PR TB 013 Sternkolonie Troja
plötzlich wußte er, was Babbo zugestoßen war.
Dicht an der Wand des Hauses wuchs eine Pflanze. Ein faustdicker
Stengel, ähnlich wie der Stamm einer Sonnenblume, drang aus dem
Boden und ragte senkrecht bis zu einem der Fenster in die Höhe.
Dort beugte er sich zur Seite. Der Pflanzenkopf mußte durch das
Fenster gedrungen sein. Tiff sah Glassplitter am Boden liegen.
Pip stieß einen erstickten Schrei aus. Tiff musterte die
merkwürdige Pflanze lange und nachdenklich, bis er seiner Sache
sicher war.
„Sowas hier schon mal gesehen?“ fragte er den Scout,
ohne sich nach ihm umzudrehen.
„Nein“, flüsterte Pip. „Noch nie.“
„Dachte ich mir“, sagte Tiff. „Ein Würgemaul.“
Pip war viel zu entgeistert, um auf die Bemerkung einzugehen.
„Paß auf“, befahl ihm Tiff. „Ich werde das
Ding jetzt umlegen. Sieh dir's genau an!“
Er zog den Blaster aus dem Gürtel und machte ihn schußbereit.
Dann trat er hinter dem Busch hervor und ging auf den Zwischenraum
zwischen den beiden Häusern zu. Er trat fest auf, als wollte er
den umgegrabenen Boden feststampfen.
Die Pflanze fing an, sich zu bewegen. Der dicke, mit feinen Haaren
bedeckte Stamm begann zu zucken. Der
Hals krümmte sich noch mehr und glitt langsam rückwärts,
aus dem zerbrochenen Fenster heraus. Tiff hustete laut und anhaltend.
Die Pflanze beschleunigte daraufhin ihre Bewegung. Drinnen im Haus
hörte die Frau zu schreien auf.
Tiff blieb stehen. Er war jetzt noch fünf Meter vom Stamm des
merkwürdigen Geschöpfs entfernt. Der Pflanzenhals
schlängelte und wand sich, um den Kopf aus der zersplitterten
Scheibe zu befreien. Schließlich hatte er es geschafft. Ein
blütenähnliches Gebilde aus großen, fleischigen,
blutroten Blättern kam zum Vorschein, schien schwankend und
zuckend ein paar Sekunden lang den richtigen Kurs zu suchen und
schwang dann herum, um sich Tiff zuzuneigen.
Tiff wartete gespannt. Die Pflanze hatte keine Eile. Sie besaß
genug Erfahrung um zu wissen, daß ein Opfer, einmal in solche
Nähe gelangt, nicht genug Kräfte mehr besaß, um sich
rasch zu bewegen. Fast bedächtig kam der rote Blütenkelch
auf Tiff zu, und Tiff sah deutlich das weißlichgraue,
stempelähnliche Gebilde auf dem Grund der Blüte, das auf
ihn zuschnellen und sich an ihm festsaugen würde.
Er ließ noch eine Sekunde verstreichen, dann schoß er.
Ein breit gefächerter Energiestrahl erfaßte die rote Blüte
und verwandelte sie in zischenden Dampf. Der Stamm wand sich und
zuckte wie unter unsäglichen Schmerzen. Aber Tiff hatte seine
Arbeit noch nicht vollendet. Er ruhte nicht eher, als bis er den Rest
der Pflanze ebenfalls verdampft hatte und der Boden dort,
wo sie Wurzel geschlagen hatte, in heller Weißglut kochte.
Er steckte den Blaster wieder ein, wich zurück, als die Hitze
des brodelnden Gesteins unerträglich wurde. Er winkte Pip, der
aus seiner Deckung hervorkam und kehrte mit ihm, zwischen den
nächsten beiden Häusern hindurch, auf die Straße
zurück.
Die Menge war zurückgewichen. Das Strahlfeuer hatte sie
erschreckt. Tiff schrie die Leute an:
„Es ist alles vorbei! Jemand kann jetzt ins Haus gehen und
nach Oliva sehen!“
Niemand rührte sich. Die Menge starrte ihn an, als sähe
sie ihn zum erstenmal. „Wer ist Babbos Stellvertreter?“
fragte Tiff.
„Er hatte keinen“, sagte Pip leise. „Ursprünglich
war es Hinner, dann zog Hinner mit seinen Leuten nach Eighteen Holes
aus, und Babbo hielt keine Neuwahl ab.“
Tiff sah sich um. Er suchte George, den Arzt. Aber George war
nirgendwo zu sehen.
„Komm, Pip“, forderte er schließlich den Scout
auf, „wir gehen hinein.“
Alles, was Pip zu seiner Zufriedenheit brauchte, war ein Mann, der
ihm sagte, was er tun sollte. Gehorsam folgte er Tiff auf den Fersen,
als der auf den Eingang des Hauses zuschritt und die Tür
öffnete.
Merkwürdiger Geruch drang ihm entgegen. Er erkannte ihn
wieder. Es war lange her, seitdem er ihn zum letztenmal wahrgenommen
hatte, drei lange Jahre seit jener Zeit im Trainingslager, als ein
paar auserwählte Offiziere der Raumflotte mit den Gefahren des
Alls vertraut gemacht wurden.
Das Haus war totenstill. Die Türen standen offen. Tiff rief
Olivas Namen, bekam aber keine Antwort. Er überflog die leere
Küche mit einem kurzen Blick, dann wandte er sich den beiden
rechts gelegenen kleineren Zimmern zu. In einem hatte er gestern
Babbo gegenübergesessen. Das zweite war das Schlafzimmer. Die
Decken auf den Betten waren zerwühlt und beiseite
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