PR TB 052 Der Untergang Des Solaren Imperiums
den
blühenden Strauch wandern und - erlebte seine zweite
Überraschung. Innerhalb der Vitrine, auf der, lockeren Erde, an
den Blüten und in der Luft, tummelten sich Lebewesen von
vielleicht eineinhalb Zentimeter Länge und einer
Flügelspannweite von drei Zentimetern.
Rhodan wurde sofort an einen Ameisenhaufen erinnert"
zumindest was die aufgeregte Geschäftigkeit betraf, aber es
bestand der Unterschied, daß es sich hier wohl kaum um Tiere
handelte, sondern um intelligente Insekten. Denn Tiere besaßen
weder Kleidung, noch technische Hilfswerkzeuge.
Anfangs beachteten die Ameisenwesen Rhodan überhaupt nicht;
sie schlugen mit winzigen Krummsäbeln die Rinde vom Stamm des
Strauches, bohrten Löcher hinein und schraubten
Kunststoffschläuche in die so entstandenen Öffnungen; die
Schläuche wiederum mündeten in zierliche Maschinen, die
fest im Boden verankert schienen.
Andere Ameisengruppen umschwärmten die Blüten und
sammelten die reifen Blätter ein, oder sie holten den Staub von
den Blütenstempeln ein oder nahmen Veredelungen vor. Sie
schnitten Verkümmerte Jungtriebe ab setzten sie an anderer
Stelle ein oder warfen sie in den Trichter einer verhältnismäßig
großen Maschine, die sie zerhackte. Was mit diesen derart
entstandenen Halbprodukten geschah, konnte Rhodan nicht sehen, denn
sie verschwanden alle auf irgendeine Weise in der lockeren Erde.
Rhodan beobachtete gerade eine Arbeitsgruppe, die an einem
Miniaturflaschenzug einen dreißig Zentimeter langen Ast vom
Boden in eine Höhe von zwei Metern hievten. Plötzlich
erstarrte das ganze Ameisenvolk wie auf Befehl zu vollkommener
Regungslosigkeit. Und Rhodan hätte das Gefühl, daß er
von diesem Augenblick an aus Tausenden von Facettenaugenpaaren
beobachtet wurde. Ein Schauer rann ihm über den Rücken.
Was ist geschehen, Sir? vernahm er Marshalls Frage in seinem
Geist.
Was soll geschehen sein, entgegnete Rhodan gegen seinen Willen.
Ich meine nur- weil Ihre Gedanken in Aufruhr sind.
Es ist nichts weiter, John. Diese Antwort kam wieder gegen Rhodans
Willen. Warum hatte er nicht Marshall befohlen, sich zu beeilen?
Warum wandte er sich nicht ganz einf ach von der Glasvitrine ab? Er
wollte es tun, er sagte sich:jetzt drehe ich mich um und verlasse
diesen Platz - aber er führte sein Vorhaben nicht aus. Irgend
etwas war stärker als sein Wille. Und die Ameisenwesen starrten
ihn weiterhin an. Ihm war, als riefen ihm -ihre Augen zu: Befreie
uns; wir sind gefangen!
Wie soll ich das tun? Wer immer diese Insektenwesen in diesem
seltsamen Kerker eingesperrt hatte, hatte keine Gebrauchsanweisung
für ihre Freilassung hinterlegt.
Das erste Gefühl der Panik war von Rhodan gewichen. Er wußte,
daß die Ameisenwesen ihm nichts antun wollten, sie ersehnten
nur die Freiheit. Rhodan haßtejede Art von Unterdrückung,
aber wie konnte er hier helfen? Er wußte es nicht - oder doch?
Wie von selbst wanderte seine Rechte über das Schaltpult, zum
Hebel mit der Nummer 23. Und die Ameisen starrten auf ihn.
Was bedeutet das, Sir, daß Sie Hebel Nummer dreiundzwanzig
betätigen wollen? erkundigte sich Marshall.
Ich befreie eine geknechtete Rasse von ihren Fesseln, erwiderten
Rhodans Gedanken automatisch, und er versuchte, an Marshall die
Eindrücke weiterzugeben, die ihm die Ameisen vermittelt hatten.
Vor einigen Jahrhunderten noch hatten sich die Ameisenwesen ihrer
Freiheit erfreut, sie bevölkerten den ganzen Planeten. Dann
kamen die Menschen des Solaren Imperiums - die Zy - und bezwangen sie
mit der Macht der Psynetik. Die Angeassys, wie sich die Ameisenwesen
nannten, wurden in die gläsernen Käfige gesperrt und zur
Zwangsarbeit verurteilt. Sie mußten die berauschenden Säfte
des goldenen Grous-Baumes für die Zy gewinnen. Rebellierten sie,
dann wurden so viele von ihnen getötet, bis der Rest sich wieder
in sein Schicksal ergab.
Rhodan war von diesem Bericht erschüttert, aber trotzdem
warnte ihn sein Unterbewußtsein vor zu schnellen
Entscheidungen. Er hatte Mitleid mit den Angeassys, aber wer konnte
ihm garantieren, daß auch sie mit ihm Mitleid hatten, wenn sie
erst in Freiheit waren ...
Sir, kam Marshalls telepathischer Ruf, was bedeuten diese verw
irrenden Gedanken!
Da ist derHebel 23, dachte Rhodan. Ich drücke ihn herunter
...
Aber er tat es dann doch- nicht. Seine Hand glitt zurück, und
eine andere Willensströmung dirigierte seine Rechte zu einem
anderen
Hebel. Plötzlich war dasAmeisenvolk in der Vitrine in Aufruhr
und schwirrte in einem
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