PR Posbi-Krieg 01 - Das gestrandete Imperium
dunkelhäutige Frau ungeduldig fort, »und werde mich möglichst kurz fassen. Ich biete Ihnen hier und jetzt eine einmalige Chance. Es handelt sich um ein unmoralisches Angebot. Ich werde Sie mit Geld, Reichtum und Macht überschütten. Was auch immer Sie wollen, Sie sollen es haben.«
»Wie... wie soll ich das verstehen?«
»Unterbrechen Sie mich bitte nicht. Sie heißen Gwenda Donning, nicht wahr? Ich nenne Sie Gwendy, wie es auch Ihre wenigen Freunde tun. Ja, ich habe mich genau über Sie und Ihre Lebensumstände informiert. Sie sind dreiunddreißig Jahre alt und stehen mit Herz und Leidenschaft hinter den Dingen, die Sie tun. Beruflich stecken Sie in einer Sackgasse im Ministerium für Wiederherstellung. Sie erstellen Gutachten, in denen die Wiederverwendungsmöglichkeiten uralter Rechnerteile bewertet werden.« Malaika Mkombo dachte angestrengt nach. »Was gibt es noch zu sagen? Familienstand ledig, einmal geschieden, keine Kinder. Ihre Hobbys sind die Genealogie, alte Bücher, terranische Geschichte. Sie sind begeisterte Sportlerin. Unsere Psychologen meinen darüber hinaus, dass Sie sich in Ihrer Wohnung wie in einem Schneckenhäuschen verkriechen und darauf warten, vom Traumprinzen wach geküsst zu werden. Wollen Sie noch mehr hören?«
Mir wurde heiß, und ich spürte Scham und Wut. Ich schüttelte den Kopf, als könne ich dadurch meine natürliche Gesichtsfarbe wiedererlangen. Man hatte mich beobachtet und analysiert, und man tat mir weh.
Warum?
Die Präsidentin goss Sprudelwasser in einen metallenen Becher und reichte ihn mir. »Wo war ich stehen geblieben?«, fuhr sie scheinbar zerstreut fort. »Ach ja, Ihre Ansprache. Sie war überzeugend. Sie hätte einem Lehrbuch über Soldatenführung entstammen können, das ich vor langer Zeit einmal durchgeblättert habe. Nur wirkten Ihre Argumente griffiger und überzeugender. Sie kamen nicht offen und direkt, sondern funktionierten hinterrücks, fast manipulativ. Wo haben Sie das gelernt?«
Ich kam nicht einmal auf die Idee, zu lügen. »Ich habe ein altes Buch gelesen...«
»Ein Buch. Dachte ich es mir.« Malaika Mkombo fuhr sich durchs graue Haar und blickte gleichzeitig auf ihre Armbanduhr. »Aber angelerntes Wissen allein macht es nicht aus. Ich wurde von meinen Scouts auf Sie aufmerksam gemacht, Gwendy. Sie haben eine besondere Begabung. Ich kann das spüren. Und ich sammle Menschen
mit besonderen Begabungen.«
»Es tut mir leid, aber ich weiß noch immer nicht, worauf Sie hinauswollen...«
»Na schön.« Malaika Mkombo seufzte. »Francis - Sie können gehen.«
Mein Begleiter drehte sich um und verließ im Stechschritt das riesige Panoramazimmer durch den Aufzug in der Mitte.
»Wie alt schätzen Sie mich?«, fuhr die Präsidentin schließlich fort, als der Mann gegangen war. »Sie haben keine Ahnung? Also: Ich werde dieses Jahr dreiundsechzig. Und ich gedenke, mindestens bis zu meinem hundertsten Lebensjahr durchzuhalten - und so lange wie möglich Präsidentin zu bleiben.« Sie lachte meckernd. »Ja, Sie haben recht - ich bin ein machtgieriges, altes Weib. Aber gleichzeitig bin ich davon überzeugt, die einzig richtige Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft auf Altera zu sein. Ich werde alles tun, um im Amt zu bleiben. Notfalls setze ich die Verfassung außer Kraft und installiere eine Diktatur. Sehen Sie mich bloß nicht so entsetzt an, Mädchen! Hören Sie mir doch weiter zu!« Sie drehte sich um und trippelte zum Rand ihres Arbeitsraumes. Dort blieb sie still stehen, als hätte sie meine Gegenwart vergessen.
Zögernd stellte ich mich neben die Präsidentin. Bis zu diesem Zeitpunkt war sie eine ferne und formlose Gestalt gewesen, die meist die Nachrichten der Trivideo-Sendungen beherrscht, aber darüber hinaus für mich keine besondere Bedeutung gehabt hatte. Ihre Blicke waren hinab auf die nächtliche Stadt gerichtet, die von tausenden glühwürmchengroßen Lichtern erhellt wurde.
»Altera steht derzeit an einem Scheideweg«, sagte sie. »Viele Wege, die wir beschreiten könnten, führen in den Abgrund. In technischen Rückschritt, in Degeneration, in die Vergessenheit. Andere Volksvertreter würden an meiner Stelle danach trachten, das System, wie wir es haben, für wenige Jahre zu sichern und nur ihre Macht zu erhalten.«
Ruckartig bewegte sie den Kopf, sah mich plötzlich an. Die Pupillen ihrer hellblauen Augen waren erschreckend groß..
»Ich bin der Überzeugung, dass es einen einzigen gangbaren Weg in eine Zukunft gibt. Einen,
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