PR Rotes Imperium 03 - Die Zukunftsbastion
und ich werden nicht die Rätsel der Welt lösen. Sie sind ein viel beschäftigter Mann, und ich bin es auch.« Ich setzte die Tasse ab und stand auf.
»Was Ihren Job in Sachen Gazini-Smaragde angeht: Den sind Sie wohl los?«
»Das weiß ich nicht. Ich bin Mr Valerossios los. Aber er war nicht der eigentliche Auftraggeber. Die alte Lady ... was wissen Sie über diese alte Lady?«
»Nichts«, sagte Smalya. »Nur das, wovon sie will, dass ich es glaube.«
»Sie haben nie Erkundigungen über sie eingezogen?«
Smalya überlegte. »Ich habe es versucht. Nicht nur einmal. Aber alle Versuche sind ins Leere gelaufen.« Pause. »Sie soll die Tochter eines großen Generals sein.«
Ich schlief traumlos, wachte spät am Vormittag auf, müder als zuvor, schlief wieder ein und verlief mich in vagen Traumgeländen, wanderte an verrosteten Pagodenraumschiffen vorbei, an gläsernen Häusern, in denen Blitze sich zu ganzen Netzen verknüpften, zu Netzen, in denen Ungeheuer gefangen hingen, die an ihren Fesseln rissen, die Münder zu lautlosen Schreien aufgesperrt.
Manches von dem, was ich sah, war mir unerträglich, auch wenn es keine sichtbare Gestalt annahm: Schatten, Wut, ein anschwellendes Crescendo, eine unmenschliche Gier, Botschaften, die ich nicht lesen konnte, verzerrte Proklamationen aus Buchstaben, die wie Schnee im Sturm verwirbelten. Ich flüchtete, kämpfte mich wie ein Ertrinkender an die Oberfläche des Schlafes, nur, um bald darauf wieder ausgemergelt hinab zu sinken.
Ein rhythmisches Klirren und Rasseln quälte mich. Ich brauchte eine Weile, bis ich erkannt hatte, dass der Lärm sich von außerhalb in meinen verstörten Schlaf drängte.
Das Telefon klingelte.
Ich stand auf, taperte zum Apparat und nahm ab. »Trari trara, die Post ist da!«, hörte ich zwei oder drei Mädchenstimmen; sie kicherten und legten wieder auf.
Ich schüttelte den Kopf, lachte und fuhr mir mit beiden Händen durch die Haare. Kinderstreich.
Ich duschte kalt, rasierte mich und sah im Spiegel nach, ob ich wieder Ähnlichkeiten mit einem Menschen angenommen hatte. Das schmale Gesicht war etwas zu kantig, aber die kurz geschnittenen braunen Haare und die grauen Augen waren in Ordnung. Okay, das war ich.
Ich ging in die Küche und brühte Kaffee auf. Plötzlich kam mir ein Gedanke; ich erstarrte. Die Post ist da - das musste kein Kinderstreich sein. Ich spürte, wie es Winter wurde in mir. Ich ging zur Wohnungstür und öffnete.
Vor der Tür lag das Paket.
Ich hob es an. Es war nicht schwer. Ich trug es in die Küche, stellte es auf den Tisch, setzte mich und stützte das Kinn auf die verschränkten Hände.
Das Telefon klingelte wieder.
»Ja?«
Es war eine Männerstimme. »Ist das Paket angekommen?«
»Ja.«
»Sie haben es geöffnet?«
»Ja«, log ich.
»Wir warten auf die Gazini-Smaragde«, sagte die Stimme. »Sie sollten das zu Ihrer Herzensangelegenheit machen.«
Ich hörte, wie der Hörer aufgelegt wurde. Ich ging zurück in die Küche, setzte mich und trank vom Kaffee. Dann schnitt ich mit einem Messer die Schnur auf und öffnete das Paket. Die Hand darin war wächsern und ledrig. Eine Frauenhand. Ein Finger fehlte.
In das blutverkrustete Zeitungspapier eingewickelt, lag eine weibliche Brust.
Es war noch nicht vorbei.
»Ich will nicht wissen, wo du diese beiden Objekte herhast«, sagte Mike, paffte ein Wolke aus und strich die Asche seiner Zigarette am Aschenbecher ab. Das Gemurmel in der Krankenhauskantine klang entfernt wie eine leise Brandung. »Aber sie stammen von ein und derselben Person: weiblich, zwischen fünfundzwanzig und dreißig Jahre alt.«
Letzte Hoffnung verflogen. Letzte Selbsttäuschung zerstört. Ich nickte. »Hat die Person gelebt, als ihr ...?« Mike blies einen Rauchkringel in die Luft. »Ja«, sagt er. Ich kämpfte meinen Brechreiz nieder. »Ich entsorge die Objekte«, bot Mike an. »Danke«, sagte ich.
Der Pieper, den Mike in der Brusttasche seines Hemdes trug, meldete sich. Mike warf einen kurzen Blick darauf und drückte die Zigarette aus. »Ich muss los«, sagte er, nickte mir zu und verschwand. »Ein Notfall.«
Ich blieb noch eine Weile sitzen.
Am Abend erhielt ich den nächsten Anruf. Es war wieder die männliche Stimme. »Diese Gazini-Smaragde - sie sollten das zu Ihrer Herzensangelegenheit machen. Andernfalls kommt bald ein neues Überraschungspäckchen. Mit einem sehr, sehr gebrochenen Herzen darin.«
»Nein«, sagte ich und legte so viel Bestimmtheit hinein wie möglich. »Ich
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