PR TB 086 Feldzug Der Morder
seidig
glänzenden Stoffen ausgestattet, stand mitten im Raum. Darum
gruppierten sich niedrige Tische voller Pokale und Krüge,
Schemel, mit kostbaren Pelzen überzogen, Lampen und römische
Leuchter mit schweren Kerzen. Zwei der Kerzen brannten und Attila lag
halbnackt auf dem Bett und stierte Ildico an. »Du bist.
betrunken!« flüsterte sie.
Ein Mädchen von stiller Einfalt, dachte ich, denn zu dieser
Feststellung brauchte es wenig Geistesschärfe.
»Betrunken und müde«, lallte er. »Und du
bist so schön!« Sie flüsterte:
»Ich habe etwas, das dich aufwecken und nüchtern machen
wird. Ich schütte. ein Becher Wein.« Ich sah genau hin.
Diese Närrin öffnete den grünen Ring, klappte den
Stein herum und schüttete die Kristalle in die Flüssigkeit.
Mit dem Griff eines goldverzierten Messers rührte sie um, und es
klang wie eine Totenglocke. Dann kam Ildico durch das halbe Zimmer
auf den Hunnenfürsten zu, kniete sich neben ihn und gab ihm den
Becher. Ich wagte nicht zu atmen - gut, daß beide Ringe das
gleiche Mittel enthielten. Ich hatte es mitgenommen, weil es den
Kreislauf eines Menschen beschleunigen konnte. Ein Mittel, um Tote
aufzuwecken. Attila griff ungeschickt nach dem Pokal und verschüttete
etwas von dem Wein.
»Trinke, und du wirst.«, flüsterte das Mädchen.
Knoblauch und Nasenhaare schienen sie nicht gestört zu haben.
Sie betete Attila geradezu an, und die aufgelösten Zöpfe
rutschten langsam von ihren Schultern; wie der kleine Wasserfall dort
draußen fiel das Haar auf die Felle. Während Attilas
Oberkörper sich nach hinten bog, während er den kalten Wein
in sich hineinschüttete wie in einen Kübel, griff er nach
dem Haar des Mädchens und zog sie daran über das Bett und
zu sich heran. Er langte so grob nach ihr, als ob er einen Schemel zu
sich heranzöge. Dann schmetterte er den Kelch an eine der Wände
und drehte den Kopf. Es schien, als würde er jemanden suchen.
»Wo bist du, Ildico?« fragte er rauh.
Plötzlich wirkte er unglaublich nüchtern und - alt.
Seine Augen verloren den glasigen Ausdruck und sein Herz schlug immer
schneller. Er atmete mehrmals tief durch und dann begann er zu
husten. Schließlich krümmte er sich nach vorn und keuchte
auf.
»Der verfluchte Wein!« sagte er überraschend
klar. »Du hast etwas. in den Wein. Gift. du Närrin!«
Er ließ sie los, und sie wich langsam vor ihm zurück.
Der weiße Mantel glitt von ihren Schultern. Jetzt, wo sie
nichts als unmittelbare Angst empfand, konnte man sie schön
nennen. Ich verließ meinen Platz und schob die Vorhänge
zur Seite. Niemand sah mich in dem Halbdunkel des Raumes. Attila saß
auf dem Bett, schüttelte den Kopf und murmelte immer wieder:
»Warum. warum. gerade jetzt.?«
»Auch du hast niemals gefragt, Attila, warum die Tausende,
die du
hingeschlachtet hast, gerade jetzt sterben müssen!«
sagte ich laut.
Sein Kopf fuhr herum und er machte eine schnelle Bewegung, als
wolle er auf mich losgehen.
»Atlan!« sagte er ungläubig.
»Ja«, erwiderte ich. »Ich bin es. Dein bester
Späher und dein Todfeind! Wenn du jetzt stirbst, dann ist das
mein Werk. Auf den katalaunischen Feldern bist du zurückgeritten,
um das Feldzeichen aufzurichten.«
Er keuchte:
»Der silberne Ritter neben Theoderich - ich ahnte es! Ich
ahnte es - das kannst nur du gewesen sein!«
»So war es«, sagte ich. »Du hast Gift im Leib
und wirst qualvoll sterben. Wie eine Ratte.«
Er starrte mich an, aber seine Beine versagten ihm den Dienst.
Sein Herz mußte jetzt in einem rasenden Wirbel schlagen. Dann
hustete er lange, wischte das Blut von seinem Mund und richtete sich
langsam auf. Er glitt vom Bett herunter, knickte in den Knien ein und
stemmte sich wieder hoch. Er griff nach einem der gefüllten
Pokale und hob ihn unter furchtbaren Mühen hoch. Schweiß
bedeckte seine Stirn, troff von seiner Brust, sickerte unter den
Achselhöhlen hervor.
»Du hast mich ermordet! Warum?« fragte er tonlos in
der Pause zwischen zwei Hustenanfällen.
»Warum hast du Tausende ermordet, Tausende Frauen
geschändet. Tausende von Kindern geschlachtet?« fragte ich
drohend zurück.
»Ich habe die Welt erobern wollen.«
Ich lachte kurz und sagte mit schneidender Schärfe:
»Und du stirbst im Bett einer blonden Barbarin. So ist das
Ende. Diejenigen, die hoch steigen, fallen am tiefsten.«
»Mörder! Verräter!« gurgelte er.
»Lieber ein Mord als weitere tausend!« sagte ich. »Das
ist der Lohn, den ich von dir hätte fordern wollen. Dein
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