PR TB 087 Asyl Auf Planet Vier
Mund auf wie ein hungriger
Vogel. Es lag schon lange zurück, daß er die letzte
Mahlzeit zu sich genommen hatte. Während sie ihm mit
spitzen Fingern die Brocken reichte, fragte er kauend: »Habe
ich lange geschlafen?« Er wirkte dabei ziemlich schuldbewußt.
»Du bist eben erst eingenickt«, belog sie ihn. Sie
wollte ihm ungern davon berichten, wie sie vor Angst zitternd über
seinen Schlaf gewacht hatte, die Waffe in der verkrampften Hand und
allein mit dem stöhnenden Mann.
»Noch eine Dose?« fragte sie.
»Nein, danke!« wehrte Tim ab.
Vom Gang her meldete sich eine Stimme. Dem Klang nach konnte es
Davoux sein.
»Laßt ihr einen Medorob zu euch hinein?«
erkundigte sich der Computertechniker. »Wir wollen den
Verwundeten abtransportieren.«
»Aber nur einen!« forderte Tim.
Nach einer Weile erschien die zierliche Gestalt des Metallwesens
auf der Schwelle. Suchend drehte sich der eiförmige Schädel
des Roboters, bis die rötlich glimmenden Augenlinsen den
Verletzten ausgemacht hatten. Der Medorob griff hinter sich und
dirigierte eine schwebende Bahre in den Raum hinein. Er setzte die
mitgebrachte Instrumententasche auf dem Boden ab und steuerte die
Antigravbahre neben den Verletzten, wo sie langsam herniederzusinken
begann. Behutsam nahm der Medorob den Bewußtlosen auf seine
Arme, bettete ihn vorsichtig in die Bahre und verließ
anschließend den Raum, wobei er die Antigravbahre mit dem
Verwundeten vor sich herschob.
Verwundert starrte Tim auf die zurückgelassene
Instrumententasche. Ihm schien, als hätte er ein leichtes
Flimmern bemerkt, das über der Tasche aufstieg.
»Helm zu!« rief er erschrocken aus, als er den
Sachverhalt schlagartig erkannte. »In der Tasche ist ein
Gaszylinder!«
Er hörte Twinnies Helmverschluß einrasten, kurz bevor
er sich selbst den Helm überstülpte. Keine Sekunde zu früh!
Seine Augen begannen zu tränen, und ein plötzlicher
Hustenreiz schüttelte ihn. Wütend begann er, ziellos in den
Gang hinauszufeuern. Dann fiel ihm etwas Besseres ein. Er griff nach
der Signalpistole und füllte die Trommel mit einer Anzahl
Raketen. Geduckt schlich er sich bis zum äußersten Rand
seiner Deckung und zielte knapp am Türrand vorbei schräg in
den Gang. Nacheinander zischten die feuerspeienden Signalraketen in
den Gang hinaus, prallten von Wand und Decke ab, jaulten als
Querschläger irrlichternd umher, bis ihre Treibladung erschöpft
war. Von draußen erklangen Schreckens- und Schmerzensschreie.
Hochbefriedigt begann Tim, das Magazin nachzuladen.
»So eine Gemeinheit!« preßte er zwischen
zusammengebissenen Zähnen hervor. »Na, wartet! Euch mach'
ich Beine!«
Damit jagte er die zweite Serie von Raketen in den Gang hinaus.
»Huh!« rief der Weißbekittelte erschrocken, als
sich Rustys Strahler unvermittelt in seinen Magen bohrte. Er sah sich
kurz darauf von einer Schar Männer umringt, deren Mienen ihm
raschen Tod verhießen, falls er es wagen
sollte, um Hilfe zu rufen.
Jacksons Pranke riß ihn an der Schulter herum. »Wo
habt ihr die Kinder versteckt? Rasch, Mann, sonst.«
»Versteckt ist gut!« erwiderte der eingeschüchterte
Laborant bitter. »Die Bälger haben einen Mann
zusammengeschossen und sich im Ersatzteillager von Wohndeck eins/A
verschanzt. Sie müssen die halbe Waffenkammer geplündert
haben; kein Mensch traut sich zu ihnen herein.«
Jackson richtete sich mit erleichtertem Schnaufen zur vollen Größe
empor. In seinen Blicken schimmerte der Vaterstolz. »Wohndeck
eins/A!« sagte er. »Worauf warten wir noch?«
»Paßt auf, daß euch die lieben Kleinen nicht
auch eins auf den Pelz brennen!« riet der Laborant spitz, bevor
man ihn in einen Putzraum sperrte.
Vorsichtig drangen die Männer weiter vor. Sie benutzten den
gleichen Notschacht wie vor ein paar Stunden Tim, allerdings in
umgekehrter Richtung: sie kletterten aufwärts. Der Junge hatte
deutliche Spuren seiner Anwesenheit hinterlassen. Am Rande der
Plattform klebte ein Kaugummi, und auf der Plattform selbst erwartete
sie Miss Sue, die mit sich und der Welt uneins war. Sie würde es
Tim nie verziehen, daß er sie schnöde zurückgelassen
hatte.
Sie trafen gerade zur richtigen Zeit am Schauplatz der Handlung
ein. Den erbitterten Belagerern war nun endgültig der
Geduldsfaden gerissen. Drei von ihnen rollten eine provisorisch auf
ein Fahrgestell montierte Stahlplatte als Schutzschild vor sich her
und gingen daran, die Festung zu erstürmen. Dabei mußten
sie sich eng gegen ihre Deckung pressen; denn Tim
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