PR TB 086 Feldzug Der Morder
der
Explosionen das gellende, unverkennbar nervenzermürbende
Geschrei angreifender Hunnen.
Sie tauchten von allen Seiten auf.
Ich hob meinen Schild, behielt das Schwert in der Linken und zog
den Lähmstrahler aus dem Gürtel. Die ersten Pfeile heulten
durch die Luft. Ein Gote fiel in die Schlucht, schrie wimmernd und
überschlug sich, ehe er auf die Steine prallte. Dann schossen
Serkan und Skitay ihre Pfeile ab. Geschrei erhob sich, Speere flogen
in den Wald und überall hörte ich das Schlagen der
Bogensehnen. Die Goten verließen den Rand der Schlucht, aus der
die Wolken von vielen Bränden hochstiegen, und wandten sich
gegen die Angreifer. Die Hunnen preschten zwischen den Stämmen
heran, schossen angreifend die Pfeile ab, wirbelten herum und
schossen weiter, im Sattel gedreht, während sich die Pferde in
die Deckung zurückzogen. Hunderte solcher Angriffe wurden in den
nächsten Minuten geritten, ehe ich dicht vor mir eine laute
Stimme hörte. Sie rief in der Sprache, die ich nicht gerade
meisterhaft sprach:
»Zurück! Sie sind in der Übermacht! Zurück zu
den Pferden!« Gleichzeitig donnerten vier Reiter vor mir aus
der Schlucht heraus. Ihre Gesichter über den Schildrändern
waren rußgeschwärzt und Haare waren versengt.
Noch während ich den Lähmstrahler hob, erschien in der
Brust eines Mannes eine Pfeilspitze. Ein gespenstischer Anblick. Der
Reiter, von einem Pfeil aus der Schlucht in den Rücken
getroffen, breitete die Arme aus, der Schild wirbelte wie ein Teller
davon, der Reiter sackte nach rechts aus dem Sattel. Ein zweiter
Gote, dem ein Pfeil im Auge steckte, krachte hinunter, dann hatte ich
die beiden Reiter dicht vor mir.
Ich zielte auf denjenigen mit der schöneren, wertvolleren
Rüstung und drückte ab. Mit gelähmtem Oberkörper
taumelte der Krieger. Ich blickte in ein maßlos erstauntes,
bärtiges und stoppeliges Gesicht. Dann drängte ich mein
Tier aus den Büschen heraus, ritt scharf auf den jüngeren
Begleiter des Goten zu, galoppierte zwischen die beiden Pferde hinein
und starrte dem jungen Mann in die Augen.
»Fliehe!« sagte ich scharf. »Schnell! Wir sind
in der Übermacht. Ihr werdet alle sterben! Fliehe - los!«
Er blickte mich verständnislos an und ich drehte meinen Fuß,
soweit es ging. Der Sporn ritzte eine lange Schramme in die Haut des
Pferdes und das Tier wieherte schmerzerfüllt auf. Dann ging es
durch und der junge Krieger hatte zu tun, um sich im Sattel zu
halten. Pferd und Reiter verschwanden zwischen dem Gebüsch und
den Stämmen. An mir ritten drei Hunnen vorbei, schwenkten ihre
Bögen und näherten sich dem Ausgang der Schlucht. Überall
wurde gekämpft, aber die Goten wandten sich bereits zur Flucht.
Ich
ergriff die Zügel des wild scheuenden Pferdes des Anführers,
riß den Kopf herunter und zerrte den Reiter hinter mir her in
den Wald zurück.
Um mich herum tobten zahlreiche Einzelkämpfe. Die Hunnen
griffen an und die Goten verteidigten ihren eigenen Rückzug. Ich
hatte den Strahler auf die geringste Stärke eingestellt, und
langsam wich die Lähmung der Zunge und die der Arme von dem
Goten. Sein Gehör hatte offensichtlich nicht gelitten. Ich
fragte laut und deutlich:
»Kannst du mich verstehen, Gotenfürst?«
Ich wartete gespannt - er nickte langsam; seine Muskeln gehorchten
ihm nicht ganz.
»Attila sammelt ein riesiges Heer. Er wird im Frühjahr
oder noch eher nach Italien ziehen und überall Verwüstung
hinterlassen. Du hast verstanden?«
Wieder nickte er.
»Zieht euch zurück! Greift keine Hunnen mehr an. Helft
den Bauern und den Städten! Warnt alle Menschen - ich werde
versuchen, den Marsch aufzuhalten. Und jetzt: fliehe!«
Er nickte wieder; er hatte verstanden. Ich hielt seinen Arm fest
und schloß:
»Ich bin, wie du siehst, ein hunnischer Anführer. Aber
ich bin kein Hunne. Attila ist mein Feind. Ich stehe auf der Seite
des Westens!«
Dann drehte ich mich herum, deutete in die Richtung, in der sich
garantiert keine Hunnen mehr befanden und sagte:
»Dort entlang!«
Seine Finger öffneten sich und schlossen sich um die Zügel.
Dann streckte er den Oberkörper, atmete tief ein und aus und
sagte: »Danke!« Die Lähmung war von ihm abgefallen
und er sprengte davon. Ich atmete schwer aus; die Anspannung der
Nerven lockerte sich. Dann setzte ich die Sporen ein und ritt nach
Osten, sammelte meine Reiter und schrie, daß der Kampf beendet
sei.
Er war augenscheinlich ohne Verlust auf unserer Seite abgegangen.
Meine Reiter sammelten sich, und ich
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