PR Odyssee 05 - Das strahlende Imperium
Zeitreise unternimmt. (2) Alle physikalischen Objekte haben eine kontinuierliche Existenz. (3) Zeitreisen in die Vergangenheit sind möglich. (4) Ein Zeitreisender, der in die Vergangenheit reist, könnte sich in dieser davon abhalten, die Zeitreise überhaupt zu unternehmen. Um diesen Widerspruch aufzulösen, kann nur die Prämisse
(3) falsch sein, so Hawking und Ellis. - Das ist jedoch nicht zwingend. Denn eine Wells’sche Zeitmaschine negiert ja gerade Prämisse (2). Auf der Wahrheit dieser Prämisse zu bestehen, hieße also einfach, das Problem ohne Argument zurückzuweisen, was philosophisch nicht akzeptabel ist. Eine weitere Möglichkeit: Prämisse
(4) ist nicht notwendig und allgemeingültig wahr. Dies hieße aber, dass Zeitparadoxien vielleicht gar nicht möglich sind, selbst wenn es Zeitreisen wären. Einiges spricht also dafür, dass sich das Problem nicht durch eine einfache logische Notoperation beheben lässt. Und somit ist es eine Frage der Physik oder Metaphysik, durch deren Dschungel man sich notgedrungen wird kämpfen müssen.
»Die Entstehung neuer wissenschaftlicher Modelle stellen unsere Fähigkeit in Frage, die Wirklichkeit zu verstehen. Aber was ist richtiger: unsere Alltagsintuitionen, die relativ stabil und allgemein gebilligt sind, oder wissenschaftliche Erklärungen der Welt, die sich ständig ändern?« fragt Ioan-Lucian Muntean. Eines steht jedenfalls fest für den Philosophen an der Universität von Bukarest in Rumänien: »Geschlossene zeitartige Kurven einfach von der Hand zu weisen ist eine Praxis, die an den einstigen Dogmatismus gegen die Spezielle Relativitätstheorie oder Quantentheorie erinnert, bevor diese experimentell bestätigt wurden.«
Wurmlöcher sind insofern nicht bloß theoretische Sandkastenspiele sondern womöglich eine ernst zu nehmende Bedrohung der kosmischen Ordnung. Dabei geht es nicht um die Frage, ob wir sie bauen dürfen. Es gibt bislang ja keinen Anhaltspunkt dafür, dass wir sie überhaupt bauen können. Doch allein ihre Denkmöglichkeit bereitet genügend Schwierigkeiten. Wurmlöcher sind deshalb eine große intellektuelle Herausforderung. Sie zwingen die Wissenschaftler und Philosophen, ihre Voraussetzungen zu überdenken. Und sie treiben die Forschung voran, weil sie die Grenzen unseres Naturverständnisses ausloten und erweitern helfen.
Die Suche nach Alternativen
Zeitreisen drohen also mit bizarren Konsequenzen. Sie könnten das Kausalitätsprinzip verletzen, wonach die Ursachen den Wirkungen immer vorangehen müssen. Wenn dies nicht notwendig der Fall ist, würde das Gesetzesgefüge der Natur erschüttert. Wenn Zeitreisen wirklich ausführbar wären und das Kausalitätsprinzip ad absurdum führten, müssten sie womöglich von Zeitpolizisten verhindert werden.
So wachen in Poul Andersons Chroniken der Zeitpatrouille (Time Patrol, 1961-1991) Spezialisten mit Argusaugen über den Zeitstrom und greifen ein, wenn es zu verdächtigen Kräuselungen kommt, die auf Störungen hindeuten. Dann reist die Zeitpatrouille in die betroffenen Jahrhunderte, sorgfältig getarnt und mit sicherem Blick für Anomalitäten, um unauffällig und mit minimalem Aufwand die Eingriffe rückgängig zu machen.
Es ist nützlich, zwischen zwei verschiedenen Arten von Paradoxien zu unterscheiden:
- Wahre Paradoxien - ein logischer Widerspruch in einem scheinbar plausiblen Argument.
- Pseudoparadoxien - ein scheinbarer Widerspruch in einem völlig korrekten Argument.
»Einsteins Zwillingsparadoxon ist eine ungefährliche Pseudoparadoxie, doch Zeitreisen führen zu bedrohlichen wahren Paradoxien«, erklärt Matt Visser. »Die griechische Unheilsgöttin Pandora wäre dafür höchst dankbar.«
Im Prinzip gibt es nur drei Möglichkeiten, mit Zeitreisen umzugehen, um ihnen den Stachel des Paradoxen zu ziehen. Entweder man beweist, dass sie unmöglich sind. Oder man zeigt, dass sie harmlos sein müssen und somit keine logischen Inkonsistenzen hervorrufen, das heißt wahre Paradoxien. Oder man gibt die EinsteinKausalität auf und somit auch fast jede Überzeugung, die man bislang von der Welt hatte.
Die bisher ausgearbeiteten Strategien hat Matt Visser folgendermaßen zusammengefasst:
- Annahme einer langweiligen Physik,
- Vermutung zum Schutz der Zeitordnung,
- Selbstkonsistenzprinzip,
- Radikale Neuformulierung der Physik.
Langweilige oder radikal neue Physik
Die konservativste Haltung geht davon aus, dass das Universum langweiliger beschaffen ist als es sein könnte. Ohne
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