PR Rotes Imperium 01 - Die fossile Stadt
Blasen, in denen angesammeltes Wasser gluckerte. Irgendwann würde das System zusammenbrechen und für ein gewaltiges Rumoren im Bauch der Stadt sorgen.
Ein Geräusch. Hallend, nicht allzu weit weg. Eines, das nicht hierher gehörte. Vielleicht 500 Meter hinter ihm. Der unvorsichtige Tritt eines oder mehrerer ungeübter Männer, die mit den hiesigen Gegebenheiten nicht vertraut waren. Wiesel hatte sein halbes Leben im Bauch zugebracht und gelernt, die Gefahren einzuschätzen. Hier lebten fremdartige Tiere und seltsame Gestalten, die von anderen Welten eingeschleppt und von gewissenlosen Besitzern nach einer Weile ausgesetzt worden waren.
Wiesels Instinkte schlugen laut Alarm, eine Gänsehaut zog sich den Rücken entlang nach unten. Er wusste: Jemand folgte ihm. Er musste sich vorsehen.
Es handelte sich um die Bodyguards des Ernest von Kraft. Menschen; die gefährlichsten Jäger von allen. Tumbe, stiernackige Gestalten, die seiner Spur folgten. Mal beugten sie sich zum Boden hinab und schnüffelten wie Hunde, mal witterten sie in der Luft, als könnten sie ihn riechen.
Vielleicht war es sogar genau so. Es gab unendlich viele Kolonialistenvölker, deren Vorfahren einstmals die Erde verlassen hatten, um in den Weiten der Milchstraße ihr Glück zu suchen. Viele von ihnen hatten sich der neuen Heimat angepasst und Fähigkeiten entwickelt, die ihnen halfen, mit den veränderten Lebensumständen zurechtzukommen. Manche hatten sich sogar bewusst einer genetischen Veränderung ihres Erbguts unterworfen, um auf Extrem weiten überleben zu können.
Wiesel drückte sich so weit wie möglich in sein Versteck zwischen Bergen von Unrat und zerbrochenen Verkleidungsteilen, die irgendwann einmal an der Decke über ihm geklebt haben mochten. Er fluchte vor sich hin. Er hatte alles unternommen, um seine Spuren zu verwischen. Aufblasbare Placebokörper waren ebenso wirkungslos geblieben wie Wärme-Kalotten, die er um teures Geld von einem Lepso-Arkoniden erstanden und wirkungsvoll im Tunnelsystem platziert hatte. Die beiden Burschen zeigten sich unbeeindruckt und folgten seiner Spur wie gut dressierte Spürhunde.
Dieser ganze Aufwand wegen ein paar Galax?
Oder hatte Ernest von Kraft in Erfahrung gebracht, dass Wiesel im letzten Jahr ein kleines Techtelmechtel mit seiner – weitaus schlankeren und ansehnlicheren – Frau gehabt hatte? Ging es um jene 200 bis 300 Nebenwetten, deren Verlustvorschreibung er auf das Konto des Patriarchen gebucht hatte? Oder war der Dicke sauer wegen einer geringfügigen, kaum erwähnenswerten Manipulation an der zentralen Münchner Wettpositronik?
Nun gut; es hatte da und dort geringfügige Diskrepanzen in der Verbandskasse gegeben, und je länger Wiesel darüber nachdachte, desto mehr Kleinigkeiten fielen ihm ein, die von Kraft sauer aufgestoßen sein mochten. Aber musste er ihm gleich diese beiden Gorillas auf den Hals hetzen, deren Brusttaschen verdächtig ausgebeult wirkten?
Wiesel ließ Buff-Bomben ausschwärmen; harmlose, kleine Dinger, die nette pyrotechnische Effekte auslösten, seine Verfolger hoffentlich verwirrten und ihm ein gewisses Zeitpolster verschafften. Sein recht umfangreiches Arsenal an Verteidigungswaffen war nahezu leergeräumt. Wenn dieses Ablenkungsmanöver nicht gelang, sah es schlecht für ihn aus.
Wiesel wandte sich ab, schloss die Augen und zählte bis zehn. Grellweißes Licht durchflutete die riesige unterirdische Lagerhalle, begleitet von schrillem Kreischen nahe an der Grenze der Hörbarkeit. Er grinste. Dies war erst der Anfang. Die Buff-Bomben waren dicht gepackte Wunderwerke modernster Technik, die jedermanns Sinne bis aufs Äußerste strapazierten, wenn man nicht die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen traf.
Er klemmte sich die Nase ab und atmete flach. Gelblicher Nebel löste das Weiß ab. Die schmierigen Schwaden sanken langsam tiefer. Sie brachten den übelkeitserregenden Gestank nach Buttersäure mit sich.
Wiesel beugte sich vornüber und lugte aus der Deckung. Seine Verfolger würgten soeben unter Schmerzen ihre letzten Mahlzeiten hoch, wie er mit Befriedigung feststellte.
Kleine Posi-Kobolde hatten sich nach der Explosion der BuffBomben aus den ausgestreuten Knopfbehausungen gelöst. Sie bliesen sich auf, schössen kreuz und quer durch die Luft, intonierten eine Kakofonie des Grauens, die bis weit in den Ultraschallbereich wirkte und bei ungeschützten Opfern starke Kopfschmerzen auslöste. Eingearbeitete Miniaturpositroniken steuerten die 20 Zentimeter
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