PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium
den Wurmlochöffnungen kommt durch die unterschiedlichen Weltlinien im Schwarzen Loch und Wurmloch zustande. Man kann sich aussuchen, zu welcher äußeren Zeit man in das Wurmloch hinein und wieder aus ihm herauskommt. Dazu ist lediglich ein Raketenantrieb für Bewegungen mit unterschiedlichen Beschleunigungen nötig«, erläutert Aichelburg. »Eine wichtige Asymmetrie ist aber vorhanden, die bei anderen Wurmlöchern nicht auftritt: Unser Wurmloch sollte man immer nur in eine Richtung passieren, also durch einen der beiden Schlünde. Würde man es in Gegenrichtung durchfliegen, das heißt hinein in den anderen Schlund, käme man in einem anderen Universum heraus.«
Aichelburg-Schein-Wurmlöcher haben Vor- und Nachteile: Sie müssen von Anfang an im Weltall existieren, denn sie können - wenn ein Theorem von Stephen Hawking richtig ist - nicht gebaut werden. Damit wären sie als Zeitmaschine zwar nicht konstruierbar, sondern nur auffindbar, ermöglichen dafür jedoch Reisen in beliebig weit zurückliegende Vergangenheiten. Wie bei den meisten anderen Wurmloch-Lösungen der Relativitätstheorie stellt sich freilich auch hier das Problem der Stabilität: Wird das Wurmloch durchflogen, könnte es durch diese Störung bereits in sich zusammenstürzen und den wagemutigen Reisenden nicht in andere Zeiten schleudern, sondern seiner restlichen Zeit berauben -das heißt ihn einfach zermalmen. Diese Gefahr ließe sich nur dadurch ausräumen, dass man das Wurmloch mit exotischer Materie auskleidet, deren negative Masse den Kollaps verhindern würde.
»Man kann sich nicht einmal ansatzweise vorstellen, welches Technologieniveau eine Zivilisation erreichen könnte, die eine Milliarde Jahre lang auf hohem Niveau Berechnungen durchgeführt hat. Alles, was die Gesetze der Physik erlauben, sollte möglich sein. Die Manipulation virtueller Wurmlöcher könnte die Grenzen dessen sprengen, was technologisch durchführbar ist«, überlegt Joseph Silk und spielt dabei auf die Ideen an, mikroskopische Wurmlöcher im Quantenschaum auf makroskopische Dimensionen aufzublähen. Der Astrophysik-Professor an der University of Oxford spekuliert auch, ob man mit Zeitmaschinen aus einem sterbenden Universum zurück in die lebensfreundlichere Vergangenheit gelangen könnte. Und weiter: »Man kann sich leicht vorstellen, dass die überlegene Zivilisation, die eine Wurmloch-Technologie geschaffen hat, auch so hoch entwickelt ist, dass sie sämtliche Spuren ihrer Reise verbergen kann. Doch vielleicht hat sie ja sogar eine Spur hinterlassen - und zwar den Funken, der das Leben auf Erden entzündet hat.«
Temporale Fragwürdigkeiten
»So können wir hoffen, dass es uns eines Tages bei entsprechenden Fortschritten in Wissenschaft und Technik möglich sein wird, eine Zeitmaschine zu bauen«, kommentiert Stephen Hawking die physikalische Erforschung der geschlossenen zeitartigen Kurven. »Aber falls das stimmt, warum ist dann noch niemand aus der Zukunft zurückgekommen, um uns zu sagen, wie es geht? Es könnte gute Gründe geben, warum es unklug wäre, uns in unserem heutigen primitiven Entwicklungsstadium das Geheimnis der Zeitreise anzuvertrauen. Doch falls sich die Natur der Menschen in der Zwischenzeit nicht grundlegend gewandelt hätte, ist es andererseits kaum vorstellbar, dass nicht irgendein Be-
sucher aus der Zukunft sich verplappern würde.«
Wenn es eine Zeitmaschine gäbe, wären freilich viele Schwindel erregende Fragen unausweichlich - von merkwürdigen bis paradoxen Konsequenzen ganz abgesehen.
Zeitreisen implizieren eine vertauschte Kausalität und womöglich sogar kausale Schleifen. »Die Teile der Schleifen sind erklärlich, das Ganze nicht. Seltsam! Aber nicht unmöglich, und nicht zu sehr verschieden von Un-erklärlichkeiten, die wir bereits gewöhnt sind«, meinte der Philosoph David Lewis von der Princeton University 1975. Und er betonte, man müsse unterscheiden zwischen einer externen und einer persönlichen Zeit. Zeitreisende seien kontinuierlich nur bezüglich der letzteren und könnten damit noch immer dieselbe Person bleiben. Doch die Probleme reichen tiefer.
• Angenommen, der Zeitreisende startet im Jahr 2004 und reist ins Jahr 2010: Wo wird er in der Zwischenzeit sein? Nirgendwann, weil er gleichsam durch die Zeit springt? Oder vergeht für ihn die Zeit nur rasend schnell, sodass er - wie in George Pals Verfilmung von Wells’ Zeitmaschine (1959) - wie im Zeitraffer eine lächerliche Kleidermode die nächste ablösen
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