PR Posbi-Krieg 01 - Das gestrandete Imperium
verleumderischer und bösartiger Gerüchte eingewickelt und weggepackt, so lange, bis sie nicht mehr erkennbar ist.
Ein schöner Satz, nicht wahr? Wäre der nicht großartig als Aufmacher für Ihre Sendung?
Nun, vertrauen Sie mir. Diese Schlechtmacher lügen, alle durch die Bank. Denn nach dem Abschluss meines Architekturstudiums nutzte ich die Zeit Gewinn bringend. Ich überlegte, wie man der großartigen Stadt Neo-Tera ein Gesicht geben könnte, das ihrer Bedeutung zustand. Immerhin wuchsen ringsum weitere Siedlungen heran, wie zum Beispiel Omegosh oder Lookatis, die Neo-Tera den Rang abzulaufen drohten. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin ein unbedingter Befürworter des Turbokapitalismus. Wir benötigen rasche Expansion genauso dringend wie reichen Kindersegen. Aber ich wollte der Stadt, in der alles begann, jene Bedeutung geben, die ihr zustand. Also setzte ich mich mit dem Bürgerrat, den Han und den Militärs zusammen und unterbreitete ihnen meine Vorschläge.
Natürlich mag es hilfreich gewesen sein, dass Onkel Shui und Großtante Zhe ein Wörtchen bei der Entscheidungsfindung mitzureden hatten. Aber Protektion ist ein gar zu hässliches Wort. Überhaupt meine ich, dass Ihre Fragen ziemlich kritisch rüberkommen. Schließlich wollten Sie mich als Alteraner des Monats ehren, nicht wahr? Mäßigen Sie also bitte Ihren Ton, Gnädigste, sonst rufe ich Ihren Sendeleiter an.
Wo war ich stehen geblieben?
Diese - ich möchte fast schon sagen: legendäre - Sitzung des Stadtrates brachte einen Triumph des progressiven Wagemuts und der visionären Weitsichtigkeit der Stadtväter. Meine Idee, Neo-Tera neu zu gestalten, wurde einstimmig angenommen. Umso mehr genoss ich diese Stunden, da mein neu gegründetes Architekturbüro im selben Atemzug mit der Planung der Umgestaltungsarbeiten bedacht wurde.
Eine Opposition, die gegen das Projekt anstürmte? Vorwürfe, ich hätte den Plan von meiner Cousine Phoebe gestohlen?
Sie, Fräulein, jetzt fangen Sie schon wieder an mit Ihrer widerlichen Schlechtmacherei! Das hat doch nichts mehr mit professionellem Journalismus zu tun. Ich hätte gute Lust... ah, da bist du ja, Schatzi. Das Essen kommt in fünf Minuten? Gut gemacht, Schatzi. Geh, schäl mir doch bitte eine Pomanze. Ich hätte gerade Appetit auf ein wenig Obst. Danke, sehr lieb!
Also gut, Fräulein, weil Sie so ein hübsches Näschen haben, werde ich Ihnen diese Frage ausnahmsweise beantworten. Cousine Phoebe war ein nervöses Wrack, das damals die Psychiatrie beschäftigte und kaum einen geraden Satz zustande brachte. Und ausgerechnet diesem armen Geschöpf hätte ich die Entwürfe für meine Stadtvision wegnehmen sollen? Lachhaft! Ich bin mir sicher, Phoebe hätte mir recht gegeben, wenn sie nicht an dieser unglückseligen Übermedikamen-tierung gestorben wäre. Friede ihrer armen Seele ...
Nun aber zurück zur Neugründung Neo-Teras.
Anders kann man's ja wirklich nicht nennen. Schließlich galt es, all die alten Baracken abzureißen, die bereits seit der Gründerzeit das Stadtbild verschandelten. War das ein Theater, als die Zwangsumsiedlungen begannen! Viele Alteraner wollten die Notwendigkeiten der Planierungsarbeiten nicht verstehen. Sie pochten auf ihren Grundrechten, beschäftigten die Rechtsanwälte und den Bürgerrat ... brr! Ich möchte gar nicht mehr daran zurückdenken.
Zu unserem Glück hatten wir damals einen ausgezeichneten, durchschlagskräftigen Bürgermeister. Großonkel Zhao. Er minimierte den Widerstand auf unnachahmliche Art. Ein großartiger Mensch, der liebe Herr Onkel!
Im nächsten Bauabschnitt kümmerten wir uns um die Wracks der elf Gründerschiffe ...
Ah, danke, Schatzi! Hm - die riecht aber gut, die Pomanze. Du kannst jetzt wieder stricken oder nähen gehen, was auch immer du gerade vorhast, Schatzi. Ich ruf dich, sobald der Feinschmecker klingelt.
Zehntausende Arbeiter wurden beauftragt, die Skelette der Schiffe, deren nackte Träger damals noch in den Himmel ragten, zu entfernen. Damals war die Arbeitsmoral noch eine ganz andere als heute, das können Sie mir glauben, Fräulein! Da wurde angepackt, geschuftet, geplackt, und jedermann hatte stets ein freundliches Wort auf den Lippen.
Vollbeschäftigung bedeutete das für Neo-Tera. Lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen: Voll-be-schäf-ti-gung!
Fünfzehn Jahre lang wurde gefräst, geschleift, gebohrt und geschleppt, mit einfachsten Mitteln gearbeitet - und das zu einer Entlohnung, die jedermann erlaubte, sich und die
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