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PR TB 023 Der Einsame Von Terra

PR TB 023 Der Einsame Von Terra

Titel: PR TB 023 Der Einsame Von Terra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Perry Rhodan
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Schweigen dauerte etwa dreißig Sekunden, in denen nichts
geschah außer einigen Atemzügen und dem trockenen
Geräusch, mit dem Aghan sein leeres Glas niederstellte.
    »Wenn ich als menschenähnliches Wesen, aber nicht als
Terraner, gefragt werden würde, was die Natur des Menschen sei,
dann müßte ich eine etwas ungewöhnliche Antwort
geben.«
    »Welche?« fragte Seymour und beugte sich etwas vor.
    »Der Mensch ist nichts anderes - biologisch gesehen - als
ein Bündel aus Knochen, Muskeln, Organen und Blut, alles
gesteuert durch ein Gehirn. Der Mensch lebt ständig am äußersten
Rand seiner Möglichkeiten, indem er versucht, sich weit über
die Ebene des bloßen Existierens hinauszuerheben. Er steht
ständig vor der Aufgabe, ein Problem zu lösen, das er sich
selbst stellte. Und doch wird er jeden Moment daran erinnert, daß
er ein lebendes Wesen ist. Versuchen Sie sich vorzustellen, wie ein
Eroberer mit Zahnschmerzen wirkt.«
    »Teilweise haben Sie recht.« Seymour griff nach der
Hand von Elisabeth, und sie verschränkte ihre Finger mit seinen.
    »Perry Rhodan mit Magenschmerzen, Atlan mit einem
Bandscheibenschaden, Bull, der einen entzündeten Blinddarm hat -
wirkt das nicht ungemein lächerlich?«
    »Sie entwickeln abstruse Vorstellungen, Aghan.«
    Seymour schüttelte den Kopf, lächelte dabei aber.
    »Verstehen Sie, was ich meine? Die Würde des Menschen
ist in dem Moment an ihrem Ende angelangt, an dem die Natur eingreift
und uns allen zeigt, wie sehr wir vom Funktionieren der einfachen
Zelle abhängig sind. Von Alexander dem Großen bis zujeder
beliebigen Persönlichkeit der

    Neuzeit können Sie sehen, wie sehr einfacher, nackter Schmerz
die Größe der Person zerstört oder ins Lächerliche
zog.«
    Seymour nickte, schwieg aber weiter.
    Korco-Aghan, der sich auf vertrauten Pfaden bewegte, sprach
weiter.
    »Und wir alle sollten uns mit Dingen zufrieden geben, die in
unserem näheren Bereich liegen. Arbeit, Leben, eine gewisse
materielle Sicherung und ein Partner, der das Höchstmaß an
Zuneigung zu geben imstande ist... alles Dinge, die so einfach sind
und so lächerlich, und dennoch so sehr prägend. Sie wären
ein reizender Mensch ohne diese Sucht, ein Ideal zu verkörpern.«
    Seymour grinste sarkastisch, neigte den Kopf etwas vor und sah
Aghan in die farblosen Augen. »Zurück also zum einfachen
Leben - auf Shand'ong. Glauben Sie, daß dies sehr geistreich
war?« »Keineswegs«, antwortete Aghan, »aber
richtig.«
    »Aber nicht für mich«, beharrte Seymour. »Ich
bin ebenfalls von meinem Hirn abhängig. Das ist richtig. Dieses
Hirn ist aber vollgepfropft mit Erinnerungen, Vorstellungen und
Wünschen, mit Niedergeschlagenheit und Sehnsucht, mit
Vorstellungen eines glücklichen Lachens und mit der Unruhe, die
ich nicht erklären kann. Und sie wagen es, mir dafür als
Heilmittel ein behagliches Fischerdasein anzubieten, Aghan?«
    »Ich wage es. Warum? Weil ich erkannt habe, daß
letzthin alles hier endet. In dem Verglimmen einer Kerze, der das
Wachs fortgelaufen ist. Im Versickern des letzten Regens, der mit dem
Sturm kam, in den Kieseln des Flußbettes. In der Dämmerung
vor der letzten Dunkelheit.«
    »Noch ist es Tag.«
    Korco-Aghan entblößte seine Zähne zu der Travestie
eines Lächelns, als er antwortete:
    »Ich bin rund sechzig terranische Jahre älter als Sie,
Seymour. Ich erlebe, was Sie erst ahnen. Ich kenne das Ende, an das
zu glauben Sie sich weigern. Es gibt nichts - oder kaum etwas -, das
mich dazu bringen könnte, noch zu handeln. Ich lasse handeln.
Andere ...«
    Erschöpft schwieg Aghan, lehnte sich in dem Stuhl zurück
und sagte dann matt: »Darf ich Ihnen einen Ssagis anbieten?«
    »Danke«, erwiderte Seymour, »ich weiß, daß
Sie ihn selbst destillieren. Ich bin kein Selbstmörder.«
»Das nicht, aber enorm niederträchtig. Eigentlich wollten
Sie mich etwas fragen. War es nicht so?« »Eigentlichja.
Sind Sie dazu noch in der Lage?«
    Aghan stand auf, blickte auf seine Uhr, die an einer Kette aus
getrockneten, polierten Ssagiskernen hing, schritt steifbeinig zu
einem der Regale hinüber und holte eine Flasche hervor, goß
sein Glas wieder voll und sagte nach einem tiefen Schluck:
    »Ja. Ich bin noch in der Lage. Ich könnte eigentlich
noch eine ganze Menge anderer Dinge tun, aber ich mag nicht mehr. Ich
bin zu alt dazu.«
    »Eine Frage«, sagte Seymour. »Ich habe noch nie
bemerkt, daß Sie Eingeborene behandeln. Ist denn von denen
keinerjemals krank?«
    Das Schweigen dauerte länger,

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