PR Posbi-Krieg 01 - Das gestrandete Imperium
der von Fortschritt und Prosperität ge-kennzeichnet ist und der viele Opfer verlangen wird. Aber ich werde Sie vorerst vor den Details meines Plans verschonen, Gwendy.«
Woher stammte dieses Feuer, das diese alte Frau versprühte? War sie etwa wahnsinnig? Sie redete und tat so, als wäre die hohe Politik ein Spiel, in dem sie Figuren beliebig hin und her schieben konnte.
»Sie brauchen sich nicht vor mir fürchten, Kleines. Ich bin durchaus bei Verstand.«
So sah sie mir aber keineswegs aus!
»Ich möchte meine verbliebenen Jahre nutzen, um Altera neue Ziele zu geben. Es geht nicht an, dass wir uns auf alterworbenen Lorbeeren ausruhen und lediglich das bestehende System verwalten. Die Urbarmachung Alteras dauert nun schon sechshundert Jahre an und ist noch immer nicht zur Gänze abgeschlossen. Von einer geschlossenen gesellschaftliche Entwicklung ist keine Rede. Da stimmt etwas nicht! Sie selbst spüren dieses Unbehagen ebenfalls, Gwendy. Nicht umsonst haben Sie es bei dieser Bürgerversammlung angesprochen.«
Malaika Mkombo trippelte davon, marschierte quer durch den Raum und ließ sich in einen massiven Stuhl hinter einem noch massiveren Schreibtisch fallen. Mir schien, als könnte sie keinen Moment ruhig bleiben; also wollte sie jeden Moment ihres Daseins aktiv gestalten.
»Teilweise greifen wir noch immer auf das Kriegsrecht unserer Gründerväter zurück«. Mit ihrer Rechten zählte sie die Themen mit, die sie ansprach. »Das Bevölkerungswachstum, das wir so dringend benötigten, ist eingefroren. Fortschritt auf forschungstechnischer Ebene? Gibt es nicht! Die Entwicklung von Werten, die unserer Heimat und unseren Bedürfnissen angepasst ist? Hat niemals stattgefunden. Nach wie vor benehmen wir uns wie Terraner, nicht wie Alteraner. Versuche, von hier aus erneut das Weltall zu erobern? Keine Zeit, keine Mittel.« Sie lachte bitter. »Angeblich zumindest.« Mit der dünnen, zittrig wirkenden Hand hieb sie nun auf die raue Oberfläche des Tischs. »Ich habe Visionen, von denen ich überzeugt bin, dass sie richtig sind. Sie stecken da drin« - sie deutete an ihre Schläfe - »und müssen so rasch wie möglich raus. Die Zeit läuft mir davon. Ich bin großteils mit verwaltungstechnischen Aufgaben ausgelastet. Ich brauche ein Team praktisch veranlagter und verantwortungsbewusster Alteraner, das bereit ist, sich mir mit Körper und Seele zu verkaufen und meine Ideen an den Mann zu bringen. Verstehen Sie, was ich meine?«
»Allmählich.« Ich begriff gar nichts. Entweder war Malaika Mkombo wirklich so genial, wie sie tat, oder ein Fall für die Klapsmühle.
»Ich will Sie haben. Ihre Talente. Ihr Potenzial, das hinter Frust und Ärger verborgen liegt. Ihre Leidenschaft. Geben Sie mir alles, und Sie bekommen genauso viel von mir zurück. Ruhm und Reichtum, Macht und Einfluss. Was auch immer Sie wollen. Wenn Sie mir Ihre unbedingte Loyalität schenken.«
»Es tut mir leid ... ich weiß nicht, was Sie von mir als Gegenleistung für all diese verlockenden Dinge verlangen.«
»Sie sollen einen Beruf neu erfinden, Gwendy.« Ihr makelloses Gebiss war das eines Raubtieres, das soeben seine Beute packte, um sie zu vernaschen. »Sie werden Dinge für mich hübsch verpacken und zum bestmöglichen Preis verkaufen.«
»Was für Dinge?«
»Liegt das nicht auf der Hand? Es handelt sich um meine Ideen .«
Ich ging auf den Handel ein. Es war nicht nur die Furcht, wie einige Kontrahenten der Präsidentin einfach zu verschwinden; nein, der Gedanke, etwas vollkommen Neues aufzuziehen, reizte mich ungemein.
Genealogie war, wie die Präsidentin in Erfahrung gebracht hatte, eine meiner Hobbys. Schon vor Jahren hatte ich begonnen, mich mit meinen Vorfahren und deren Hinterlassenschaften auseinanderzusetzen. Ich suchte, wann immer es mir Zeit und finanzielle Mittel gestatteten, die über den halben Planeten verteilte Verwandtschaft auf und bettelte um Bild- sowie Tondokumente. Man glaubt gar nicht, auf was man da alles stößt. Handschriftliche Hinweise, Zeichnungen und Karikaturen, Ausweise und Dokumente, Bild-und Filmmaterial. Zudem versorgte mich die liebe Familie mit mündlich überlieferten Anekdoten über ihre Vorväter.
Ich brachte in Erfahrung, dass mein Familienname Donning immer wieder in Zusammenhang mit bedeutsamen Änderungen unserer Gesellschaft auftauchte. Auch wenn die Informationen, die mir mittlerweile zur Verfügung standen, maßlos übertrieben sein mochten, durften meine Urahnen während der Gründerzeit
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