PR TB 067 Der Endlose Alptraum
Panzerglas. Der Anblick,
der sich bot, raubte ihm den Atem.
In kaum zwanzig Meter Entfernung befanden sich zwei Männer.
Sie waren noch ziemlich jung. Der größere mochte an die
zweiundzwanzig Jahre alt sein, und die Beschreibung, die Ylina von
Janz gegeben hatte, traf auf ihn zu. Er trug ein lebloses Mädchen
im Arm. Aber es war nicht irgendein Mädchen - es war Ylina.
Der andere war unverkennbar Erdega. Sein voluminöser Kopf mit
dem gelben struppigen Haar stand zu seinem zierlichen Körper in
einem stärkeren Kontrast, als sich Noir vorgestellt hatte. Er
hatte sich mit einem Arm an einen Baum gestützt und das Gesicht
darin verborgen. Vor ihm lag ein Mann, das Gesicht dem Shift
zugewandt. Aber es war nicht irgendein Mann - es war Phillip Costa.
In die Stille der Führerkuppel hinein sagte einer der
Polizisten: »Es ist nicht zu fassen - unglaublich. Ich habe
eben mit Accoun gesprochen, und es kann kein Zweifel darüber
bestehen, daß Phillip Costa dort ist. Allerdings ist er tot -
er hat den wachhabenden Beamten angegriffen und wurde getötet.«
»Costa kann nicht dort draußen liegen«, sagte
ein anderer.
»Wer weiß, vielleicht hat er einen Doppelgänger.«
»Und Ylina hat vielleicht auch einen Doppelgänger?«
»Hört auf damit«, herrschte Diller seine Leute
an. »Kümmert euch um diese beiden Burschen.«
Nachdem die Polizisten die Führerkuppel verlassen hatten,
herrschte wieder Stille im Shift. Der Pilot saß wie versteinert
in seinem Sitz. Noir blickte noch immer durch das Panzerglas ins
Freie.
Hinter sich hörte er Diller sagen: »Wann nimmt dieser
Alptraum endlich ein Ende!«
Noir antwortete nicht. Es ist ein Alptraum, dachte er, jawohl;
aber wir sind nur Außenstehende. Wie muß es erst für
die Beteiligten sein.
13.
»Ich kann nicht mehr, Erdega«, sagte Janz. »Ich
kann ganz einfach nicht mehr.«
Er warf das Strahlengewehr von sich. Es fiel neben den toten Mann
ins regennasse Gras. Dann lud sich Janz Ylinas Leichnam auf die Arme.
Erdega lehnte an einem Baum und weinte.
»Machen wir Schluß mit dem ganzen Theater, Bruder«,
sagte Janz drängend. »Holen wir uns den Schatz, dann
kannst du dir den Regenbogen herausnehmen und bist bis in alle
Ewigkeit glücklich.«
Janz sprach ohne Zynismus, denn er wollte Erdega nicht wehtun.
Aber er wäre seinem Bruder doch recht dankbar gewesen, wenn er
endlich die Kraft aufgebracht hätte, diesem Teufelskreis zu
entfliehen.
In diesem Augenblick erschien über der Lichtung ein zehn
Meter langer Schatten und schwebte langsam herab. Es war ein Gefährt,
ähnlich den auf Halperoon üblichen Geländewagen, nur
war es eben größer und darüber hinaus noch flugfähig.
Statt Räder hatte es Raupenketten, aus dem Bug ragten drei
Geschützrohre, obenauf saß eine Glaskuppel. Janz glaubte
sich zu erinnern, solche Flugpanzer im Stützpunkt der Solaren
Flotte gesehen zu haben, aber es wollte ihm nicht einfallen, wie sie
hießen.
Sein erster Gedanke war: Gefahr! Sein zweiter, davonzulaufen. Aber
er tat es dann doch nicht. Vier Jahre lang war er immer
davongelaufen, hatte Erdega zuliebe den Alptraum ertragen, ohne
darüber nachzudenken. Doch jetzt war er am Ende seiner Kraft. Es
war so, wie er zu Erdega gesagt hatte: er konnte nicht mehr.
Er wußte, daß mit dem Flugpanzer keine Freunde kamen,
sondern eher Erdegas Feinde. Trotzdem blieb er an seinem Platz
stehen, Ylina im Arm, als drei Männer aus dem Flugpanzer
sprangen und sie umringten. Die Männer waren bewaffnet.
Auf eine seltsame Art war er erleichtert, denn eine Entscheidung
wurde ihm abgenommen. Diese drei Männer brachten die Wendung,
und vielleicht würde der Alptraum nun ein Ende finden.
»Leg das Mädchen hin«, sagte einer.
»Hände auf den Rücken.«
»Keine falsche Bewegung.«
Es waren scharfe Kommandos, die Janz ohne Eile befolgte. Erdega
reagierte überhaupt nicht. Einer der Männer mußte ihn
gewaltsam von dem Baum lösen und ihm die Hände auf den
Rücken biegen. Erdega ließ es willenlos mit sich
geschehen.
»Seien Sie nicht grob zu ihm«, bat Janz. »Er
will ganz bestimmt nicht widerspenstig sein. Wahrscheinlich träumt
er nur wieder mit offenen Augen. Das.«
»Mund halten!«
Sie stellten Erdega und Janz Rücken an Rücken. Janz
bekam Erdegas schmale Hand zu fassen und drückte sie.
»Wo hast du deine Courilla, Bruder?«
»Mund halten!«
»Bruder, was schlägt so warm in deiner Hand?«
fragte Erdega mit entrückter Stimme.
»Ylinas Herz«, antwortete Janz.
»Bruder, Bruder,
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