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PR Rotes Imperium 01 - Die fossile Stadt

PR Rotes Imperium 01 - Die fossile Stadt

Titel: PR Rotes Imperium 01 - Die fossile Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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Wiesel nahm die andere Hand von ihrer Schulter. Zwischen den Fingern fühlte er den Identifikations-Chip. »Hast du Lust auf ein Bierchen, wenn der ganze Zauber hier vorbei ist?« Er legte sein freundlichstes Lächeln auf.
    »Auf ein was? Ein Bier?« Irritiert blickte sie ihn an. Ihre Gesichtsfarbe wechselte zu einem bezaubernden Tomatenrot. »Na ja… ich habe bis Mitternacht Dienst. Und danach…«
    »Das trifft sich doch wunderbar! Ich muss auch so lange malochen.« Er klopfte der Technikerin erneut auf die Schulter. Der Chip rutschte in die Halterung zurück. Wenige Sekunden hatten gereicht, um mithilfe seiner Positronik eine Kopie anzufertigen. »Wir treffen uns kurz nach zwölf Uhr hier beim Denkmal. Ich kenne mich einigermaßen gut aus in München. Ich bring dich in die Innenstadt und zeig dir, wo man in den späten Nachtstunden so richtig abfeiern kann. Einverstanden?«
    »Ab… abfeiern? Du und ich? Allein?« Sie strich sich verlegen durchs Haar. Die Medusensträhnchen fauchten bissig. »Ein… einverstanden. Ich… ich freu mich drauf.«
    »Wie heißt du?«
    »Farina.«
    »Farina … was für ein Name!« Wiesel verdrehte die Augen und grinste glückselig. »Also bis dann, Mädchen! Nicht vergessen: kurz nach Mitternacht!« Er verabschiedete sich mit einem Nicken und ging mit federnden Schritten auf den Schutzschirm zu. Wahrscheinlich blickte sie ihm nach und bewunderte seinen Hintern. Er hatte viele Trainingsstunden investiert, um seinen schlanken, drahtigen Körper wirkungsvoll ins Rampenlicht setzen zu können.
    Volltreffer. Farina war scheu, introvertiert, hielt viel zu wenig soziale Kontakte und war mit ihrer Arbeit verheiratet. Kurzum: eine typische Vertreterin ihrer Zunft. Kein Wunder, dass sie auf den Erstbesten reagiert hatte, der ihr Avancen machte.
    Wiesel wusste, wie man sich gut verkaufte. Eine auf den Anlass zugeschnittene Selbstdarstellung war die halbe Miete, wenn man wie er vom System profitieren wollte. Er konnte – wie soeben – Selbstbewusstsein ausstrahlen und den perfekten Strahlemann spielen, aber er mochte diese Rolle nicht besonders. Sie war selten gut für die Arbeit, denn er blieb länger in der Erinnerung der Menschen haften, als ihm lieb war. Stille Typen waren ihm in der Darstellung weitaus lieber.
    »Tut mir leid, dass ich die Verabredung nicht einhalten kann«, murmelte Wiesel. Fast plagte ihn so etwas wie ein schlechtes Gewissen.
    Wiesel wartete, bis Farina außer Sichtweite war. Die Positronik stimmte in der Zwischenzeit den ergaunerten Chip auf sein Hirnwellenmuster ab. Der Vorgang, oft geübt, nahm in der Regel ein bis zwei Minuten in Anspruch. Nachdem er das Okay-Zeichen erhalten hatte, bewegte er sich auf die Kontrollstelle am inneren Schutzschirm zu.
    LFT-Soldaten beäugten mehrere Neuankömmlinge mit professionellem Misstrauen. Eine kurze Warteschlange hatte sich vor Wiesel gebildet. Die Hände der Soldaten lagen auf den Griffen der Handstrahler, doch sie wirkten müde und vom stundenlangen Trott gelangweilt.
    Wiesel war an der Reihe, »‘n Abend, Herrschaften«, sagte er. »Hab ‘ne Lieferung für Haran. Schaltmodule. Für die Eierköpfe beim Fenster. Hab die Teile dort hinten geparkt und möchte zuerst mit den Logistikern sprechen, wo der Kram hin soll. Ihr wisst ja, wie die Bürokraten so sind mit ihren Vorschriften…«
    »Schon wieder Nachschub?«, unterbrach eine der Soldatinnen seinen Redeschwall. Ihre Kollegen zogen sich zwischenzeitlich ein wenig zurück. Wiesel nutzte den »Schlechte-Atem-Spray«, eine eigene Erfindung, die er sich irgendwann einmal patentieren lassen würde. Damit erzielte man unglaubliche Erfolge, wenn man sich neugierige Mithörer vom Hals schaffen wollte.
    Der Charakterwechsel gelang übergangslos. Niemand würde in ihm nun jenen draufgängerischen, selbstbewussten Mann sehen, der Farina vor wenigen Minuten ein unzweifelhaftes Angebot gemacht hatte. In den Augen der Wachebeamten war er ein lästiger Quatschkopf mit widerlichem Mundgeruch. Darüber hinaus erweckte er den Eindruck eines übermüdeten Mannes, der seinen Auftrag so rasch wie möglich hinter sich bringen wollte, um endlich Feierabend zu machen.
    Die Soldatin nahm seinen Chip in Empfang, ließ ihn durch das Prüfgerät gleiten und fuhr kurz danach mit der Resonanzlampe über Wiesels Kopf. »Alles in Ordnung«, sagte sie kurz angebunden und mit angehaltenem Atem. Sie gab ihm den Chip zurück und winkte ihn zur energetischen Schleuse. Für einen Augenblick kitzelte es in

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