PR TB 067 Der Endlose Alptraum
Leiter herunterklettern. Noirs ursprünglicher Plan, Diller
und die anderen Polizisten nachkommen zu lassen, um Ylina nicht
einzuschüchtern, hatte sich nach den jüngsten Ereignissen
erübrigt.
Noir legte den Finger auf die Lippen, als der Kommissar den Mund
öffnete.
»Schläft sie?« erkundigte sich Diller mit
gesenkter Stimme.
Noir schüttelte den Kopf.
Diller fuhr fort: »Der Pilot meint, daß wir uns über
dem angegebenen Zielgebiet befinden. Ylina könnte uns von jetzt
an führen.«
»Ich werde das übernehmen«, sagte Noir. Als
Diller wieder nach oben in die Fahrerkuppel wollte, hielt er ihn
zurück und fragte: »Ist man in Accoun inzwischen mit
Phillip weitergekommen?«
Diller schüttelte den Kopf. Seine Antwort war nur ein
Flüstern.
»Die Beamten verhören ihn pausenlos, aber er schweigt
beharrlich. Ich habe erst vor wenigen Minuten angefragt. Es hat sich
nichts geändert.«
Noir entließ den Kommissar.
Er dachte daran, daß es vielleicht doch besser gewesen wäre,
Phillip auf dem Shift mitzunehmen. Bestimmt hätte er es mit
seiner Fähigkeit erreicht, den Mann zum Sprechen zu bringen.
Aber er wollte diese Bestie in Menschengestalt in sicherem Gewahrsam
wissen. Außerdem war er gar nicht davon überzeugt, daß
Phillip Costa ihm hätte weiterhelfen können.
Noir trat leise in Ylinas Kabine. Als er sich über sie
beugte, lächelte sie ihn an.
»Es ist soweit«, sagte er sanft.
Zum Zeichen, daß sie ihn verstanden hatte, nickte sie leicht
mit dem Kopf.
»Keine Anstrengung, bitte«, sagte der junge Arzt und
machte Noir Platz.
Eloire erhob sich ebenfalls und war Noir dabei behilflich, das
bereitgestellte Gerät an Ylinas Bett zu rücken.
Noir regulierte die Bildschärfe, dann fragte er Ylina: »Ist
es so gut?«
Ihre Lippen bewegten sich lautlos. Erst beim zweiten Versuch
brachte sie einige Worte hervor.
»Gut. das Bild. Aber zu schnell.«
»Fliegen wir zu schnell?« erkundigte sich Noir.
Ylina nickte.
Da eine Sprechverbindung zum Piloten bestand, konnte dieser Ylinas
Wunsch hören. Der Shift verlangsamte sofort seine
Geschwindigkeit.
»So ist es recht«, sagte Noir, nachdem Ylina durch ein
Nicken ihre Zustimmung gegeben hatte.
Die Minuten vergingen, ohne daß Ylina eine Reaktion zeigte.
Ihre Augen waren schmale Schlitze, die Hände lagen kraftlos auf
der Bettdecke. Es war so still, daß man das Atmen der Menschen
hören konnte. Die Landschaft, zerklüftete, unfruchtbare
Hochebenen, von breiten Schluchten unterbrochen, zog über den
Bildschirm dahin. Als die Bildschirmvergrößerung einmal
ein grünendes Tal erfaßte, weiteten sich Ylinas Augen.
Aber bereits nach wenigen Sekunden verfiel sie wieder in ihren
apathischen Zustand. Neue Landstriche kamen ins Bild, zogen vorbei
und verschwanden.
Ylina reagierte nicht.
Noir wechselte einen Blick mit dem Arzt, der blickte auf seine
Geräte und schüttelte verneinend den Kopf.
»Ich glaube nicht, daß sie aus diesem Dämmerzustand
noch einmal erwacht«, raunte er Noir zu.
Aber der Arzt irrte. Er hatte kaum ausgesprochen, als sich Ylina
aufbäumte und auf den Bildschirm wies.
»Vergrößerung«, verlangte Noir.
Auf dem Bildschirm war ein Tal zu sehen, das von einem Fluß
quer durchzogen wurde. Ylinas ausgestreckter Finger wies auf eine
Baumgruppe an dem einen Ende des Tales.
»Vergrößern Sie das Stück Wald in der linken
oberen Ecke des Bildschirmes«, befahl Noir.
Sie schienen auf die Bäume zuzufallen, als die Brennweite der
Aufnahmelinsen immer mehr hinaufgeschraubt wurde. Dann stand das Bild
still. Es zeigte eine Lichtung in dem Waldstück, auf der ein
verkohltes Etwas und die Gerippe von zwei Pferden lagen.
»Dort liegt das Wrack von Gallos' Kamel!« hörte
Noir einen der Polizisten ausrufen.
»Landen!« befahl Noir. Er wandte sich an Ylina, deren
ausgestreckter Arm immer noch auf die Waldlichtung wies. »Du
kannst jetzt schlafen, Ylina. Wir haben das Tal gefunden.«
Der Arzt bettete Ylina auf die Kissen und drückte ihren
steifen Arm
hinunter.
»Sie schläft für immer«, sagte er.
Eloire schluchzte auf.
Noir erhob sich und verließ die Kabine. Draußen verlor
er fast den Halt, als der Shift mit einem harten Ruck aufsetzte.
Aus der Führerkuppel kam ein erschreckter Ausruf. Dann
ertönte Dillers Stimme.
»Mein Gott! Sehen Sie sich das an. Es ist nicht zu fassen!«
Noir erklomm die Sprossen der Leiter und war wenige Sekunden
später in der Führerkuppel angelangt. Er schob einen
Polizisten beiseite und starrte durch das
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