PR TB 042 Das Erbe Der Jahrtausende
Eingang
eines der steinernen Häuser. Dort stand, mitten zwischen den
reichgeschnitzten Pfosten, eine Schönheit, nicht älter als
dreißig planetare Jahre. Sherpa ging langsam auf sie zu und
blieb dicht vor ihr stehen. Dann lächelte er knapp und verbeugte
sich. Als er wieder aufsah, erwiderte Dembele sein Lächeln.
»Es erstaunt dich, hier keine Männer zu sehen, weißer
Mann?«
»Nein, Dembele«, sagte Sherpa. »Ich gehöre
zu den Menschen, die nur noch selten staunen. Indes; es ist etwas
merkwürdig. Männer, sagt man, sind zu vielen Dingen zu
gebrauchen.«
Dembeles Lächeln war nicht einmal ironisch, als sie
antwortete:
»Sie sind nur selten zu gebrauchen, und dann verursachen sie
nichts als Ärger. Wir dulden sie, und wir lachen über sie.«
Sherpa blieb ernst.
»Das tun zwar alle Frauen in der gesamten Milchstraße,
schönste der Herrscherinnen, aber immerhin ist den Männern
in anderen Kulturen wenigstens noch die Jagd gestattet oder vielmehr
vorgeschrieben. Die besten Bissen freilich bekommen die Frauen.
Wenigstens bei uns.«
Dembele machte eine wegwerfende Bewegung.
»Männer! Wozu braucht man sie an anderen Orten? Um
Kriege zu führen, um zu reden, endlos zu reden.. ohne
Ergebnisse. Um zu arbeiten? Alles, was sie können, können
wir besser und schneller. Aber schließlich bist du ja nicht
gekommen, um mit mir über Männer zu reden. Ihr werdet
hungrig sein?«
Sherpa drehte sich um und bemerkte, wie einige Kolonisten
neugierig zusahen und darauf warteten, daß etwas geschah.
»In der Tat«, sagte Sherpa. »Ist es bei euch
üblich, daß Männer bei den Mahlzeiten anwesend sind?«
Dembele schüttelte den Kopf.
»Nein. Aber heute abend habe ich veranlaßt, daß
die fünfzehn Männer deiner Begleitung inmitten meiner
Jägerinnen sitzen dürfen. Werdet ihr mit uns essen?«
»Mit dem größten Vergnügen.«
Er zog eine seiner Zigarren hervor, zündete sie an und blieb
auf den Stufen des Hauses stehen, um Dembele anzusehen. Sie wäre
sogar in Terrania aufgefallen. Und diese Stadt schmeichelte sich
nicht zu Unrecht, daß da alles möglich war, alles zu sehen
war, alles zu kaufen, zu mieten oder zu importieren war. Dembele wäre
selbst zwischen den planetaren Räten aufgefallen. Sie war eine
Schönheit, aber von vollendeter Eleganz, die man hier in den
Wäldern Eight Wombats niemals vermutet hätte.
»Wann beginnt das Essen?« fragte Sherpa.
»Wenn die Sonne nicht mehr sichtbar ist.«
Sherpa drehte sich um; die Scheibe versank zwischen beiden Bergen
am Talabschluß und berührte eben mit dem unteren Rand der
Scheibe den Horizont. Etwa zwanzig Minuten.
»Wo?«
Sie deutete über ihre Schulter.
»Hier. Es gibt erlesene Kostbarkeiten. Schließlich
erwarten wir euch schon seit drei Tagen. Aber ihr haltet unterwegs
häufig und tut Dinge, die mir unverständlich sind.«
»Ich werde diese Dinge erklären, wenn ich beim Essen in
deiner Nähe sitze«, sagte Sherpa.
Sie legte den Kopf etwas schräg und erwiderte: »Natürlich
ist der Sessel neben mir für dich leergeblieben.«
»Zuviel Ehre für einen einfachen Mann.«
»Jedem das, was er verdient. Du bist Herrscher dieser
Mädchen und - Männer, und ich bin Herrscherin über das
namenlose Dorf.«
»So ist es.«
Sherpa ging, um seine Leute von den Dingen zu unterrichten, die
sie erwarteten. Er schloß:
»Ich verzichte darauf, etwas zu erklären. Ich stehe der
Situation ebenso hilflos gegenüber wie ihr. Ich kenne vieles und
manches.. das hier ist mir neu.«
***
»Das ist unglaublich!« brummte Sherpa und hielt ein,
als er sein Reservehemd aus dem Gepäck holte. Er schüttelte
den Kopf. Eben hatte er sich in der Nähe der steingefaßten
Wasserstelle rasiert und gewaschen,
jetzt wechselte er sogar die Wäsche.
»Ich lande als menschlicher Schrott am Rand der Galaxis,
kämpfe mich durch eineinhalbtausend Kilometer Dschungel und
versuche, nur weil mich eine gereifte Schönheit zum Dinner
einlädt, wie ein Kapitän auszusehen. Verrückt.«
Er warf das Hemd wütend in die Satteltasche zurück.
Dann setzte er sich wieder und zog an seiner Zigarre. Schließlich
zog er das neue Hemd an, bürstete sein kurzes Haar - eines der
Mädchen hatte es vor ein paar Tagen geschnitten, mehr mit gutem
Willen als mit Sachkenntnis - und wusch seine Stiefel. Dann deutete
er mit dem Finger gegen seine Schläfe und ging zurück ins
Dorf.
Er fühlte sich in tadelloser Form. Im Moment war er auch von
der lähmenden Gleichgültigkeit befreit, und hier herrschte
eine
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