PR Rotes Imperium 02 - Requiem für Druufon
einer lag darüber hinaus im Sterben, gepflegt von sich selbst und den besten Roboteinheiten, die zur Verfügung standen. Auch eine Medikerin kümmerte sich ständig um den sterbenden Bavo - selbstverständlich war sie selbst eine Filiatin, die Seelenabspaltung von Siri Fahrom, der Frau, die seit mehr als hundert Jahren in verschiedenen Versionen Bavos wichtigste Bettgenossin war. Das vielfältige Beziehungsgeflecht der Filiate untereinander war irgendwann so kompliziert geworden, dass Bavo dem schon vor einigen Jahren einen Riegel vorgeschoben hatte. Siri, das Original, lebte nicht mehr; er hatte die Jahrhundertwende zum Anlass genommen, ihre Existenz zu beenden. Eine kleine Manipulation ihrer Kammer, mehr war nicht nötig gewesen. Bavo hatte Vorkehrungen getroffen, dass dieser »Unfall« nicht auch ihm widerfahren konnte. Noch existierten drei Siri-Filiate, die in der Nekropolis alterten und sterben würden, wie ihnen vorherbestimmt war.
Die Nekropolis ... so nannten Bavo und seine Filiate die kleine Stadt, in der die Fehlerhaften und Ausrangierten wohnten.
Das eigentliche Problem bildeten die beiden aktuellen fehlerhaften Velines-Filiate. Bavo erschauerte, wenn er nur daran dachte, dass er auch ihnen begegnen würde, wenn er in wenigen Minuten den Gleiter verließ und die Totenstadt betrat. Das ließ sich nicht ändern, denn diese Misslungenen waren ebenso er selbst, Seelenabspaltungen, bei deren Fleischwerdung etwas in falsche Bahnen geleitet worden war. Ihre Defekte stammten aus winzigen Abweichungen in den Gensequenzen oder aus minimalen Frequenzabweichungen im Hyperspektrum während der sensiblen Augenblicke, in denen das psychische Profil übertragen wurde.
Nur äußerst selten verließ Bavos Original die Filiationskammer und machte sich selbst auf den Weg, seine Kopien zu besuchen. In dieser Zeit war er losgelöst vom Mechanismus der Kammer und damit abgeschnitten vom ständigen Informationsfluss seiner Kopien. Das hieß nichts anderes, als dass er allein war, entsetzlich allein und einsam. Er vermisste die Stimmen in seinem Verstand, die mit ihm Erfahrungen aus drei, vier oder mehreren Teilen der Welt gleichzeitig teilten.
Einer seiner Filiate wirkte in politischen Gremien mit; zu seiner Arbeit gehörte es, das Bevölkerungswachstum zu steuern, und für seine Partei, die »Bewegung Ins All«, kämpfte er für besonders sorgfältige »Volkspflege« und für die Einheit des Planeten, in dem es immer wieder Regionalismus-Bewegungen gab. Eine andere Bavo-Abspaltung kümmerte sich in der oberen Managementebene eines großen Medienkonzerns um Einflussnahme auf breite Schichten der ständig wachsenden Bevölkerung. Filiate waren Forscher und Händler, Handwerker und Musiker, und sie waren an verschiedenen Stellen der Welt tätig.
Bavo hatte nachgeforscht: Nach der altterranischen monistischen Seelenlehre konnte man nur in diesem Zustand der gleichzeitigen Wahrnehmung verschiedener Erlebnisse das Menschheitsrätsel lösen. Majavi Rupa, so nannte man diese Existenzform seit Jahrtausenden, aber niemand hatte sie jemals erreicht. Niemand außer ihm, Bavo Velines. Die anderen, Armana und Mauro, Siri und andere Bettgefährtinnen wie sie ... sie alle zählten nicht, denn nur Bavo war in der Lage, die Bedeutung des Majavi Rupa zu verstehen. Es war ein Leben in völliger Klarheit, in wahrer Freiheit des Geistes. Eine Existenz, die ihn zwangsläufig über alle anderen Wesen erhob und ihn deshalb an die Spitze der Macht katapultieren musste.
Nachdenklich blickte er aus dem Sichtfenster des Gleiters. Er näherte sich dem Sperrgebiet rund um den Kristallberg. Nach wie vor kam niemand außer ihm in diese Gegend - dafür sorgten seine Filiate mit gezielten Fehlinformationen. Außerdem war diese Gegend schon seit jeher gesperrt und gefährlich, schon seit so vielen Generationen, seit der Gründung von Neu-Kopernikus. Warum sollte sich gerade jetzt etwas daran ändern?
Die Nekropolis lag am Fuße des Berges. Nach Bavos Meinung wurde es allerdings höchste Zeit, sie an einen anderen Ort zu verlegen. Der Raum wurde zu eng, und je auffälliger die Zivilisation der Filiate wurde, die untereinander Kinder zeugten, desto größer wurde die Gefahr einer Entdeckung. Es war ohnehin Bavos Ziel, dass die Terraner in absehbarer Zeit Neu-Kopernikus verließen und neue Welten besiedelten. Vielleicht gelang es schon bald, das Militär zu einer Attacke gegen die Druuf zu bewegen. Es gab vielversprechende Ansätze in den aktuellen
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