PR Rotes Imperium 01 - Die fossile Stadt
terranischen Verteidigungskampf gegen TRAITOR« entpuppte. Die schmierige »Anti-Staats-Agentur«, im Besitz einer populistischen Partei, die seit Jahrzehnten durch radikal-rassistische Rülpser auffiel, bot sogar 35.000 Galax.
Wiesel negierte das Höchstgebot. Ja, er war käuflich und ja, er lebte davon, das System auszunutzen. Doch selbst er setzte gewisse moralische Grundnormen bei seinen Geschäftspartnern an.
Die Positronik ratterte weiterhin leise vor sich hin. Wiesel liebte diese Töne. Er selbst hatte die Geräuschkulisse einprogrammiert. Sie imitierte den Klang von Kreditchips, die klimpernd zu Boden fielen.
»Heilige Scheiße!«, sagte Wiesel, nachdem er die Endsumme ausgespuckt erhielt. »Mit den Nebengeräuschen komme ich auf fünfundsechzigtausend Galax, wenn alles klappt.«
65.000! Weitgehend steuerfrei zu haben. Er kannte die Tricks, um seine Einnahmen an der Finanz vorbei zu schmuggeln.
Wiesel kicherte. »Du machst mich zum reichen Mann, Perry. Ich hab dich zwar noch nie gewählt, aber heute bekämest du meine Stimme.«
Wiesel benötigte nur noch den unwiderlegbaren Beweis dafür, dass es sich bei dem Kerl vor ihm tatsächlich um den Residenten handelte. Dazu ein Stichwort, warum Rhodan eigentlich hier war. Dann hatte er das Geld so gut wie in der Tasche.
Soeben spazierte Rhodan an der Spitze einer kleinen Menschengruppe in Richtung der alten, ramponierten Münchner Kaulquappe, im Volksmund »Stelz« genannt. Wiesel musste hinterher, so rasch wie möglich. Er durfte sein Opfer unter keinen Umständen aus den Augen verlieren.
Er sah sich um. Eine langbeinige, hochgewachsene Terranerin stolperte mit der Grazie eines betrunkenen Storches auf ihn zu. Sie war in eine Holo-Bild-Gruppierung vertieft, die vor ihr her schwebte und sich dabei ihrem wechselnden Schritt anpasste. Eine Antigrav-Plattform schwebte hinter ihr her. Offenbar schaffte die Frau Gerätschaften für weitere Testläufe innerhalb des Schutzschirms heran. Was auch immer hier für Dinge geschahen – die Forschungsarbeit wurde mit größtem technischen Aufwand betrieben.
Wiesel trat langsam aus der Deckung des avantgardistischen Denkmals aus dem 33. Jahrhundert, das den dubiosen Namen »Pension Schönner« trug und wie drei nebeneinandergesetzte, mahnend erhobene Zeigefinger wirkte. Er ging der Technikerin entgegen. »Hast du Ingarm gesehen?«, fragte er wie beiläufig und fummelte geschäftig an der Wettpositronik umher.
»Wen bitteschön?« Die Terranerin blickte hoch. Irritiert, allzu plötzlich aus ihren Gedanken gerissen.
»Ingarm«, sagte Wiesel. Er tat ungeduldig. »Vom Nachschub. Logistik. Vom Institut. Was auch immer. Klein, untersetzt, blonde Haare mit bunten Medusensträhnchen.« Mit der Beschreibung blieb er möglichst allgemein. Halb Terra trug Medusenlook, den modischen Renner der Saison, so auch die Wissenschaftlerin selbst. Ins Haar eingewobene Steuerelemente sorgten dafür, dass einzelne Strähnchen ihren Kopf wie dünne Schlangen umtanzten. »Ingarm muss mir eine Lieferung zusätzlicher Schaltelemente gegenzeichnen. Die Dinger stehen dort drüben.« Wiesel deutete hinter sich.
»Ähm.« Die Frau leckte über ihre spröden Lippen. »Die Logistik-Zentrale befindet sich rechts von der Schwartz-Säule. Red dort mal mit Haran. Er kann dir sicher weiterhelfen.«
»Wo ist das genau?« Wiesel trat näher, legte ihr vertraulich eine Hand auf die Schulter und deutete mit der anderen in die ungefähre Richtung der Schwartz-Säule. »Meine Leit-Positronik spinnt, musst du wissen. Seitdem ich hier angekommen bin, zeigt sie vollkommen falsche Werte an.«
»Kann ich mir gut vorstellen.« Sie nickte verständnisvoll. »Das Fenster bereitet uns ganz schöne Schwierigkeiten. Irgendetwas Seltsames geht von ihm aus.«
»Hab ich mir schon gedacht. Ist was Außergewöhnliches, das Fenster.« Wiesel grinste in sich hinein. Er hatte ein ganz besonderes Exemplar der Gattung »weltfremde Wissenschaftlerin« vor sich. Keinen Augenblick lang vermutete die Frau, dass er sich durch die äußeren Kontrollen geschmuggelt hatte. Er befand sich innerhalb der weiträumigen Absperrungen, also musste er zu den Eingeweihten gehören. So kalkulierte er die Logik der Frau.
»Du nimmst am besten den rechten Weg.« Sie verschob seinen ausgestreckten Arm ein wenig und blinzelte kurzsichtig. »Beim Colounshaba-Denkmal vorbei, links um die Ecke, unter der Frikkel-Brücke durch, dann rechts – und schon bist du bei der Logistik.«
»Danke sehr.«
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