PR Posbi-Krieg 01 - Das gestrandete Imperium
Sprung
Festwerk.
Legion Alter-X.
Ängste, Panik, Hysterie.
Man benötigte keine ausgeprägte Kombinationsgabe, um zu erraten, wovor sich dieses Mädchen namens Li fürchtete.
Einerlei, ob sie Agenten, Geheimdienstler, Häscher oder Folterknechte hießen, in einer gesunden Gesellschaft wetteiferten diese Herrschaften meist mit Steuerbeamten, Finanzministern und Gleiterpolizisten um den letzten Platz in einer beruflichen Beliebtheitsskala. All diese Gruppen standen für ein notwendiges Übel, das man stillschweigend duldete und dessen Existenz man so weit wie möglich an den Rand der Wahrnehmung schob.
Inwieweit Startac die fast panisch zu nennende Angst der beiden Alteraner vor der Legion Alter-X interpretieren sollte, konnte er derzeit nicht einordnen. Neuerlich überkamen ihn fürchterliche Kopfschmerzen und Orientierungsschwierigkeiten.
Was war, wenn sich die hiesige Obrigkeit entschloss, die beiden jungen Leute so rasch wie möglich zum Verhör zu bringen? Wenn man sie gemeinsam mit jenem Gleiter, in dem er sich versteckt hielt, unter einen Schutzschirm packte und in jenes Festwerk Gonda verbrachte, vor dem sie sich so fürchteten?
Startac musste raus aus dieser Falle, und das so schnell wie möglich. Wenn er Perry in irgendeiner Form helfen wollte, musste er sich zuerst selbst in Sicherheit bringen. Jene Hinweise, die er hier gewonnen hatte, mussten in Ruhe verarbeitet werden.
Sobald die Kopfschmerzen nachließen.
Startac spürte ein dumpfes Ziehen und Zerren im Hinterkopf, als er sich gedanklich auf die Teleportation vorbereitete. Sein Atem kam, ohne dass er es verhindern konnte, immer heftiger. Die Sprung-Initiation, die er seit jeher instinktiv anwandte, wollte diesmal nicht so richtig gelingen. Startac war, als schwebte er in einer Blase zähflüssigen Honigs, der ihn festhielt, ihn unter keinen Umständen freilassen wollte. Mit aller Kraft kämpfte er gegen die Schmerzen an, gegen den Widerwillen, die Teleportation tatsächlich durchzuführen, gegen den inneren Schweinehund.
Endlich gelang es. Er verschwand, um anderswo wieder aufzutauchen, durch ein unbegreifliches, eigentlich nichtexistentes Medium dorthin gelangt.
Der Sprung geriet wackelig und falsch.
Ungezielt, unjustiert, nur noch von widerwillig ansprechenden Instinkten getragen.
In einer Höhe von vielleicht zwei Metern tauchte er auf und wurde vom Schutzanzug sanft zu Boden getragen. Startacs Sinne versagten. Sein geschwächter Metabolismus kapitulierte. Noch während er, von Schmerzen eingehüllt, in eine Ohnmacht glitt, fühlte er den Einstich einer weiteren Injektion.
21. Fort Kanton:
ÄNGSTE UND HOFFNUNGEN
Darius Beng Xiaos Doppelschicht näherte sich ihrem Ende. Acht Stunden Freizeit warteten auf ihn. Er würde sie hauptsächlich im engen Bett seiner engen Kajüte verbringen, dann in aller Hast mehrere Tassen Kaffee herunterschütten, um sich erneut in die Tretmühle zu begeben. Seit Wochen schon tat er endlos aneinander gereihte Dienste, ohne Aussicht auf Änderung.
Darius rief sich zur Ordnung. Die Sehnsucht nach der Heimat, nach Ruhe und Erholung, grub sich in sein Herz, obwohl sie dort nichts zu suchen hatte.
Wenn das Imperium Altera eine Chance gegen die Maschinenteufel haben wollte, mussten die alteranischen Soldaten ihre Gefühlswelt so weit wie möglich zurückstellen.
»Keine Gnade«, verinnerlichte er leise einen der Stehsätze seiner Truppeneinheit, »weder mit den anderen noch mit uns selbst.«
Andere Kantoner mit tief liegenden Augen und hohlen Wangen gingen rings um ihn ihren Geschäften nach. Niemand achtete auf seine in der Erschöpfung gemurmelten Worte. Sie alle wälzten ihre eigenen Probleme und kämpften gegen jene Gefahren an, die aus ihrem Inneren hochstiegen.
Rote Pünktchen umgaben Darius an dem Ortungstank. Viele waren es - und doch zu wenig.
102 Schlachtschiffe. 212 Schwere Kreuzer. Nahezu 900 Leichte Kreuzer. Dazu der Ring, bestehend aus 103 TRIAN-GOLO- Raumforts, die das Kanton-System in einem weitmaschigen Netz umgaben.
Die beeindruckenden Zahlen trogen. Sie gaben keineswegs die Tatsachen wieder. Denn während der letzten Monate hatte Fort Kanton mehr als die Hälfte seiner Schiffe verloren. Jene Einheiten, die übrig geblieben waren, litten großteils an beschränkter Einsatzfähigkeit. An Bord jeden Schiffes war dasselbe Bild zu sehen; rund um die Uhr krochen die Techniker und Mechaniker durch die stählernen Eingeweide. Sie reparierten, improvisierten, rationalisierten und fluchten
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