PR Odyssee 4 Die Traumkapseln
ich, in der Situation am besten verhalten.«
»Findest du?«
»Errek war der Wüterich, Krenja das Lamm. Shirkam hat aufgepasst, dass die Dinge nicht entgleisen.«
»Er hat Errek ins offene Messer laufen lassen.«
»Ja, meinst du?« Fran blieb stehen. Sie sah mich nachdenklich an, dann zur Ebene hinab. »Also, ich glaube, er hat Errek alles erzählt. Krenja ist doch erst später dazu gekommen. Er hat Errek alles erzählt, und Errek ist ausgerastet. Zu viel Gefühl, zu wenig Verstand.«
»Siehst du«, sagte ich. »Und bei Shirkam geht es mir genau anders herum. Zu viel Verstand, zu wenig Gefühl.«
Wir schlenderten weiter.
»Errek der Wüterich und Krenja das Lamm«, sagte ich.
»Und was war Shirkam dann? Welche Rolle hat er dabei übernommen?«
»Er war der Lenker. Der ältere Bruder.« Sie zuckte mit den Achseln. »Der Hüter des Herdes.«
»Der Manipulator«, wie Errek sagt?
»Mag sein. Aber Erreks Haltung gefällt mir nicht. Wenn er seine Frau liebt und achtet und sie sich nun aber, während sie ihn tot glaubte, in Shirkam verliebt hat, dann muss an Shirkam etwas dran sein, das ihre Liebe auch verdient. Dann kann Shirkam nicht einfach nur ein kalter Hund sein. So einfach ist das; Eifersucht hin, Schmerz her.« Sie kreuzte die Arme vor der Brust. »Weißt du, im Moment frage ich mich wirklich, ob die Rebellen mit Shirkam nicht besser dran sind.«
»Und dieser Hinterhalt?«
»In den Errek geraten sein will? Was wäre, wenn er sich einfach nur dumm angestellt hat? Zuzutrauen wär’s ihm.«
»Errek hat, von Shirkams Fraktion einmal abgesehen, einen strahlenden Ruf bei den Rebellen. Den muss er sich ja auch irgendwie verdient haben.«
Sie brummte abfällig.
»Himmel, bist du sauer auf ihn.«
»Er hat ohne Not einen Menschen ermordet! Er hat seine Frau öffentlich entblößt, buchstäblich! Der Mann ist ein ... ein Emotionsidiot!«
»Fran«, sagte ich leise. »Das klingt nach alter Wut aus einer alten Liebe.«
Sie nickte und fuhr sich mit den kleinen Fingern unter den Augen entlang, massierte sich kurz die Mundwinkel. »Ich will nicht darüber reden. Jetzt nicht.« Sie hakte sich bei mir ein.
»Okay«, entgegnete ich. »Meinetwegen nie, wenn du nicht willst.«
Schweigend gingen wir weiter. Die Schnecke auf dem Berg verjüngte sich mit ihren Windungen. Schließlich waren wir am Ende des Berges angelangt. Die letzte Windung ragte über den steilen Hang hinaus. Man konnte unter ihr hindurch laufen. Das taten wir, mit eingezogenen Köpfen. Es roch nach Fäkalien hier, nach Urin. Tatsächlich fand sich unter der Schräge eine kleine ausgestochene Latrine.
»Appetitlich«, sagte Fran. Wir gingen weiter, ohne uns die Aussicht anzusehen. Ich warf nur einen kurzen Blick zur Zeltstadt hinunter.
»Wir dürfen, glaube ich, nicht vergessen, dass die Rebellen, vielleicht auch die Nodronen überhaupt, Barbaren sind«, sagte ich, als wir unter der Schneckenspitze hindurch waren. »Bei den Quochten fühlten wir uns Errek und seinen Leuten vielleicht näher, als sie uns in Wirklichkeit stehen. Einfach wegen der Fremdartigkeit der Froschartigen.«
Ich seufzte. »Aber jetzt lass uns einmal von uns reden. Weißt du noch, was ich gesagt habe im Bus?«
»Nein.«
»Kein Wunder. Wo ich so geplappert habe. Und wo ich Pratton Allgame gleich eine semmeln musste. Bestimmt hältst du mich auch für so einen Emotionsidioten.«
»Nein.« Sie schmunzelte.
»Fran«, sagte ich und blieb stehen, nahm sie bei den Oberarmen. »Wenn ich jetzt hier so rede mit dir, dann weiß ich gar nicht mehr, wie ich überhaupt auf die Idee kommen konnte, nicht mit dir zusammen sein zu wollen.«
»Geht mir genauso.«
Wir küssten uns. Es war ein Kuss, bei dem ich erwartet hätte, dass das Universum knirschend einen Moment innehielt.
Es knirschte aber nichts. Vielleicht war ich ja doch nicht der Nabel der Welt.
»Was hast du denn gesagt im Bus?«, fragte Fran. Ihre Augen schielten leicht, so dicht waren sie vor den meinen.
»Dass ich dich brauche. Dass ich dich liebe. Dass ich für immer mit dir zusammen sein will. Dass ich eine Gefahr für die Allgemeinheit bin, so lange wir nicht wieder zusammen sind.«
»Und du hast gesagt, dass du sterben wirst, wenn ich sterbe.«
»He«, protestierte ich, die Hände über ihrem Po, »du weißt ja doch noch alles!«
»Nicht ausweichen, Reginald. Ihre Augen waren tief und dunkel jetzt, ihre Stimme ernst. Das ist zu wichtig.«
»Ist es nicht. Wichtig ist nur eines: dass es mir noch nie so richtig
Weitere Kostenlose Bücher