PR TB 004 Sturz in Die Ewigkeit
neugierig zu werden, um welche Geheimnisse es sich
da handelte, aber die Gedanken des Priesters gaben ihm keine
Auskunft.
Am liebsten hätte Ellert die Zeit bis zum anderen Tag
übersprungen, aber so gut beherrschte er sie wieder nicht. Er
konnte froh sein, die Erde überhaupt wiedergefunden zu haben.
Erst gegen Abend erhielt er einen weiteren Hinweis, der ihn nur
noch neugieriger machte. Der Priester ließ seinen Sohn zu sich
kommen und erklärte ihm: "Du wirst eines Tages mein
Nachfolger und damit Diener des Sonnentempels werden. Morgen beim
großen Fest darfst du zum erstenmal der Weihe beiwohnen. Du
wirst mit mir das Allerheiligste betreten und seine Geheimnisse
kennenlernen. Erweise dich der Ehre würdig, Sohn."
"Mein Leben ist den Göttern geweiht, Vater. Es kennt
keinen anderen Sinn, als ihnen und dir zu gehorchen."
Der Priester nickte beifällig.
"Nur die Priester der Stämme kennen den Sonnentempel in
den Bergen, aber sie haben ihn niemals betreten dürfen. Sie
bauten ihn nach, aber sie schufen nichts als eine Hülle. Die
wahren Wunder aber leben in den Bergen, die den Göttern nahe
sind. Unser Sonnentempel, Sohn, ist der einzig richtige in diesem
Teil der Welt. Er stammt noch von den Göttern selbst die unsere
Vorfahren sind."
"Warum sind die Berge den Göttern so nah, Vater?"
"Eine sehr kluge Frage, aber leicht zu beantworten. Unten in
den Ebenen ist man dem Himmel fern, und schwer legt sich die Luft auf
unsere Lungen. Es ist nicht die klare, kühle Luft der verlorenen
Heimat. Hier im Gebirge ist die Luft dünner, - und die Sterne
sind näher."
"Warum blieben nicht alle in den Bergen?"
"Ich weiß es nicht, denn wir haben nicht viele
Überlieferungen. Viele wanderten hinab in die Ebene, dem großen
Meer und der aufgehenden Sonne entgegen. Sie fanden eine große
Insel, auf der sie jetzt leben. Ihre Gesandten kommen zu uns, denn
sie haben dort nur wenig echte Sonnentempel - oder die Götter in
ihnen schweigen."
"Und in unserem Tempel? Schweigen da die Götter nicht?"
"Nein, sie leben. Morgen wirst du zum erstenmal ihre Stimme
hören dürfen. Und du wirst ihre Kraft spüren."
Ellert wußte damit nicht viel anzufangen, aber sein
heimlicher Verdacht, so phantastisch er auch war, schien sich zu
bestätigen.
Er zog sich zurück und besuchte in der Nacht die große
Insel, von der der Priester gesprochen hatte. Es war Atlantis. Im
Schein der beiden Monde erkannte er auf den felsigen Plateaus die
wuchtigen Tempelbauten und die prunkvollen Paläste der
Herrscher. In den Häfen lagen Schiffe - aber es gab nur an der
Westküste Häfen. Die Küste im Osten war felsig und
unwirtlich.
Am anderen Morgen kehrte er nach Südamerika zurück. Er
beobachtete in allen Teilen des Landes die Prozessionen, die zu den
Hochebenen zogen, um das große Fest des Sonnengottes zu
begehen. Um einen objektiveren Eindruck zu erhalten, drang er in das
Oberflächenbewußtsein des alten Mannes ein, der gestern
seinen Priester besucht hatte. Unvoreingenommen wollte er das Wunder
des "echten" Sonnentempels erleben.
Zehn auserwählte Vertreter der Tal-Stämme folgten dem
Priester und seinem Sohn. Alle anderen mußten zurückbleiben.
Sie setzten sich auf die herumliegenden Steinblöcke in den
Schatten großer Bäume, die überraschend gut in dieser
Höhe gediehen. Sie besaßen dicke, fleischige Blätter,
und Ellert hatte nie in seinem Leben solche Bäume gesehen.
Es ging noch eine halbe Stunde steil bergan. Die Luft war dünn
und kalt. Das Atmen fiel schwer.
Wolkenfelder lagen über den breiten Tälern und nahmen
jede Sicht. Heiß brannte die Sonne auf den steinigen Pfad
herab. Die flimmernde Hitze stand im krassen Gegensatz zu dem kühlen
Wind.
Die Bäume waren weniger geworden. Obwohl sie offensichtlich
nur wenig Wasser zum Leben benötigten, schien es nun zu trocken
für sie geworden zu sein. Flechten und Moose bedeckten das
Gestein an einigen Stellen. Hin und wieder huschte eine Eidechse in
ihr Versteck, oder ein Vogel flatterte erschrocken davon.
Die zehn Auserwählten verhielten sich schweigsam. Stumm
folgten sie ihrem Führer, der mit seinem Sohn voranschritt.
Dann, als der Pfad eine Biegung machte und auf einem kleinen
Hochplateau endete, blieb er stehen. Er bedeutete seinem Sohn, zur
Seite zu treten, drehte sich um und sagte feierlich: "Der Tempel
ist nicht mehr weit. Ihr wartet hier, bis das Zeichen des Lichtes
euch ruft. Dann kommt. Schaut die Wunder der Sonnengötter - aber
erschreckt nicht. Ihr werdet leichtfüßig
Weitere Kostenlose Bücher