PR TB 005 Die Verhängnisvolle Expedition
Bedingungen dieser Welt, Raleigh. Da
unten tobt augenblicklich einer der für Gom typischen Stürme.
Geschwindigkeit eintausendvierundachtzig Stundenkilometer. Selbst
venusische Bedingungen kommen da nicht mit. Die Atmosphäre ist
so voller Staub und Felsbrocken, daß wir unmöglich den
genauen Verlauf der Librationszone ausmachen können, und auf die
Karte dürfen wir uns nicht verlassen, denn es gibt da unten kaum
etwas, das stabil bleibt.«
Raleigh sah sich das Diagramm genau an. Aber nur das ruckartige
Hochziehen der Augenbrauen verriet etwas von dem, was in ihm vorging.
Inzwischen war die K-35 nahe genug an Gom herangekommen, und Raleigh
gab die entsprechenden Befehle an die Kraftwerksstationen. Aus den
Bugdüsen krochen bläulichweiße Flammengebilde,
schienen an der Außenwand der K-35 zu kleben und streckten ihre
Energiefinger um so weiter in den Raum, je mehr die Geschwindigkeit
des Raumschiffes verringert wurde. Der ehemals geradlinige Kurs ging
in eine Parabel über.
Und dann tauchte Gom auch auf den Bildschirmen der optischen
Direkterfassung auf. Als die K-35 in den vorerst endgültigen
Orbit einschwenkte, erfaßten die Männer in der Zentrale
mit beklemmender Deutlichkeit Einzelheiten des Schauspiels, das die
entfesselten Naturgewalten boten. Ein wahrer Höllenschlund
schien sich aufgetan zu haben. Aus dem 8000 Meter hohen Schutt-und
Staubmeer, das der Orkan geschaffen hatte, lösten sich immer
wieder eruptionsartig kilometerhohe Wirbel, tanzten gespenstisch über
den Staubwolken, um sich nach einiger Zeit wie gigantische Blumen zu
öffnen und dann abrupt wieder in das Chaos zurückzusinken.
»Wie kommen diese Stürme nur zustande?« fragte
Raleigh. Tifflor wollte antworten, aber der am Kartentisch sitzende
John Marshall kam ihm zuvor.
»Sie sind eine indirekte Folge der äußerst
langsamen Rotation des Planeten. Diese Rotation ist nämlich
identisch mit seiner Umlaufzeit um die Sonne, so daß Tag und
Nacht je eins-Komma-zwei Jahre Erdzeit lang sind. Die Folge ist eine
ausgeglühte Tagseite und eine superpolare Nachtseite. Es ist nur
natürlich, daß diese extremen Temperaturunterschiede
geradezu auf einen Ausgleich drängen, der dann durch die
inter-vallartig auftretenden Stürme erfolgt. Es ist ähnlich
wie auf Venus, nur daß hier die Wirkungen ganz andere Ausmaße
annehmen.«
»Und wie es das mit der Zwielichtzone, die Oberst Tifflor
erwähnte? Besitzt sie eine ausgeglichene Temperatur?«
Marshall lachte humorlos. »Ausgeglichene Temperatur ist ein
Witz, Raleigh. Aber in gewissem Sinne haben Sie recht. Die
Zwielichtzone ist temperaturmäßig noch einigermaßen
zu ertragen, wenn man über einen klimatisierten Schutzanzug
verfügt. Nur ist diese Zone nicht konstant, da der Einfluß
der achtzehn Monde eine starke Libration hervorruft. Sobald der Sturm
nachgelassen hat, sollten wir feststellen, nach welcher Seite die
Zwielichtzone zur Zeit wandert, dann können wir die Wahl des
Landeplatzes danach treffen und müssen während unseres
Aufenthalts den Standort nicht wechseln.«
Marshalls Augen starrten plötzlich durch Raleigh hindurch.
»Als wir, das heißt Mister Reginald Bull, Iwan
Iwanowitsch Goratschin, Betty Toufry, Tako Kakuta und noch vier
andere Männer des Einsatzkommandos Laros mit einer >Gazelle<
auf Gom abstürzten, konnten wir nicht wählerisch sein. Ganz
abgesehen davon, daß keiner von uns über diesen Planeten
genauer informiert war. Es war reines Glück, daß der
Fernaufklärer am Rand der Zwielichtzone zerschellte.
Trotzdem…«, er schüttelte sich,»… war unsere
Lage ziemlich hoffhungslos. Wir hatte nur die normalen Raumanzüge
an, konnten also die Schwerkraft nicht regulieren. Demzufolge wog
jeder von uns fast das Doppelte seines Normalgewichts, denn Gom
besitzt eine Schwerkraft von eins-Komma-neun Gravos. Wir konnten uns
nur kriechend fortbewegen und schafften in der Stunde kaum mehr als
hundert Meter.«
»Wir haben diese Sorgen nicht«, meinte Raleigh.
»Unsere Spezialanzüge halten nicht nur den Druck von
zwanzig Atmosphären spielend aus, sondern regulieren auch die
Schwerkraft automatisch auf ein g.« - Das erneute Schrillen des
Visiphons unterbrach den Disput. Wieder meldete sich Leutnant
Enzinger.
»Sir, der Sturm läßt nach. Meinen Berechnungen
zufolge müßte die hohe Schwerkraft Goms dafür sorgen,
daß in spätestens zehn Minuten die Atmosphäre wieder
einigermaßen klar ist.«
»Danke«, erwiderte Tifflor knapp. Zu Raleigh gewandt,
sagte er: »Gehen Sie
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