PR TB 061 Der Planetenkönig
verborgen. Er war bereit, das Theater noch eine
Zeitlang mitzumachen. Sobald er den Herzog zu sehen bekam, würde
er ihm klarmachen, daß er sich etwas Besseres einfallen lassen
müßte, um sich aus der Patsche zu helfen.
Er badete ausgiebig in einer in den Boden des Waschraums
eingelassenen Wanne, die die Größe eines
Privatschwimmbeckens hatte. Kai-Los Ansinnen, ihm beim Ankleiden zu
helfen, wie es die Pflicht eines Kammerdieners war, wies er
entschieden zurück. Er entnahm einem der Schränke einen
Satz passender Wäsche und legte schließlich die Robe des
Zweikämpfers an. Er hatte eine Weile gezögert, Kai-Los Rat
zu folgen, seine Bedenken jedoch schließlich für
unwesentlich gehalten. Außerdem gefiel ihm das Gewand. Es
bestand aus einem Paar enger, bis zu den Waden reichender Hosen und
einem lose fallenden Überhang, der bis knapp unter den Gürtel
hing. Dazu gehörten ein Paar kunstvoll gearbeitete Stiefel und,
wenn er wollte, eine helmähnliche Kappe aus Plastimetall.
Er war gerade dabei, eine Entscheidung für oder gegen das
Tragen des Helmes zu treffen, als sich das Portal öffnete. Er
wandte sich um, um gegen die formlose Verletzung seiner Privatsphäre
zu protestieren - schließlich hatte er drei Minuten zuvor noch
in der Unterwäsche dagestanden -, aber der Anblick, der sich ihm
bot, brachte ihn augenblicklich zum Schweigen.
Eine junge Frau, anscheinend über ihre eigene Kühnheit
erschreckt, stand unter der Portalöffnung und musterte ihn aus
weiten, erschreckten Augen. Sie war mittelgroß, mit langem
Haar, das in merkwürdigen Farbtönen irisierte, und von
vollendeter Figur.
Stoke lächelte ihr zu.
»Haben Sie keine Angst«, sagte er auf anitisch.
»Kommen Sie 'rein.«
Sie zögerte eine Sekunde, dann erwiderte sie sein Lächeln.
Sie trat unter dem Portal hindurch, so daß die beiden Flügel
sich hinter ihr schlossen. Ihre Kleidung war kostbar, jedoch
spärlich. Sie legte es darauf an, die idealen Formen des jungen
Körpers zur Geltung kommen zu lassen. Der kurze, mit
schimmernden Metallfasern durchwebte Rock endete eine Handspanne weit
über dem Knie, und Stoke Derringer, der keineswegs so
weltabgewandt war, wie er sich den Anschein zu geben versuchte,
verbrachte kostbare Sekunden in der Betrachtung eines vollendet
geformten Beinpaars.
Die Frau trat auf ihn zu. Mit einem Lächeln, das zugleich
hilflos und entwaffnend war, sagte sie:
»Ich bin Bao-Nah. Ich wollte den Mann sehen, der es auf sich
nehmen will, meinen Vatervor dem Untergang zu retten.«
Ihr Name war Nai. Das Präfix Bao war unverheirateten, jedoch
heiratsfähigen Töchtern eines Adeligen wenigstens vom Range
eines Fürsten vorbehalten. Sie genossen selbst keinerlei
Adelsrechte. Aber der Titel Bao hob sie von Frauen des übrigen
Volkes ab.
Stoke sah seine Stunde gekommen.
»Jederzeit bereit, einem braven Manne auszuhelfen«,
ließ er sie hören. »Aber so vieles ist mir noch
unklar. Wissen Sie mehr? Können Sie mir... «
Bao-Nah strahlte. Sie hatte Zähne von unbeschreiblicherWeiße.
»Sie meinen Wo und Wie?« unterbrach sie ihn. »Ich
bin sicher, daß es Leute gibt, die Sie darüber viel besser
aufklären können als ich. Im Übrigen.. .«, sie
warf einen hastigen Blick zur Tür hin und fuhr fort, »...
muß ich sofort wieder weg. Vater wäre ärgerlich, wenn
er wüßte, daß ich hier bin. Aber wir sehen uns noch.
Ich werde dabei sein, wenn man Sie offiziell empfängt. Ich
wollte nur... nur... «
Sie faßte ihn bei den Schultern, zog ihn zu sich heran und
küßte ihn auf die Stirn. Dann eilte sie davon. Das Portal
öffnete sich vor ihr, und sie war auf den Gang hinaus
verschwunden, bevor Stoke sich von seiner Überraschung erholt
hatte.
Er schüttelte den Kopf und trat in den Waschraum, um vor dem
großen Wandspiegel seine Aufmachung einer gewissenhaften
Prüfung zu unterziehen. Er fand, daß die Robe des
Zweikämpfers ihm vorzüglich stand. Der lose fallende
Überhang verdeckte die unansehnliche Leibesfülle
vorteilhaft, und selbst das stets widerspenstige Haar hatte sich
unter dem Einfluß anitischen Wassers anscheinend von selbst zu
einer halbwegs akzeptablen Frisur geordnet.
Stoke entschied, die Kopfbedeckung vorerst beiseite zu lassen. Er
nahm sich außerdem vor, nach seiner Rückkehr zur Ende
einen Schneider zu suchen, der die Details der anitischen Mode in
Anzüge nach irdisch-modernem Schnitt einzubauen verstand.
Dann läutete er nach Kai-Lo und ließ den Kammerdiener
wissen, daß er zur Audienz bereit
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