PR TB 061 Der Planetenkönig
Stoke ärgerte
sich über seine Einfalt; aber der Ärger war minimal. Er
steckte bis zur Halskrause in einer Sache, die nach Verschwörung
und Intrige roch. Er hatte sich vorgenommen herauszufinden, worum es
ging, und wenn er dazu gegen Agbro und fünfhundert Gefolgsleute
antreten mußte.
»Man hat mich nicht getäuscht!« strahlte der
Herzog. »Sie sind der Mann, als der Sie mir beschrieben
wurden.«
Stoke erwiderte den Blick mit Zurückhaltung.
»Das mag sein oder auch nicht«, antwortete er kalt.
»Als erstes möchte ich wissen, wer der Gewährsmann
ist, von dem Sie die ganze Zeit sprechen.«
Aus dem Hintergrund des halbdunklen Raumes kam das Geräusch
einer sich öffnenden Tür. Eine dunkle Stimme sagte: »Ich
dachte mir, daß die Frage gestellt werden würde.«
Der Mann trat ans Licht. Stoke erkannte Greg Ohlen.
Hiro hatte in der Beherrschung seines Bodengleiters eine
Gewandtheit erlangt, wie sie unter Anitern selten war. Mehr als das:
Er hatte gelernt zu begreifen, daß dem Meer keinerlei besondere
Boshaftigkeit innewohnte und daß ein Gleiter sich über dem
Ozean genauso sicher zu bewegen vermochte wie über festem Land.
Hiro wählte den sichersten Weg, um nach Tulli zu gelangen. Er
hielt östlich an dem Herzogtum vorbei, flog ein paar hundert
Kilometer weit auf den Nordozean hinaus und beschrieb dann eine weite
Schleife, um sich Tulli-Noe aus nördlicher Richtung zu nähern.
Als die Küste am Horizont auftauchte, nahm er sein
Bordfunkgerät für wenige Augenblicke in Betrieb. Er erhielt
unverzüglich Antwort. Daraufhin änderte er seinen Kurs. Er
hielt jetzt in südwestlicher Richtung und überquerte die
Küste an einer Stelle, die fast zwanzig Kilometer vom westlichen
Rand der Stadt Tulli-Noe entfernt lag.
Dicht hinter der Küste ragten ein paar uralte Felsformationen
auf, an denen das Meer seit Jahrtausenden nagte und die infolgedessen
eigentümliche Formen angenommen hatten. Das abergläubische
Volk von Tulli war überzeugt, daß in den Felsen die
häßlichen Geister des Meeres umgingen. Ein Grund mehr für
Hiro, um die
Lokalität zum ständigen Treffpunkt mit dem Vertrautesten
seiner Vertrauten zu machen.
Er landete den Gleiter an einer Stelle, an der niemand ihn
entdecken würde, der nicht bis auf zehn Meter oder weniger an
den Landeort herankam. Dann stieg er über ein paar vom
Salzwasser zerfressene Felsen hinweg, bis er eine Plattform etwa
dreißig Meter hoch über der Küstenebene erreichte,
von der er freien Ausblick in Richtung der Stadt hatte.
Wenige Minuten später sah er die Staubfahne, die sich von
Tulli-Noe her dem Versteck näherte. Er verließ seinen
Posten und eilte den steil abfallenden Spalt hinab, durch den er
selbst mit seinem Gleiter gekommen war.
Kurze Zeit später tauchte das erwartete Fahrzeug vor ihm auf.
Er stellte sich ihm in den Weg. Der Gleiter wurde rasch, nahezu grob
zu Boden gesetzt. Ein Luk schwang auf. Eine Gestalt sprang heraus und
eilte auf Hiro zu.
Der König breitete die Arme aus. Sekundenlang überwogen
die Empfindungen ätherisch-unschuldigen Glücks und handfest
karnaler Begierde alle Sorgen, die er während der vergangenen
Stunden gehabt hatte.
»Nai-Nai... «, flüsterte er.
Sie schmiegte sich an ihn. Es kostete ihn Anstrengung, sich aus
dem Bann zu lösen. Er faßte sie bei den Schultern und
schob sie sanft von sich weg.
»Dein Vater ist in Gefahr«, sagte er ernst. Boa-Nai
strahlte ihn an.
»Jetzt nicht mehr«, behauptete sie.
Er war nicht überrascht. Bao-Nais Fähigkeiten, die
verwickelten Wege planetarer Politik zu verfolgen und zu enträtseln,
waren von minimalem Umfang. Sie war die Frau, die den Geradeausflug
eines Seeraben für ein gutes Omen auslegen und daraus schließen
würde, daß alle Gefahren, die dem Herzogtum gedroht
hatten, beseitigt waren.
»Tulli wird belagert«, drängte Hiro. »Agbro
hat deinen Vater zum Zweikampf herausgefordert. Er hat Tausende von
Leuten bei sich - genug, um den Zweikampf zu seinen Gunsten zu
wenden.«
»Ich weiß, ich weiß«, lächelte Nai.
»Aber der Herzog hat Hilfe bekommen. Ein einzelner Mann. Er
will Agbro zum Kampf fordern, bevor Agbro seine Forderung überbringt.
Erwird Agbro schlagen, und dann ist alle Gefahrvorüber.«
Hiro starrte sie an.
»Ein einzelner Mann? Wie heißt er?« Bao-Nai hob
die Hände.
»Ich weiß nicht. Ich habe ihn gesehen. Er sieht aus
wie jemand, der weiß, was er tut. Aber ich kenne seinen Namen
nicht.« Hiro nahm sich Zeit zum Nachdenken. Er spürte mit
jeder Faser
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