PR TB 023 Der Einsame Von Terra
eine
Reihe bestimmter Männer besitzen durfte, infolge des langen
Laufes präziser ausgerichtet und ermöglichte genauere
Treffer auf weitere Entfernungen. Der Griff war kunstvoll verziert;
aus rein ästhetischen Gründen hatte Seymour sich von einem
Mitglied des Schmuckschmiedeklans Jagdszenen in den Stahl gravieren
und mit Metallfluß ausgießen lassen.
Der Mann griff in ein anderes Fach, zog dort die leichte Tasche
mit dem Lederriemen hervor und schnallte sie sich unter die linke
Achsel. Er sicherte die Waffe erneut und steckte sie hinein.
Er zog die leichte, schwarze Jacke aus Synthetiks an, deren Ärmel
auf der Oberseite wie enge Leitern abgesteppt waren, klappte den
Kragen zurück, schaltete das Licht aus und verließ seine
Wohnung. Hinter ihm versperrte sein komplizierter Schlüssel die
stählerne Tür; jeder Versuch, das Schloß ohne das
abgestimmte energetische Muster zu öffnen, würde einen
Alarm auslösen. Die Wachroboter waren ab siebzehn Uhr voll
aktiviert.
Seymour fuhr in die Stadt, um dort auf die Neuigkeiten zu warten,
die ihn zweifellos überfallen würden. Die nächsten
Wochen versprachen, außerordentlich interessant zu werden - und
gefährlich.
Er parkte den Wägen unweit der Behausung Korco-Aghans, stieg
aus und ging auf das Haus zu; sehr gerade und dennoch in einer Weise,
die entfernt an ein Raubtier erinnerte.
*
Es war, als könnte sich auf dieser Welt Shand'ongs nichts
finden lassen, das der Definition des Normalen entsprach. Das
steinerne Haus mit dem flachen Holzdach, in dem der greise Mediziner
aus Araion lebte und manchmal auch arbeitete, bestärkte diese
Vermutung; alles war sehr eigentümlich. Die Behandlungsräume
des Ara waren sauber, von einer klinisch anmutenden Aufgeräumtheit.
Sie paßten nicht zu ihm und seiner Erscheinung. Blitzende
Maschine standen darin und ein fast surreal anmutender
gynäkologischer Untersuchungsstuhl, und weißlackierte
Regale voller Medikamente. Aus
einem archaischen Sterilisator stieg eine feine Dampfwolke auf.
Den seltenen Besuchern fiel an den Privaträumen auf, daß
die Einrichtung genau das Wesen Korco-Aghans widerzuspiegeln schien.
Sie stand in einem fast brutalen Gegensatz zur Ordination - nur noch
Netze fleißiger Spinnen fehlten, um den Eindruck eines
Gerümpelspeichers zu vervollkommnen. Angebrochene Stühle,
aus K'tin Ngecis Werkstätten stammend, ein großer, aber
wackeliger Holztisch mit vernarbter, verbrannter Platte, darauf eine
Schirmlampe, deren blakende Fischölflamme eine stinkende
Helligkeit verbreitete - die Erfindung des elektrischen Stroms hatte
offenbar erschrocken vor diesem Raum haltgemacht. An den Wänden
hingen, mit rostigen, viel zu großen Nägeln befestigt,
Farbfotos von Araion, auf denen fast nichts mehr zu erkennen war.
Elisabeth versuchte, sich eine bequemere Lage zu verschaffen.
Irgendwelche Federn der durchgesessenen Liege knirschten
protestierend auf, und Holz knackte. Erschrocken gab das Mädchen
auf, angelte nach einem Kissen und lehnte sich an die Wand. Vor ihr
lagen die Reste eines niedergetretenen Teppichs.
In einem hochlehnigen Stuhl saß Aghan. Er erzählte
gerade eine einer abenteuerlichen Geschichten, die er mit
verschiedenen Sprachbrocken und einer sehr dramatischen Gestik
untermalte: Ein schwieriger medizinischer Eingriff, der das Leben
einer sehr hochgestellten Persönlichkeit eines fernen Planeten
rettete. Aghan hatte sich damals nur mit Mühe vor den Ehrungen
retten können.
Vor Aghan stand ein Glas mit Ssagis eigener Produktion und
versuchte, den Geruch der Lampe zu neutralisieren - vergeblich.
Seymor kam aus der Wildnis, die Aghan als Garten zu bezeichnen
wagte und die das Haus von der Straße trennte, und trat über
die Terrasse in den Lichtschein. Der Mann begrüßte
Elisabeth und dann den Arzt.
»Welche Ehre!« krächzte Aghan. »Sehr hoher
Herr besucht sterbenden Armenarzt.« Seine Knochenhand streckte
sich aus und griff mit kalten Fingern nach Seymours Gelenk. Der Ara
schürzte die Unterlippe und sah nach der Uhr. »Reichlich
spät. Spielen wir eine Runde?«
»Keine Lust«, erwiderte Seymour und setzte sich
behutsam neben Elisabeth auf die Liege. »Ich habe etwas mit
Ihnen zu reden, Aghan. Etwas, das aus weniger Dichtung besteht und
aus mehr Wahrheit. Sind Sie dazu willens?«
Der Ara kicherte hohl.
»Eine kleine Inquisition, mein kluger, edler Freund?«
»Keineswegs. Sagen wir: Eine Aufklärung.«
»Fragen Sie. Später doch ein kleines Spiel?«
»Vielleicht...«, tröstete
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