PR TB 061 Der Planetenkönig
die er gegen mich
aufstellen kann. Wer steht mir zur Seite? Wer kämpft für
mich?«
Er wußte im gleichen Augenblick, daß er die
entscheidende Frage gestellt hatte. Unter des Herzogs buschigen
Augenbrauen schlossen sich die Lider. Ein Ausdruck trat in Tullis
Gesicht, als stünde er auf einer Turmzinne und kämpfte um
Mut für den verzweifelten Sprung in die Tiefe.
»Niemand«, antwortete er dumpf. »Sie kämpfen
alleine.«
Nach zwei oder drei Sekunden maßlosen Erstaunens fing Stoke
dröhnend an zu lachen. Die aufgestaute Spannung der vergangenen
Stunden löste sich in explosiven Zuckungen des Zwerchfells. Er
brauchte Minuten, um sich von dem Anfall zu erholen.
»Meine Hochachtung«, keuchte er schließlich.
»Sie gewinnen den ersten Preis im Wettbewerb derAprilscherze.«
Der Herzog betrachtete ihn ernst.
»Es war kein Scherz. Ihr Gewährsmann berichtete mir,
Sie seien mit diesem Plan einverstanden.«
Stoke warf in komischer Verzweiflung die Arme in die Höhe.
»Welcher Idiot könnte mit so etwas einverstanden sein?«
rief er aus. »Der Fürst Agbro stellt, sagen wir,
fünfhundert Leute gegen mich auf. Ich muß die Mehrzahl
davon schlagen, um den Zweikampf zu gewinnen und Agbros Titel zu
übernehmen. Wenn ich wenigstens einhundert Mann hätte, oder
fünfzig, selbst zehn - dann gäbe es noch keine Aussicht.
Aber ich alleine? Gegen wenigstens fünfhundert Mann?« Er
machte eine wegwerfende Handbewegung, heftiger, als er beabsichtigt
hatte. »Sie sind einem Schwindler aufgesessen.«
Der Herzog schien kaum beeindruckt.
»Sie vergessen zweierlei«, gab er zu bedenken. »Die
geheime Waffe, mit der Sie kämpfen, und die Proportionalität
der Leistung.«
»Geheimwaffe«, spottete Stoke. »Es gibt auf ganz
An'An kein einziges Instrument, das im Zweikampf verwendet werden und
eine besondere Wirkung haben könnte, ohne daß der Gegner
es sofort bemerkt. Und die Proportionalität der Leistung? Ich
bekomme zwei Punkte für jeden Ritter, den ich umstoße,
vier für jeden Baron, acht für jeden Grafen und zwanzig für
den Herausgeforderten selbst. Dafür erhält jeder, der mich
aus dem Sattel wirft, fünfundzwanzig Punkte, weil ich der
Herausforderer bin. Ich muß alleine dreizehn Ritter umlegen, um
für einen einzigen Fehlschlag zu kompensieren.«
»Nicht ganz«, warf der Herzog ein. »Die Zahl der
Punkte, die jeder einzelne erringt, wird quadratiert, sobald er mehr
als einen Gegner beseitigt.«
»Erstklassig«, schnappte Stoke. »Für zwei
Ritter kriege ich also sechzehn Punkte anstatt vier. Das ...«
Der Herzog sank plötzlich in einen Sessel zurück. Er
hatte die Augen geschlossen, und sein Gesicht wirkte plötzlich
fahl und eingefallen. Stoke unterbrach sich mitten im Satz.
»Was ist... ?«
Der Herzog hob müde die Hand.
»Sie sind anders, als Sie mir geschildert wurden«,
sagte er matt. »Ich habe keine Gewalt über Sie. Sie können
gehen, wann es Ihnen beliebt.« Er öffnete die Augen und
sah Stoke traurig an. »Angesichts der Gefahr, die mir droht,
bleibt mir nur wenig von der Herrlichkeit eines regierenden Herzogs.
Aber ein gewisses Maß von Schicklichkeit ist noch übrig.
Ich brauche nicht mit Ihnen zu debattieren. Sie sind, mir hoch
empfohlen worden. Wenn Sie sich trotzdem anders entscheiden, dann
sei das Ihnen überlassen. Gehen Sie, wenn Sie die Aufgabe nicht
übernehmen wollen.«
Mit Stoke ging eine plötzliche Verwandlung vor. Aus der Höhe
seines gerechten Zorns fühlte er sich augenblicklich in die
Tiefe der Schäbigkeit gestürzt. Er war der Mann, der einem
Hilfsbedürftigen die Hilfe verweigerte. Nicht nur das. Er war
derjenige, der einen Auftrag übernommen hatte und die erste
Möglichkeit, sich seiner Aufgabe zu entledigen, beiseite wies,
weil sie ihm zu gefährlich erschien.
Er blickte zu Boden.
»So war das nicht gemeint«, lenkte er ein. »Ich
meine nur, daß noch ein paar Punkte zu besprechen sind. Den
Gewährsmann, von dem Sie reden, kenne ich nämlich nicht.
Ich habe meine Dienste niemand angeboten. Dennoch bin ich bereit, für
Sie einzutreten, wenn auch nur eine halbwegs vernünftige
Aussicht auf Erfolg besteht.«
Der Herzog blühte sichtlich auf. Er kam mit erstaunlicher
Geschwindigkeit aus den Tiefen des weichgepolsterten Sessels hervor
und musterte Stoke aus leuchtenden Augen. Stoke erkannte, daß
er einem billigen, jedoch gut gespielten Trick aufgesessen war. Tulli
hatte keinen Schwächeanfall erlitten. Er war darauf aus gewesen,
Mitleid zu erwecken - und hatte Erfolg gehabt.
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