PR TB 004 Sturz in Die Ewigkeit
empfindlich kalt.
Aber Argon schien die Kälte vergessen zu haben. Sein Körper
glitt wie suchend über die kleineren und größeren
Trümmerstücke des "Göttersteines", bis er
einen Brocken von der Größe eines Kinderkopfes fand.
"Es ging schneller, als ich zu hoffen wagte", sagte er.
Ellert war verwundert.
"Was willst du damit?" fragte er. "Du kannst ihn
doch nicht um den Hals hängen, damit er dich in die Tiefe
zieht."
Das nämlich hatte er schon begriffen. Die Walzen benötigten
das zusätzliche Gewicht, um in die Tiefe tauchen zu können.
Ein Meteor besaß ein spezifisch höheres Gewicht als die
flüssige Lava.
Er würde im Feuermeer versinken - und Argon mit sich nehmen.
"Warte ab, dann wirst du es sehen", vertröstete
Argon ihn. "Ich werde den Stein bis zum Meer bringen - mehr ist
nicht nötig."
Er öffnete den "Mund", nahm den Felsbrocken darin
auf und machte sich daran, der Kraterwand entgegenzukriechen. Der
Aufstieg war, wie erwartet, sehr schwierig, aber er gelang. Die
Anstrengung war so groß, daß beide die Kälte
vergaßen. Aber dann, als Argon endlich den oberen Rand erreicht
hatte und auf die Ebene glitt, wo er erschöpft liegenblieb,
warnte Ellert: "Du wirst erfrieren, Argon. Die Sonne geht bald
unter. Beeile dich!"
Argon kroch weiter, bis er die Küste erreichte. Den
Meteorstein legte er auf einer Magmaklippe ab und tauchte dann auf
zwei Meter Tiefe, damit die wohltuende Wärme den gesamten Körper
umspülen konnte. Das größte Abenteuer seines
bisherigen Lebens war glücklich verlaufen. Aber das allergrößte
stand ihm noch bevor.
Argon verschlief die Nacht und den halben folgenden Tag, der sein
letzter sein sollte. Dann nahm er seinen Stein und schwamm aufs Meer
hinaus. Ellert konnte bemerken, daß Argon sich nur mühsam
an der Oberfläche hielt. Ohne den tragenden Rückstoß,
so wurde Ellert klar, würde Argon unweigerlich versinken.
Erst gegen Abend des letzten Tages fand Argon eine schwimmende
Magmascholle mit ausgespülten Höhlen dicht unter der
Oberfläche. Er legte den Stein so, daß er nicht von der
Lava erreicht werden konnte und tauchte dann in die Höhle, um
erneut zu schlafen.
Ellert blieb nichts anderes zu tun, als nachzudenken. Gegen
Mitternacht, als die schmale Mondsichel längst verschwunden war,
erwachte Argon. "Es ist soweit",
teilte er Ellert mit. Er schwamm aus der Höhle, stieg nach
oben und betrachtete zum letztenmal den sternenübersäten
Himmel.
Argon nahm den Stein und legte ihn ins "Maul", tauchte
einen Meter tief - und wartete.
Der Meteor bestand zum größten Teil aus Nickel und
Eisen. Nickel, so entsann sich Ellert, schmolz bei etwa 1450 Grad,
Eisen erst bei 1600. So heiß war die Lava nicht. Der Stein
würde also nicht verflüssigt werden.
"Er wird so weich werden, daß ich ihn schlucken kann",
erklärte Argon, der Ellerts Fragen erriet.
"Er verstopft den Gang zur Düse und ich werde mich nicht
mehr fortbewegen können - aber ich werde schwer genug, um in die
Tiefe zu sinken. Verstehst du nun, wie es geschieht?"
Ellert begriff alles und wunderte sich, wie einfach es doch war.
Die Walzen schluckten die Steine, erhöhten damit ihr
spezifisches Gewicht und versanken im Lavameer, um niemals wieder
auftauchen zu können. Das besagte noch nichts, denn sie
brauchten ja nicht zu atmen. Aber sie würden verhungern, denn
der Stein verstopfte zugleich auch die Nahrungsröhre. Wenn der
Druck sie nicht vorher schon tötete. Eine Stunde etwa wartete
Argon, dann verschluckte er den Stein, der so elastisch geworden war,
daß er sich verformte und den Gang in der Mitte völlig
verstopfte.
Das Todesurteil war so gut wie vollstreckt. Argon sank sofort in
die Tiefe, als er in die Lava glitt.
Die Sicht war schlecht. Seiner Schätzung nach konnte Ellert
vielleicht zehn Meter weit sehen. Er entdeckte eine andere Walze, die
langsam in die Tiefe sank, langsamer als Argon. Der Stein mußte
nicht so schwer gewesen sein.
Im richtigen Meer war es anders, erinnerte sich Ellert. Da wurde
es dunkler, je tiefer man hinabtauchte. Hier schien eher das
Gegenteil der Fall zu sein. Es wurde heller.
Die Sicht reichte nun schon fünfzig Meter und mehr.
Von einem Druck war nichts zu spüren, aber das konnte eine
Täuschung sein. Schließlich hatte er ja auch in den
zweihundert Grad der Mittagssonne gefroren. Und er sah ja auch mit
Argons Augen.
Argon sank zehn Stunden lang. Da die Sinkgeschwindigkeit so gering
war und kaum einen Meter pro zehn Sekunden betrug, schätzte
Ellert,
Weitere Kostenlose Bücher