PR TB 070 Die Verlorenen Des Alls
durch, sie war kaum zwei Meter
von Wyland entfernt und neigte sich weiter.
„Das Gestell bricht zusammen“, rief Wyland. „Unternimm
etwas!“
Nur ruhig bleiben, signalisierte Psycho-Boy, ich habe errechnet,
daß wir unbeschadet passieren können.
Psycho-Boy behielt recht. Aber sie hatten die gefährdete
Stellage kaum hinter sich gelassen, als sie mit gewaltigem Getöse
in sich zusammenfiel. Bevor sich das Chaos hinter ihnen noch gelegt
hatte, erreichten sie das Ende der Halle. Wieder mußte Wyland
einen Röhrenkorridor entlang, aber als er nach kaum fünfzig
Metern an eine Abzweigung kam, benutzte er sie. Er begegnete einigen
Nonontol, die sofort menschliche Gestalt annahmen. Jeder von ihnen
glich Palmer bis ins kleinste Detail, selbst einen Straßenanzug
terranischer Mode trugen sie. Sie folgten Wyland mit teilnahmslosen
Blicken. Die Figur des „Palmer“ charakterisierte ihre
Situation - zumindest für menschliches Empfinden.
Gleich darauf wurde Chester Wyland Zeuge einer Szene, die
eindringlich die Verzweiflung zeigte, mit der die Nonontol eine
Entscheidung herbeiführen wollten. An einer Kreuzung, an der
mehrere Röhren zusammenliefen, war ein Tumult entstanden. Das
verwunderte Wyland,
und er fühlte sich magisch angezogen, denn er hatte bisher
noch nicht erlebt, daß die Nonontol ihre Lethargie durch
irgendeinen Zwischenfall abgeworfen hätten.
Da entdeckte er den Mordandroiden. Die Maske Myhras hing in
Streifen von seinem Leichtmetallkörper. In jeder seiner
ausgestreckten Hände hielt er ein blitzendes Messer. Indem er
die Messer wie eine Schere kreuzte, jagte er eine Gruppe von
Humanoiden vor sich her. Es handelte sich um Nonontol, die Michael
Rhodans Gestalt angenommen hatten. Der Androide sprang einen von
ihnen an, seine Messer machten eine Scherenbewegung. Der Nonontol
brach lautlos zusammen.
„Die sollen mit diesem Wahnsinn aufhören!“ rief
jemand.
Wyland kannte die Stimme von früher, als er noch bei der
Explorerflotte war. Sie gehörte seinem ehemaligen Chef Reginald
Bull. Gleich darauf kam er auf die Kreuzung gestürmt. Ihm folgte
in gemessenem Tempo ein „Palmer“.
Als Chester Wyland selbst die Kreuzung erreichte, war der Androide
in einen Seitengang geflüchtet. Drei reglose Gestalten lagen auf
dem Boden.
Reginald Bull trat hinzu und wandte sich schaudernd wieder ab.
Dreimal lag Michael Rhodans Leichnam vor ihm.
„Was wollten Sie damit bezwecken?“ fragte Bull heiser.
Er sah Palmer, der den Kampfplatz teilnahmslos anstarrte,
herausfordernd an. „Warum ließen Sie den Androiden von
Ihren Leuten provozieren? Glaubten Sie, das Problem Ihrer
Unsterblichkeit auf diese Art und Weise lösen zu können?
Glaubten Sie, den Vorfall von Morotai beliebig oft wiederholen zu
können? Wenn ja, dann bestätigt es die Dekadenz Ihres
Volkes.“
„Sie mißverstehen die. Lage“, sagte Palmer. „Sie
mißverstehen uns - wie immer. Wir glaubten nicht, daß der
Androide unsere Probleme lösen könnte.“
„Warum haben Sie dann diese... diese Metzelei inszeniert?“
„Um den Androiden von Michael Rhodan abzulenken.“
*
Reginald Bull verschlug es die Sprache. Diese plötzliche
Wendung verwirrte ihn, und er wußte nicht recht, ob er gerührt
sein sollte oder wütend.
Er räusperte sich und sagte: „Aber auf die Dauer können
Sie ihn dadurch nicht abhalten. Außerdem lehne ich diese Art
von Hilfeleistung ab. Bringen Sie mich zu Michael, dann werde ich ihn
selbst beschützen.“
„Der Androide würde auch Sie töten“, mischte
sich Chester Wyland ein.
Reginald Bull wurde des Mensch-Robot-Symbionten erst jetzt richtig
gewahr. „Sie sind also ehester Wyland“, stellte er fest.
„Ich habe Sie etwas anders in Erinnerung.“
Wyland lächelte. „Der Ezialismus hat mich verwandelt“,
sagte er.
Bull hatte eine spitze Bemerkung parat, sprach sie aber nicht aus.
Er erinnerte sich rechtzeitig daran, daß jetzt nicht der
richtige Moment war, seiner Abneigung gegen den Ezialismus Ausdruck
zu geben.
„Wyland, Sie wissen, warum wir hier sind“, sagte er
statt dessen. „Haben Sie Palmer nicht auch klargemacht, daß
wir unserer Mentalität wegen nicht in der Lage sind, ihm zu
helfen?“ „Nein, das habe ich nicht“, entgegnete
Wyland zu Bulls Erstaunen. „Denn es entspräche nicht der
Wahrheit.“
„Was sagen Sie da?“ erkundigte Bull sich fassungslos.
Er spürte, wie ihn der Zorn zu übermannen drohte.
„Es tut mir leid, daß ich nicht in Ihrem Sinn spreche,
Sir“, sagte Wyland.
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