PR TB 069 Menschen Aus Der Retorte
menschenähnlich. Auf den
Köpfen trugen sie metallene Helme mit Funkantennen, und in ihren
Händen hielten sie Strahlwaffen ähnlich jenen, die im
„Krieg der Clone“ verwendet worden waren. Sie
marschierten hintereinander, mit Abständen von etwa zwanzig
Metern. Trotz ihres relativ schwachen Körperbaues bewegten sie
sich mühelos und geschmeidig.
Plötzlich geschah etwas, was weder die Menschen in Vater
Lashron noch die Fremden erwartet hatten: Aus den Trümmern, aus
rauchenden, schwelenden Verstecken, brachen Männer und Frauen
hervor. Einige schössen mit Beruhigungs- und Schlafgas, die
anderen stürzten sich auf die wehrlos gemachten Fremden und
schlugen sie mit Stahlrohren und ähnlichen Gegenständen
nieder, bis sie sich nicht mehr regten.
Die Bildwiedergabe wechselte. Luzie und Stem sahen, daß sich
in anderen Stadtteilen fast das gleiche abspielte. Die Menschen, die
den Beschüß überlebt hatten, stürzten sich mit
dem Mut der Verzweiflung auf die Angreifer. Nicht allen gelang die
Überraschung. Viele wurden getötet. Doch
die Fremden schienen keine Reserven zu haben. Sie zogen sich im
Laufschritt aus der Stadt zurück.
Dann tauchten wieder die Schwebepanzer auf. Diesmal feuerten sie
so lange, bis die Trümmer zu blasenwerfenden Hügeln
verschmolzen waren.
Vater Lashron schaltete die Übertragung ab.
„Gib mir eine Waffe, und ich gehe hinaus und kämpfe
gegen die Fremden!“ stieß Irul-Luzie atemlos hervor.
Sidni-Stem sah sie verwundert an. Luzie hatte sich vollständig
verwandelt. Ihr Gesicht glühte. Sie hatte die Fäuste
geballt.
„Und ich glaubte, die Rauflust wäre in euch erloschen“,
sagte Vater Lashron. „Hört zu! Die Bürger der anderen
Clone-Städte haben sich geweigert, sich in Sicherheit zu
bringen. Sie stellen statt dessen provisorische Waffen her und bauen
Barrikaden auf den Straßen. Ihr mußt zu ihnen gehen und
sie von diesem sinnlosen Tun abhalten.“ Sidni-Stem sprang
erregt auf.
„Nein! Hingehen werde ich zwar, aber nur, um mit ihnen
zusammen zu kämpfen. Die Clone werden sich nicht in der Wildnis
verkriechen.“
„Das denke ich auch“, erklärte Irul-Luzie. Ihre
Augen funkelten entschlossen. „Außerdem haben wir
gesehen, daß die Fremden uns zahlenmäßig weit
unterlegen sind. In der nächsten oder übernächsten
Stadt werden sie so dezimiert sein, daß ihnen nur die Flucht
bleibt. Dann können wir die Wiedergeburt der Toten einleiten.
Und wir werden die Fremden verfolgen.“
„Deine Gedankengänge sind theoretisch brauchbar,
Babakow Irul-Luzie“, erwiderte Vater Lashron. „Aber bevor
die Fremden zur nächsten Stadt kommen, werden sie mein Haus
erreichen. Da die Fremden mit Raumschiffen nach Refuge gekommen sein
müssen, werden sie sofort erkennen, daß dies hier
ebenfalls ein Raumschiff ist. Leider ist es zur Unbeweglichkeit
verurteilt, und weder die Schutzschirmprojektoren noch die wenigen
Geschütze sind noch brauchbar. Der Gegner wird das Schiff
vernichten -und damit nicht nur mich, sondern sämtliche
IB-Schablonen der Clone.!“
Sidni-Stem wich keuchend vor Entsetzen zurück.
Er hatte sich bereits damit abgefunden, daß sich aus
vollständig verbrannten und verdampften Menschen keine intakten
Zellen mehr bergen ließen, so daß die Züchtung von
Identus unmöglich wurde. Aber mit Hilfe der
Informations-Bewußtseins-Schablonen in Vater Lashron würde
die Wiedergeburt des Geistes möglich sein, wenn auch in nicht
identischen Körpern. - Doch wenn die Schablonen vernichtet
wurden.
„Vielleicht läßt sich das Schlimmste verhindern“,
sagte Vater Lashron. „Aber ich allein kann es nicht. Ihr mußt
mir dabei helfen.“
„Was sollen wir tun?“ fragten Luzie und Stem wie aus
einem Mund.
3.
„Ich hatte mehr als tausend Jahre Zeit“, erklärte
Vater Lashron, „mich mit einem Problem zu beschäftigen,
das mich seit jeher faszinierte.
Und du, Anderson Sidni-Stem, hast dich in deinem zweiten Roman
ebenfalls mit dem Problem beschäftigt.“
„Die Zeitreise.?“ fragte Stem verblüfft. „Aber
das war doch eine intellektuelle Spielerei.“
„Nicht so bescheiden“, wehrte Vater Lashron ab. „Der
Mensch - und nicht nur er - hat alle seine Erfindungen zuerst in
seiner Phantasie gemacht. Manchmal eilte seine schöpferische
Vorstellungskraft der materiellen Wirklichkeit um Jahrhunderte oder
Jahrtausende voraus, doch stets war am Anfang einer Entwicklung die
Idee. Du hältst die Existenz von verschiedenen Zeitebenen für
möglich, nicht wahr?“
„Es
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