PR TB 023 Der Einsame Von Terra
Quattaghan.«
Der Eingeborene war erstaunt, daß ihm Seymour die Hand
gereicht hatte; es war eine Geste unter guten Freunden.
»Quattaghan ... so. Was gibt es zu sagen?«
Der Shand'ong zwinkerte mit den Augen, dann verzog er hysterisch
das Gesicht und hob die Hand. Er zog den Saum seines kurzen Umhanges
zusammen, als ob er vor Kälte zitterte. Dann stieß er
einen zischenden Laut zwischen Lippen und Zähnen aus und sagte
heiser:
»Die beiden Terraner sind verschwunden ...«
»Ja?«
»Sie haben den Mann vom Wächterklan niedergeschlagen,
mit einer Waffe betäubt und dann an eine Ssagis gefesselt. Sie
gaben ihm eine Spritze und fragten ihn aus. Er redete eine Stunde
lang. Was sie fragten und was er sagte - ich konnte es nicht hören.«
In der Dunkelheit hörte man den erschreckten Atem Seymours.
Er wußtejetzt genau, was dort geredet worden war.
»Es gibt ein Medikament, das man dem Opfer einspritzt, dann
redet es und kann nichts anderes sagen als die Wahrheit. Ich habe die
Burschen tatsächlich unterschätzt. Weiter . . .«,
sagte Seymour leise. »Dann banden sie ihn wieder los, und der
Mann, der sich Veronoff nennt, schlug ihm mit der Kante der Hand
gegen den Hals. Dann versuchten sie, alles wie einen Unglücksfall
aussehen zu lassen; sie legten den Wächter unter einen Felsen,
nachdem sie entsprechende Spuren vorbereitet haben. Ich habe
»Was, Mann, rede!«
Eine braune Hand kam unter dem Umhang hervor, und im Sternenlicht
sah Seymour etwas Glänzendes, Kleines, Rechteckiges mit einem
offenen Auge darin. Es war eine Miniaturkamera, ein terranisches
Erzeugnis, diejenige, mit der Quattaghan offensichtlich auch Corinna
fotografiert hatte, als sie an der Theke des »Skaphanders«
gesessen hatte.
»Du hast alles damit aufgenommen?«
Der Shand'ong nickte.
»Dein Name?«
»Noyahrt, Seymour.«
Seymour sprach leise, aber seine Stimme war fest. »Wenn dies
alles hier vorüber ist, Noyahrt, dann werde ich zu der Mutter
deines Klans gehen und eine große Ehrung für dich
beantragen.«
Der Shand'ong kicherte nervös.
»Wenn wir beide dann noch leben, Terraner.«
»Wir werden, verlasse dich auf mich«, erwiderte
Seymour. Dann fragte er: »Ist das alles?«
»Nein. Noch kommt einiges, Seymour Alcolaya. Die beiden
Männer suchten dann noch einige Stunden. Sie gruben verschieden
alte Ssagisschößlinge aus, fingen einige hundert
Nacoonfliegen, sammelten Früchte und Nadeln der Ssagis ein und
nahmen dem Wächter die Kalebasse mit Tau ab. Sie ließen
die schwebende Plattform zurück und flohen.«
»Wohin?«
»Oben, nördlich. Hinter den Wohnhängen, hinter dem
Haus von Nkalay. Um den Hafen führt eine Umgehungsstraße.
Dort liegen sie im Gebüsch. Sie hatten einen kleinen Kasten bei
sich, aus dem ein langer Draht in den Himmel zeigte. Eine kleine
Lampe brannte in dem Kasten, und sie erlosch, als der große
Mann mit der Brille hineingesprochen hatte. Dann entfernte er sich
wieder und kam eine Stunde später zurück, aber nicht
allein.«
»Sie haben ein Schiff oder ein Beiboot angerufen ...«,
murmelte Seymour. Dann erfaßte er erst die volle Bedeutung des
letzten Satzes. Er fühlte, wie von der Kugel zwischen seinen
Brustwirbeln ein Strom von Kälte ausging und sich über den
gesamten Rücken ausbreitete.
»Sprich weiter«, sagte er übernatürlich
ruhig.
»Sie hatten das Mädchen dabei, jenes, mit dem du immer
gesehen wirst. Ich konnte es nicht verhindern. . .«
Seymour schwieg.
Er hatte in seinen früheren, den »wilden« Jahren,
wie er sie manchmal nannte, eine Menge eingesteckt und ausgeteilt; es
gehörte zu der Art des Lebens, das er geführt hatte. Und
das, was jetzt mit ihm geschah, war ebenfalls nicht mehr neu; er
kannte es sehr gut. Er gehörte in diese Welt, in der es
keineswegs nur Edelmut gab, sondern eine ganze Menge erbärmlicher
Leute und mehr als erbärmlicher Vorgänge. Er kannte dies
alles. Er kannte es sehr genau, und weil er es kannte, haßte er
es aus tiefstem Herzen. Er war nahe anjener Grenze, die seine Gefühle
abkippen ließ, in den Raum, in dem Menschen zu kalten,
gefährlichen Raubtieren werden und keine Furcht mehr kennen.
Weder Furcht noch Mitleid noch andere menschliche Regungen. Nicht
mehr viel, und er verließ das Gebiet, auf dem er sich nochjetzt
befand.
»Lebt sie noch?« fragte er heiser.
Der Shand'ong nickte eifrig. »Sie ist betäubt.«
»Wo ist die Stelle genau?« fragte Seymour.
Der Shand'ong zeichnete auf seiner Handfläche einen Kreis,
deutete auf das Ende des
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