PR TB 070 Die Verlorenen Des Alls
tänzelten an einigen stumm dastehenden Jungen und Mädchen
vorbei, die ihnen nicht die geringste Aufmerksamkeit schenkten.
„Sind das Spielverderber“, meinte das eine der beiden
Mädchen.
„Ach, laß sie doch“, sagte das andere
schnippisch und kitzelte einen Jungen mit einer Blume an der Nase. Er
wandte sich wortlos ab und ging davon.
„Das Leben ist schön, so schön, so schön...“,
sangen die Mädchen und verschwanden hinter einem Hügel.
Michael fand seine Sprache wieder.
„Ich bin so froh...“, begann er, entdeckte dann aber,
daß Palmer nicht mehr bei ihm war. Michael drehte sich um seine
eigene Achse, konnte Palmer aber nirgends entdecken. Einen Augenblick
lang war er bestürzt, beruhigte sich aber gleich wieder. Er
wußte nicht, warum ihn Palmer allein gelassen hatte, jedoch war
er überzeugt, daß er nicht lange wegbleiben würde.
Michael war müde vom Stehen, deshalb schlenderte er einen
gewundenen Weg entlang, der zu einem kleinen Wäldchen führte.
Er war überzeugt, daß er sich nicht verirren konnte.
Außerdem würde ihn Palmer schon wiederfinden.
Er erreichte den Wald schneller, als er vermutet hatte. Dankbar
atmete er die würzige Luft und dachte mit Schaudern an die tote
Atmosphäre, die er noch vor kurzem geatmet hatte. Plötzlich
knackte ein Zweig im Unterholz, und ein Junge erschien. Michael blieb
stehen. Der Unterschied fiel ihm augenblicklich auf. Der Junge hatte
weder das ausdruckslose Pferdegesicht, wie es Michael an allen
anderen gesehen hatte, an denen er vorbeigekommen war, noch besaß
er die aufreizende und unnatürliche Fröhlichkeit der beiden
blumengeschmückten Mädchen.
„Hallo“, sagte Michael. „Ich heiße Michael
Rhodan.“
Um die Mundwinkel seines Gegenübers zuckte es leicht, seine
Augen blickten freundlich und neugierig zugleich.
Michael beschloß, das Eis von sich aus zu brechen.
„Und wie heißt du?“
Der Junge zuckte die Schultern.
„Ich habe keinen Namen“, sagte er.
„Würde dir Andy gefallen?“ fragte Michael.
„Ja... Andy.“
„Du bist anders als die anderen, Andy“, sagte Michael.
Andy zuckte zusammen und schüttelte verneinend den Kopf.
„Keine Bange“, beruhigte ihn Michael, „ich
verpetze dich schon nicht. Ich bin ja selbst so froh, daß es
hier jemand wie dich gibt. Aber warum spielst du dann nicht mit den
Mädchen?“ Andy schluckte, dann sagte er mit dünner
Stimme: „Das sind... nur Maschinen.“
„Ah“, machte Michael verstehend. „Die sollten
dich reizen, damit du in die Falle gehst.“
Andy verstand nicht augenblicklich, aber dann nickte er.
„Ich bin so unglücklich“, sagte er.
Michael konnte ihn verstehen, am liebsten hätte er Andy mit
sich genommen. Er sprach sogar Interkosmo und würde sich auf
Terra schon zurechtfinden. Er wäre ein prima Freund.
Michaels Hoffnung sank jäh, als ihm die Wirklichkeit wieder
bewußt wurde. Andy war ja gar kein Menschenkind! Wie alle
anderen war er ein Fremdwesen, das nur Michaels wegen menschliche
Gestalt angenommen hatte. Bestimmt sprach er auch kein Interkosmo,
das wurde durch irgendeinen Effekt nur vorgetäuscht.
Andy mußte die Gefühle in Michaels Augen gelesen haben,
denn er schritt langsam rückwärts, während sein
Gesichtsausdruck zu einem Spiegel grenzenloser Enttäuschung
wurde.
Michael folgte ihm. „Vielleicht kann ich dir trotzdem
helfen, Andy“, sagte er schnell. „Lauf nicht weg!“
Andy lief nicht davon. Wie zu Stein erstarrt blieb er auf einem
Fleck stehen und ließ die beiden Pf erdegesichtigen an sich
herankommen, die hinter Michael hervorgetreten waren. Sie nahmen ihn
schweigend in die Mitte und gingen mit ihm davon. Er wandte noch
einmal den Kopf und warf Michael einen verzweifelten Blick zu, dann
verschwand er zwischen den Bäumen.
Palmer erschien.
„Das... das haben Sie mit Absicht getan“, stammelte
Michael. Seine Kehle war wie ausgedörrt, aber plötzlich
brach es aus ihm hervor. „Sie haben mich mißbraucht“,
schrie er. „Auf Ihre Androiden-Mädchen fällt ja
niemand mehr herein, auf diese aufdringlichen, hysterischen Gören...“
Die Tränen rannen heiß.
„Es tut mir leid“, sagte Palmer automatisch, seiner
Stimme fehlte jegliche Betonung. „Wir wollten dir keinen
Schmerz zufügen.“
In ohnmächtigem Zorn ballte Michael die Fäuste. Die
Stimme versagte ihm, er machte kehrt und rannte davon.
Warum nur hat Palmer das getan? hämmerte es in seinem Kopf.
„Wir dürfen Außenseiter nicht dulden“, rief
ihm Palmer
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