PR Posbi-Krieg 05 - Die Psi-Fabrik
Schleierstern?«
»... dass nur... nur Männer ihn sehen können... manchmal«, zählte Tawe auf, während Crykom seine Kleinen ins Leben entließ,»... dass angeblich besonders begabte Kinder geboren werden, wenn er nahe ist... «
Ihn durchfuhr eine Idee. Probiers doch einfach!, dachte er. Warum nicht? »... dass es früher mal Seherinnen gegeben haben soll, die ihn auch sehen konnten ... «
Platschend fiel wieder ein Kleines ins Wasser.
Hm. Keine Reaktion also. Tawe war so schlau wie zuvor. »Das war es eigentlich, was ich über den Schleierstern weiß.«
»Ich erzähle«, sagte Crykom. »Ich erkläre.«
»Gut«, sagte Tawe.
Und Crykom erklärte.
Der Schleierstern hieß in Wahrheit TRAGTDORON - und existierte im Hyperraum, in dem, was die Ueeba Jenseits nannten oder Raum neben dem Raum. Was Lebewesen oder Maschinenwesen von TRAGTDORON sehen konnten, war nur ein vierdimensionaler Abdruck einer Stoff-Sphäre - der jedoch einige Eigenschaften von Masse aufwies, was die Asteroidenbahn des Objekts erklärte.
Das Ziel der 69 Kelosker war es, zu TRAGTDORON zu gelangen. Doch dafür brauchte es mehr als gewöhnliche Raumschiffe.
(»Raumschiffe?«, fragte Tawe.)
Es brauchte eine spezielle Konstruktion. Eine spezielle Fähre. Diese TRAGTDORON-Fähre würde den Schleierstern eines Tages anfliegen. Sie wurde hier auf Pakuri gebaut. Sie bestand aus einem Träger, den die Alles-für-euch speziell zu diesem Zweck angefertigt hatten, aus einigen Hochenergieaggregaten der Laren ...
(»Hochener... was?«, fragte Tawe. »Laren?«)
... sowie den psi-materiellen Artefakt-Komponenten der Imago-Forscher. Erst alle drei Elemente zusammen würden die Fähre funktionsfähig machen. Sie wurde im Tal der Dimensionen zusammengebaut.
»Und darin sind die sechsunddreißig fertigen Komponenten verbaut?«, fragte Tawe. »Kann ich mir die Fähre mal ansehen?«
»Du siehst die Fähre nicht. Du bist ein Ueeba. Sie verzerrt die Raum-Zeit. Du siehst nur eine Nebelsenke. Wir probieren es. Du erfasst nicht die komplexe sechsdimensionale mathematische Schönheit.«
»Na, dann los.« Tawe ging ein Stück vom Ufer weg und merkte erst jetzt, dass der Regen nachgelassen hatte. »Was ist? Ich denke, wir probieren es?«
»Wir probieren es.« Der Kelosker blieb sitzen.
»Ääh ...« Tawe zeigte den Weg hinauf.
»Oh. Die Zeitachse. Wir haben es probiert. Mit anderen Ueeba. Wir werden es probieren. Mit dir. Bald. Noch später. Wir sagten, nach der Dreißig. Du gingst. Auf Wiedersehen.«
Ging Tawe? Tawe ging. Er hatte das dringende Bedürfnis, sich in irgendeine dunkle Ecke zu kleben.
Tawe arbeitete schwer. Wie sich herausstellte, war der Rechenmeister sehr optimistisch, ihm die Dreißig zuzutrauen. Es hatte nicht viele Forscher gegeben, die so weit gekommen waren. Offensichtlich waren die meisten irgendwo zwischen der Zehn und der Zwanzig herumgedümpelt. Die wenigen, die es über die Zwanziger-Schwelle geschafft hatten, waren dann immer sehr weit gekommen.
Nun, man würde sehen, wie weit er kam!
Zu seinem Erstaunen ging es schnell voran. Einige Wochen lang schaffte er jede Woche eine Artefakt-Komponente. Die Pläne und Vorgaben schienen sich förmlich in sein Gehirn zu schmiegen.
Ging Tawe noch in die Bibliothek? Er ging. Sein Kopf war manchmal so wirr, wimmelte dermaßen von den Details der Komponenten, dass er nicht zur Ruhe kam. Er konnte kaum einschlafen. Dann wurde er wach, ohne erholt zu sein, ruhig zu sein. Er hielt sich abseits. Mit den anderen viel geredet oder gespielt hatte er ohnehin nie. Tawe arbeitete, arbeitete schwer. Er aß, kümmerte sich um sei-nen Körper. Manchmal benutzte er den Drehbrunnen im Hof nicht nur einmal, sondern zweimal täglich. Pokou registrierte es, tadelte ihn aber nicht dafür. Er schien zu wissen, wozu Tawe es brauchte. Manchmal stand der Ueeba unter dem rieselnden Regen und träumte davon, sich aufzulösen wie ein Stück Seife.
Die Bibliothek bot ihm Ablenkung, nicht aber Beruhigung. Immer wieder stolperte Tawe nach stundenlangem Blättern in eintönigen Protokollen oft weniger begabter Vorgänger über Einzelheiten, die er sich nicht erklären konnte, die ihn beunruhigten.
Oder auch über Lücken.
Warum stand in dem Band über das Sexualverhalten der Ueeba keine einzige Zeile über die Liebe zwischen Frauen? War das etwa keine Sexualität? Die Erinnerung schmerzte zu sehr; Tawe verfolgte den Gedanken nicht weiter. Kurz nur kam ihm in den Sinn, dass es dem Verfasser der Abhandlung vielleicht
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