PR TB 023 Der Einsame Von Terra
Seymour und lächelte.
Setzte man statt des gewohnten, starren Maßstabs einen
variablen an, dann war Aghan auf seine Weise unterhaltsam. Man mußte
nur andere Vorzeichen setzen.
Seymour rückte etwas näher an Elisabeth heran, entfernte
mit spitzen Fingern ein blauschillerndes Insekt aus dem Haar des
Felles und lehnte sich an die Wand.
»Wissen Sie, Mädchen . . .«, begann Aghan und
ließ die Flüssigkeit in dem Glas schaukeln, »Ihr
Freund verkörpert für mich den Stamm der Terraner, wo er am
edelsten und klarsten ist. Keine sichtbaren Gefühle,
sorgfältige, sehr gut durchdachte Rede, vorzügliche
Umgangsformen - er denkt stets vorher. Ich schmeichle mir, ihn noch
nie impulsiv handelnd gesehen zu haben. Er verbirgt seine Welt
sorgfältig vor uns allen. Auch vor Ihnen, meine Liebe.«
Elisabeth lächelte unsicher.
Aghan fuhr fort: »Außerdem hat alles, was er tut,
Stil. Die Waffe zum Beispiel, die er unter seiner linken Schulter
trägt, ist einer von vielen Beweisen. Der Griff eines solch
prosaischen Stücks ist herrlich graviert. Und wenn Sie erst
einmal seine Wohnung in jenem Turm voller Technik kennen -und ich
zweifle nicht daran, daß sein Charme Sie bald dorthin führen
wird -, werden Sie meine Ansichten bestätigt finden.«
Korco-Aghan sprach das Terranisch in einer vorzüglichen
Weise; überhaupt war der Ara alles andere als ungebildet. Er
verkörperte den Typ des alten Globetrotters, der sich zum
letztenmal hinsetzt, um sitzenzubleiben.
Seymour begann schallend zu lachen.
»Wenn ich Sie, Aghan, nicht so sehr schätzen würde,
müßte ich Ihnen jetzt böse sein. Sie haben
selbstverständlich recht, aber...«
»Auch das gehört zu Ihren Eigentümlichkeiten,
Freund«, sagte Aghan. »Teillob mit Ganztadel; so heißt
es wohl bei Ihren Psychologen. Zuerst stimmen Sie mir zu, um in der
nächsten Zeile mit scharfer
Überlegung zu beweisen, daß ich keine Ahnung habe.
Stimmt es?«
»Selbstverständlich«, grinste Seymour
niederträchtig.
»Im Ernst, mein Freund«, fragte Aghan, und es war
deutlich zu merken, daß er auf diese Gelegenheit gewartet
hatte. »Ich würde Sie gern erleben, wenn Sie das
sphinxhafte Gebaren ablegen. Was würde da aus unserem verehrten,
makellosen Chef entstehen? Ein Witzbold, ein gnadenloser Killer,
einer jener technikverbreitenden Inquisitoren, ein Cortez des
vierundzwanzigsten terranischen Jahrhunderts? Wer weiß ...«
Bedächtig, fast formell zündete sich Seymour eine
Zigarette an, vergaß, Elisabeth eine anzubieten, holte dies
nach und entschuldigte sich. Dann lehnte er sich wieder zurück
und stieß eine Rauchwolke aus.
»Sie können eine Erklärung haben, Aghan. Wollen
Sie eine?«
»Nichts würde mich mehr interessieren, Seymour.«
»Ich sitze hier und habe für den gesamten Bezirk die
Verantwortung. Es beginnt damit, daß vielleicht einmal die
Frachtrate für eines der unzähligen Schiffe nicht erfüllt
wird und hört damit auf, daß unbekannte Männer
kommen, die hier herumfotografieren und katalogisieren wollen, was
ich ihnen nicht ganz glaube. Wenn auch nur die geringste
Unkorrektheit passiert, bin ich der Schuldige. Glauben Sie, daß
diese Verantwortung geeignet ist, einen fröhlichen und stets
heiteren Menschen zu bilden?« »Keineswegs. Aber durchaus
einen, der sich nicht mit der Perfektion eines Komputers benehmen
muß.«
»Sie vergessen die natürliche Begrenztheit des
Menschen.«
»Die Sie, Seymour, ad absurdum führen wollen - oder es
wenigstens versuchen.«
Der Dialog wurde schnell und hart geführt; plötzlich
schien Aghan verborgene Kräfte hervorgebracht zu haben.
»Ich versuche nur, so zu sein, wie es erwartet wird.
Vertrauen Sie einem Neurotiker?«
»Nein. Wer aber sagt Ihnen, daß diese Form des
Behaviorismus nicht eine milde Neurose ist, schon seit Jahren?«
Seymour schnitt eine Grimasse und schnippte seine Zigarette hinaus
in die dunkle Wildnis des Gartens.
»Das hieße, erst einmal diesen Begriff und dessen
Grenzen genau festzulegen. Ich glaube nicht, daß es eine
Neurose ist, noch daran, daß es sich zu einer aus wächst.«
»Warum zeigen Sie Ihren Mitmenschen niemals Ihr wirkliches
Gesicht?«
Sofort antwortete Seymour:
»Geht es diese Mitmenschen etwas an? Sie haben meist genug
damit zu tun, mit sich selbst ins reine zu kommen. Ich habe das schon
vor Jahren praktiziert. Und ob ich leide oder nicht... wen geht das,
verdammt, etwas an. Das ist ein Bezirk, den ich nicht zeige.«
»Leiden Sie?« fragte Korco-Aghan. »Ja.«
Das
Weitere Kostenlose Bücher