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PR Posbi-Krieg 01 - Das gestrandete Imperium

PR Posbi-Krieg 01 - Das gestrandete Imperium

Titel: PR Posbi-Krieg 01 - Das gestrandete Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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eine bedeutsame Rolle gespielt haben. Richard und Charles Donning sowie deren Ehefrauen hatten mit typischem Pioniergeist Neo-Tera geformt. Selbst mein Uronkel Jacorima, um dessen überdimensioniertes Denkmal sich heutzutage nur noch altersschwache Silvo-Tauben kümmern und es allmählich zukacken, trug das Seine dazu bei, die Stadt zu dem zu machen, was sie nach wie vor nach außen hin präsentiert. Seine Rolle mochte zwielichtig gewesen sein, wenn ich die Texte und Bilder richtig interpretiere. Aber wen kümmerte das schon? Neben dem Imperialen Trident, den drei verglasten Gebäuden auf dem Solaren Platz, prägen die Zehn Schüsseln seit 200 Jahren das Straßenbild. Man meint, Geschichte zu atmen, wenn man in die Eingeweiden der Hohlschalen hinabsteigt. Vor mehr als 600 Jahren waren sie Teile jener Siedlerschiffe gewesen, mit denen unsere Vorfahren auf Altera landeten.
    Dünne, stabförmige Gebäude ließ Jacorima in die Halbschalen bauen. Stolz und filigran ragen sie daraus hervor und werden von externen korkenzieherförmigen Bändern umkränzt, in denen die notwendige Technik der Wolkenkratzer gebündelt liegt. Belüftungsschächte werden von hier aus an die Gebäude angedockt, genauso wie die Strom- und Wasserversorgung oder auch die Zubringerlifte. Diese Türme, zwischen acht und zwölf Stück je Schüssel, sind schlichtweg schön.
    Was die Regierung, namentlich Malaika Mkombo, mit den pagodenförmigen Gebäuden auf der elften Schale der Gonda-Insel vorhat, bleibt allerdings nach wie vor ein Rätsel.
    Ich merke, dass ich abschweife. Aber was soll's? Schließlich geht es auch um meine Familie, vielleicht sogar in erster Linie um sie.
    Denn das Buch, mit dem alles begonnen hatte, dank dem ich vor der Bürgerversammlung meinen Auftritt hatte und damit die Präsidentin auf mich aufmerksam machte, gehörte einstmals meinem Urahn Charles Donning. Sein Titel lautet: »Von der Reklame zum universumweiten Marketing«, und ich hüte es selbst heute noch wie
    meinen wertvollsten Schatz.
    Werbung, Marketing, Public Relations und vielen anderen Begriffen begegnete ich erstmals in dieser zerfledderten und von Altersflecken geschädigten Ausgabe eines Werks, das gut und gerne 650 Jahre auf dem Buckel hatte. Es stammte im wahrsten Sinne des Wortes aus einer anderen Welt und kündete in seiner verwirrenden Wortwahl von Dingen, die so kompliziert und dann auch wieder einfach erschienen.
    Es ging, wenn man die Essenz des Buchs in wenige Worte fasste, um die Beeinflussung anderer Menschen. Dahin gehend, dass sie bestimmte Produkte kauften oder das taten, was man von ihnen wollte. Natürlich wurde das beschönigt und möglichst verklausuliert dargestellt. Vieles war in einer seltsamen Sprache verfasst, die ich kaum verstand und die mich gehörig verwirrte. Andere Dinge erfasste ich instinktiv.
    Ich quälte mich durch den Wälzer und zog so viele Lehren wie möglich daraus. Dann machte ich mich auf die Suche nach weiteren Materialien, die ich schließlich in der Alten Bibliothek fand.
    Malaika Mkombo bewies ausreichend Geduld. Sie war, wie ich bald feststellen durfte, eine harte und halsstarrige Frau, aber auch eine unendlich weise, die ihrer Zeit weit voraus zu denken und zu planen vermochte.
    Ab und zu verlangte sie nach Zwischenberichten in meiner Forschungstätigkeit; dann fasste ich in möglichst wenigen Worten zusammen, was ich in Erfahrung gebracht hatte. Sie war keine Freundin langer Ausführungen. Dafür war ihr die Zeit zu wertvoll.
    Eines Tages fühlte ich mich bereit, mich ihren Ansprüchen zu stellen. Also marschierte ich in den Administurm, wurde von meinem alten Freund Francis empfangen und augenblicklich zur Präsidentin vorgelassen.
    »Und?«, fragte sie mich. Ihre Augen wirkten geschwollen, sie selbst übermüdet, aber nach wie vor von unbändiger Willenskraft und Disziplin getragen.
    »Sie hatten recht, Mkombo«, sagte ich. »Wir haben es schlichtweg vergessen, uns mit Werbung abzugeben. Lediglich ihre ursprünglichste Form ist mit der Soldatenanwerbung übrig geblieben. Inte-ressant, nicht wahr?«
    Die Präsidentin starrte mich an, blinzelte nicht einmal mit den Augen. Nein, sie fand meine Ausführungen keineswegs interessant.
    »Wir hatten nach dem Absturz auf Altera keine Zeit für Werbung. Es gab keine vergleichbaren Produkte. Entweder existierte ein Ding, meist in rationalisierter Form, oder nicht. Das Konkurrenzdenken zwischen verschiedenen Herstellern ging verloren, da alles von oben gelenkt werden musste,

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