieder schlugen wild um sich. Seine Knie bohrten sich in ihre Oberschenkel, seine Hände klatschen schmerzhaft gegen ihre Seite.
    Argha-cha schluckte den Schmerz hinunter, blieb ungerührt stehen. Am Halsansatz des Menschbilds entstand eine Bewegung. Die Haut warf Wellen, als schlängelten sich Raupen unter ihr. Das Aufbäumen des Menschbilds verstärkte sich. Hätte Argha-cha nicht den Kopf Cairols mit aller Kraft auf den Halsansatz des Menschbilds gedrückt, es wäre zur Seite gekippt.
    Dann erreichte die Wellenbewegung die Unterseite des Roboterkopfs. Die Haut wich wie erschreckt zurück, als sie den Kopf berührte, wälzte sich über das versengte Metall.
    Unvermittelt spürte Argha-cha Trauer, die sich nicht aus ihr selbst speiste. Verzweiflung über eine verschwendete Existenz. Schuld. Schuld in einem Ausmaß, das ihre Vorstellungen sprengte. Und schließlich: Reue.
    Die Augen Cairols öffneten sich. Argha-cha erwiderte ruhig ihren Blick. Ihr war, als sie in die funkelnden Edelsteinaugen des Roboters sah, als blicke sie in das Antlitz eines Gefährten. Eines Gefährten, von dem sie, Argha-cha und die Mongaal, unendlich viel lernen konnten.
    Cairols Lippen blieben unbewegt. Argha-cha war nicht enttäuscht, dass der Roboter schwieg. Worte waren unnötig. Was sie verband, ging viel tiefer, als Worte es je
    auszudrücken vermochten.
    »Komm!« sagte sie, mehr zu sich selbst als zu Cairol. »Der Clan wartet.«
    Cairol hob die Arme, stützte sich auf ihre Schultern und stemmte sich mit eigener Kraft aus der Aufhängung. Seine Bewegungen waren noch fahrig und unsicher, aber das würde sich legen. Cairol hakte den Arm bei ihr unter, und gemeinsam traten sie vor das Zelt.
    Die Gespräche erstarben, als die Mongaal die Vorreiterin und ihren neuen Gefährten erblickten. Argha-cha führte Cairol zu dem wartenden Sturmtier und half ihm, zum hinteren Platz des Doppelsattels hinaufzuklettern, dann stieg sie selbst in den vorderen. Cairols Hände legten sich um ihre Hüften. Sein Griff war warm und fest.
    Die Rüstung Etor-tais, die Argha-cha trug, saß wie eine zweite Haut. Die Vorreiterin hatte die Innenseite mit der Haut der Zwillingsgötzin polstern lassen. Der Armstumpf des Götzen war an ihrem Sattel befestigt und diente, mit Metallstreifen verstärkt, als Peitschengriff.
    Argha-cha suchte Blickkontakt mit Belhon-ang, den sie nach ihrer Rückkehr aus der Götzenstadt dazu bestimmt hatte, die Vorbereitungen für den Aufbruch des Clans zu leiten. Belhon-ang hatte bewiesen, dass er Mut besaß - und ihr treu ergeben war. Tasser-mor hatte sich bitter über die Ungerechtigkeit von Argha-chas Entscheidung beklagt, aber die Vorreiterin hatte sich nicht umstimmen lassen. Tasser-mor war ein alter Mann, seine Tage waren gezählt. Belhon-ang dagegen würde auf viele Jahre hinaus ein nützliches Werkzeug in ihren Händen sein.
    Argha-cha gab das Signal zum Aufbruch. Mit einem Schrei aus zehntausend Kehlen setzte sich der Clan in Bewegung, ließ die Stadt Kion hinter sich zurück, in der ihm seine größte Niederlage bestimmt gewesen war und in der er einen Schatz gewonnen hatte, dessen volle Bedeutung sich erst in Jahrhunderten würde ermessen lassen.
    Als sie die ersten Ausläufer der Steppe erreichten, fiel Argha-chas wachsam über die Kolonnen schweifender Blick auf Echrod-or. Der Geschichte-Erzähler ritt auf seinem dürren Tragtier zwischen den Hirten im hinteren Teil der Formation. Er hatte den Kopf gesenkt. Gegen ihren Willen verweilte Argha-chas Blick auf dem Jungen mit den blauen Zöpfen, und einen Augenblick lang glaubte sie noch einmal die Berührung seiner Hand zu spüren.
    Der Druck von Cairols

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