PR Odyssee 06 - Die Lebensboten

Titel: PR Odyssee 06 - Die Lebensboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton

Vom Netzwerk:

anständig zu ihr, hatte eben Stil, den manch anderer nicht hatte.
    Außerdem interessierte sie sich nicht besonders für ihn. Da gab es einen anderen Mann, dem sie ihr Herz schenken würde. Wenn er es nur haben wollte.
    Aber der war noch älter.
    »Oder hast du mir etwa Unterwäsche geklaut?«
    Er schaute entrüstet drein, aber so übertrieben, dass sie unwillkürlich grinsen musste. »Traust du mir so etwas zu?«
    »Mal ehrlich, was hast du in meiner Kabine zu suchen?«
    »Ich wollte nur mal sehen, ob sie genauso eingerichtet ist wie meine.«
    »Und was hältst du hinter dem Rücken versteckt?«
    Er holte die zweite Hand hervor. Sie war leer. »Glaubst du mir jetzt?«
    Zögernd nickte sie. Sie hatte sowieso nicht angenommen, dass er tatsächlich in ihrer Wäsche stöberte oder ihr etwas entwenden wollte. Was hatte sie denn schon, das ihn interessieren könnte?
    Andererseits. Er war immerhin das >Phantom von Terrania<. Der berühmteste Einbrecher der Erde. Sie traute ihm durchaus zu, dass er das Diebesgut, das er gerade noch in der Hand gehalten hatte, einfach verschwinden ließ.
    Plötzlich kam sein Blick ihr unendlich traurig vor. »Sei weiterhin so wachsam, Kleine, dann kann dir nicht viel passieren. Und vertraue keinem vorbehaltlos.« Er schob sich an ihr vorbei. Obwohl sie sich vorgenommen hatte, ihn zur Rede zu stellen, ließ sie ihn gehen.
    Nachdenklich sah sie zu dem Schrank. Sie hatte tatsächlich ein paar ihrer Besitztümer hineingelegt. Die Kabinen, die die Wissenschaftler von Cor'morian ihnen zur Verfügung gestellt hatten, schienen genau an ihre Bedürfnisse angepasst zu sein, obwohl Menschen ja einen guten halben Meter größer waren als die Vogelabkömmlinge. Sie musste sich jedenfalls nicht bücken, um den Schrank zu öffnen.
    Überrascht pfiff sie leise auf. Pratton hatte nichts herausgenommen, er hatte etwas in den Schrank gelegt, das notdürftig von einigen Wäschestücken verborgen wurde. Hätte sie ihn nicht überrascht, hätte sie es wohl erst gefunden, wenn sie den Schrank wieder ausgeräumt hätte.
    Shim schüttelte den Kopf.
    Es war sein Lieblingsbuch, ein uralter, abgegriffener Wälzer, das Placke'sche Compendium. Eine Art Heilige Schrift für ihn, ein Buch mit dem Titel Vom Wesen des Weines, das vor über zweitausend Jahren verfasst wurde. »Aber jedes Wort ist heute noch gültig«, hatte er einmal zu ihr gesagt.
    Weshalb hatte er es ihr in den Schrank gelegt? Sie verstand es nicht. Normalerweise trennte er sich nie von dem Compendium. Sie hatte sogar den Verdacht, dass er es mit ins Bett nahm.
    Und nun schob er es ihr unter?
    Sie nahm das Buch vorsichtig heraus, hielt es einen Moment lang in den Händen und schlug es dann auf.
    Von der Rückseite her. Dort befand sich ein aus den Seiten herausgeschnittenes, etwa anderthalb Zentimeter tiefes Geheimfach, das Prattons elektronische Einbruchwerkzeuge enthielt, sein >Be-steck<. Sie hatte ihn einmal überrascht, wie er es aufgeschlagen hatte, und sich gewundert, dass er sein Buch der Bücher dermaßen verschandelt hatte. Außerdem wollte er ja auf dem Mars ein ganz neues Leben als Weinbauer beginnen. »Die Kapitel über Schaumwein und Champagner sind für den Mars nicht so relevant«, hatte er lapidar erklärt.
    Das Fach war leer. Die Stäbchen, Spateln und Kärtchen, seine mikropositronischen Dietriche, lagen nicht mehr darin.
    Warum hatte er sie mitgenommen, das Buch aber zurückgelassen?
    Nachdenklich drehte Shim sich zur Tür um, konnte Pratton Allgame jedoch nicht mehr sehen. Er war schon in seine Kabine zurückgekehrt.
    »Nodronen!« Lishgeth on Paz hatte Persönlichkeit, Charisma, das konnte Rhodan nicht bestreiten. Die Worte des Vogelabkömmlings jagten auch ihm, dem humanoiden Terraner, einen Schauer über den Rücken.
    »Nodronen! Wir fordern euch auf, den Usurpatoren des Schwarms die Gefolgschaft zu verweigern! Auf dem Planeten Nodro haben die Herrscher gewechselt. Die Zwillingsgötzen von Nodro sind tot! Im Zweikampf besiegt vom neuen Fürsten Errek Mookmher!«
    Von Balance C aus hatten sich die Wissenschaftler von Cor'morian Zugang zum internen Kommunikationssystem des Schwarms verschafft. Der Aufruf des Prior-Forschers war innerhalb des gesamten Schmiegschirms zu empfangen. Und es gab kaum eine bessere Wahl, als einen Wissenschaftler von Cor'morian diese Ansprache halten zu lassen. Die Tambu galten als die höchsten moralischen Instanzen der Galaxis Vaaligo. Sie waren überall anerkannt - nur bei den Nodronen nicht.
    Und die