PR Rotes Imperium 03 - Die Zukunftsbastion
einem üppigen, aber etwas verschlissenen Ohrensessel Platz.
Ich setzte mich auf eine Ottomane daneben. »Was tue ich hier?«, fragte ich.
Er stampfte mit dem Stock, an dessen unterem Ende eine Art Gummipfropfen saß, wohl um ihm mehr Halt zu geben auf diesen glatten Parketten, zwei-, dreimal auf den Boden, stützte sich dann auf den Knauf. »Die Technik des Roten Imperiums erlaubt es, das Bewusstsein einer Person in das Mentale Symposion einzugeben und auch wieder herauszulösen. Für einen Großteil der Imperiumsbürger ist der Aufenthalt im Symposion eine lang gelebte Routine, ein sozialer Dienst. Sie begeben sich in einen Kiosk, lassen sich vom Symposion aufnehmen und einige Zeit später zurückholen. Weit schwieriger ist es, ein Bewusstsein aus dem Symposion hinaus in die jenseitige Welt zu schicken, ohne dass es von dort gezogen wird.«
»Und das soll nun mit mir geschehen«, riet ich. »Ich bin von Ifama in dieses System eingesenkt worden, sie hat mich benutzt, und sie will, dass ich im System gefangen bleibe. Und ihr wollt mich heraus - katapultieren. Ihr, die Anjumisten, wie ich vermute.«
Er sah mich lange an. »Nein«, sagte er. »Wir sind keine Anjumisten. Wir kooperieren mit ihnen, wenn es uns hilfreich erscheint. Aber wenn Bavo Velines unsere Forderungen erfüllen oder uns wenigstens nicht mehr bekämpfen würde, könnten wir uns vorstellen, einen Modus Vivendi mit ihm zu finden.«
»Wer seid ihr, wenn ihr keine Anjumisten seid?«
»Wir sind wir: das Leben im Mentalen Symposion.«
Ich wollte endlich zurück in die Faktenwelt und sagte, sicher etwas zu gereizt: »Das alles beeindruckt mich nicht. Ich habe viele solcher Maschinen kennengelernt, die künstliche Realitäten erzeugen. Das Große Imperium der Arkoniden ist an der Sucht nach solchen Fiktiv-Spielen fast zerbrochen. Ich habe das Simusense-Netzwerk zerschlagen.«
»Ich habe das Simusense-Netzwerk zerschlagen«, zitierte er und schmunzelte. »Das klingt ja wie ein rhodaneskes Veni, vidi, vici!« Kasimir hob seine Hornbrille ab und reinigte sie umständlich, während er wieder die Melodie pfiff.
Endlich erkannte ich sie. Es war ein altes, deutsches Lied, das meine Mutter hin und wieder vor sich hin gesungen hatte: Am Brunnen vor dem Tore, da steht ein Lindenbaum. Ich träumt' in seinem Schatten so manchen süßen Traum.
Er setzte sich die Brille wieder auf und seufzte. »Wissen Sie, mein Junge, ich fürchte, Sie haben keine Ahnung, was das Symposion ist.«
»Eine Art mechano-organischer Verbundrechner, der die Verwaltung des Roten Imperiums unterstützt, seine Forschung koordiniert, seine militärischen Operationspläne ausarbeitet und so weiter«, sagte ich, weil mich diese ganze Pseudo-Realität mehr und mehr anwiderte.
»Genau das ist es. Und der Mensch«, sagte er mit mildem Spott, »ist eine Ansammlung von Wasser und Mineralien auf Kohlenstoffbasis, erleuchtet von einem bioelektrischen Gewitter, das man Bewusstsein nennt. Oder ist der Mensch mehr als ein biochemisches Sammelsurium? Und könnte dann das Symposion nicht auch mehr sein, als es Ihnen zu sein scheint?«
»Gut«, akzeptierte ich. »Belehren Sie mich: Was ist das Mentale Symposion dann, wenn es bei all dem quantronischen Brimborium im Kern nicht eine schlichte virtuelle Spielwiese ist?«
Er beugte sich mühsam nach vorne, stützte sich auf den Stock und sagte: »Vielleicht ist es der nächste Schritt, mein Junge. Die Transzendenz der bisherigen biologischen Evolution.«
Ich lachte auf. »Schon viele haben gedacht, dass sie auf dem Sprung zu etwas Höherem wären. Dass mit ihnen dieser Sprung vollzogen wäre, hinauf zur neuen Rasse, zum Homo superior, zum Übermenschen.«
Kasimir schüttelte freundlich den Kopf. »Ach, mein Junge. Nehmen Sie uns doch ernst, auch wenn unser Leben und Denken nicht auf Kohlenstoffverbindungen basiert. Es behauptet ja auch niemand hier, dass ein Bewusstsein wie Ihres, das von einem Leib erzeugt wird, der sich aus Fetten und Proteinen zusammensetzt, aus Phosphor, Zink und Cadmium und dergleichen, dass solch ein Bewusstsein minderwertig sei, weil an ihm der Ballast der Materie hängt. Aber im Gegenzug sollte gelten, dass es für menschliches Bewusstsein diese Elemente nicht unbedingt braucht. Denn das, mein Junge, wäre doch wohl eine Art von Rassismus, oder? Der Rassismus der Kohlenstofflebendigen. Haben Sie nicht selbst in Ihrem Universum immer wieder ganz andere Bewusstseins-tragende oder -leitende Stoffe entdeckt? Das PEW-Metall,
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