PR TB 063 Die Tempel Des Todes
lächeln.
„Du hast gut gewirtschaftet, Ti-yaz-gar", sagte ich.
„Nimm die Hälfte des Silbers und teile es durch sechs.
Aber gib den Sklaven nie zuviel auf einmal. Sie würden nicht
verstehen, es richtig auszugeben. "
Er verneigte sich tief. Ich haßte diese devoten Gesten, aber
ich mußte mich der herrschenden Kultur unterordnen. Die
Revolution eines einzelnen war sinnlos, solange das Funktionieren
eines Staates von diesen Dingen abhing.
„Deine Güte, Lugal, ist grenzenlos. Wir danken dir. "
Ich lachte kurz.
„Meine Güte ist die Tochter des Überflusses,
Ti-yaz-gar", sagte ich. „In den nächsten Tagen werden
wir viele Gäste haben. Versuche, die Küche in Bereitschaft
zu halten. "
„Es wird", sagte er, „alles zu deiner besten
Zufriedenheit getan werden. "
Ich hielt die Hände Ni-kaginas fest, die meine Oberarmmuskeln
knetete und richtete mich halb auf.
„Und, um das Maß meiner Zufriedenheit überfließen
zu lassen, kluger Ti-yaz-gar, bringe aus den Truhen drei der
schönsten Becher, die du gekauft hast. Und bringe einen
Ziegenschlauch des besten Weines, den wir im Hause haben. Ich will
mit euch trinken. "
Er verbeugte sich schweigend und zutiefst verwirrt, aber er ging
hinaus, um den Wein zu holen. Dein Edelmut beginnt penetrant zu
werden, nicht wahr, Arkonide? sagte mein Extrasinn. Da es unmöglich
war, einem bestimmten Hirnsektor eine sarkastische Erwiderung zu
geben, schwieg ich. Hier, in diesem großen Raum voller Kühle
und Halbdunkel war die im Moment einzige ruhige Zone meines Lebens,
und ich fragte mich, was ich noch alles zu tun hatte, um in Uruk
genügend Spuren zu hinterlassen. Und auf welche Weise ich meinen
Kampf gegen die nächtlichen Dämonen der Sonne Kesnar
gewinnen konnte. Ich wartete, bis Ti-yaz-gar mit dem Wein kam und
blieb auf der Liege sitzen, den Arm um die Schultern des Mädchens
gelegt.
„Alles das, was ich euch lehre", sagte ich nach einem
tie
fen Schluck, „werdet ihr weitergeben, anderen Menschen
zeigen und damit große Ehre erwerben. Wartet auf die nächsten
Tage. "
Wir tranken schweigend eine Weile, dann stand ich auf und legte
eine meiner vier Taschen auf den großen Tisch. Die Handwerker
Uruks waren ausgezeichnete Bearbeiter von Holz, stellte ich wiederum
fest. Das knorrige Ölbaumholz war zu einer sauber verfugten
Platte gehobelt worden. Ich nahm einige technische Dinge heraus und
zog aus meinem Gürtel das winzige Aufnahmegerät. Ich
steckte einen winzigen Lautsprecher ins Ohr, ließ das Band
zurückspulen und hörte es ab, drehte es abermals zurück
und schaltete dann das Mikrophon ein. Noch nahm das Gerät nichts
auf.
„Ti-yaz-gar", sagte ich ernst. „Es geht darum,
den Mörder von Nidaba-an zu überführen. Das, was du
mir jetzt nachsprechen sollst, ist keine Lästerung der Götter.
Aber wenn du nicht darüber bis zu deinem Tod schweigst, wird
meine Macht dich mit unaufhörlichen Qualen strafen. "
Er sah mich mit aufgerissenen Augen an, schwieg aber. Dann nickte
er langsam.
Ich begann.
„Ich, Anu, der oberste Himmelsgott, Bruder des Enlil, des
Herren aller Länder, Vater des Ea, dessen Regen die Saat wachsen
läßt, endlich Vater der Innana, der Göttin der
Fruchtbarkeit und der Liebe, sage euch allen... sprich nach,
Ti-yaz-gar!"
Er sprach langsam und betont, was ich ihm vorgesagt hatte.
Das Band drehte sich.
„Weiter... Sin, der Mondgott, der jetzt bis zum Platzen
angewachsen ist, und Schamasch, dessen Strahlen alles durchdringen,
was in der Nacht geschehen ist, wir alle sind erzürnt über
die Mörder. Wir kennen und sehen alles. Wir kennen auch die
Mörder. "
Wieder sprach der alte Sklave, und das Gerät nahm die Worte
auf.
„Jetzt du, Ni-kagina: Ich, Innana, deren Tempel bevölkert
ist vom Volk aus Uruk, ich wende mich mit Grauen ab von meinem
Priester Ti-annar. Und ich befehle mei
nen Priestern, den Tempeldienern und allen, die ein Schwert halten
können, mit dem König statt seines Gefolges nur Ti-annar
und Al-chudur zu begraben. Diese aber sollen lebend begraben werden,
auf daß sie ersticken. Denn die Worte des sterbenden Königs
waren... "
Eine Stunde später war das Band geschnitten und an den
richtigen Stellen zusammengesetzt. Ich koppelte alle die
mitgebrachten Lautsprecher daran, schloß eine kleine
Energiezelle an und zog die Uhr ab, die einen Schalter enthielt. Ich
konnte also bestimmen, wann dieser Text, durch winzige Verstärker
lauter und dröhnender gemacht, ablaufen würde. Dann entließ
ich den Sklaven und beschwor
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