PR TB 094 Die Zeitmauer
Er sah Shen Ghol mißtrauisch an.
„War das wirklich Ihr Chef?" erkundigte er sich.
Der Techniker nickte.
„Ja", versicherte er. „Das war mein Chef."
Wenig später verließen sie das Werftgelände und
stiegen in ein geschlossenes Fahrzeug, das sich schnell entfernte.
Rex rief wenig später seinen Vater an und unterrichtete ihn
über die Verhaftung seines Freundes, dann erst nahm er seinen
Gleiter und flog zur Werft.
Nach einer kurzen Unterredung mit dem Leiter, der genau wie er von
der Unschuld Shen Ghols überzeugt war, ließ er eine
Verbindung mit Regierungsvertreter
Shannon herstellen. Er bat um die Erlaubnis, mit dem Verhafteten
sprechen zu können. Shannon erklärte ihm, das sei im
augenblicklichen Stadium der Untersuchung nicht möglich und
vertröstete ihn auf später.
Resigniert schaltete Rex den Televisor ab.
Ihm war klar, daß man Shen den verdächtigen Brief und
das Geld ins Zimmer geschmuggelt hatte, damit beides von dem
Regierungspolizisten gefunden wurde. Jemand hatte also großes
Interesse daran, selbst nicht verdächtigt zu werden. Hinzu kam,
daß mit dieser Aktion gleichzeitig ein wahrscheinliches
Mitglied der geplanten Expedition ausfiel.
Trotzdem unternahm Rex nicht mehr, als er unternehmen
mußte.
Er wußte, daß man Shen Ghol nichts nachweisen konnte,
und auf bloße Indizien hin wurde niemand auf Spharo verurteilt.
Er wartete ab.
*
Nach endlosen Verhören, die keine Klärung brachten, ließ
sich der Chef der Regierungspolizei beim Präsidenten melden. Er
bat um eine geheime Unterredung. Sie fand einen Tag später
statt.
„Herr Präsident, dem Verdächtigen ist keine Schuld
nachzuweisen. Es konnte zwar nicht geklärt werden, wie Geld und
Brief in das Büro Shen Ghols gelangten, aber es fehlt jedes
Motiv, das eine Schuld Shen Ghols erklären könnte. Niemand
kann an einer Durchführung der Expedition mehr Interesse haben
als er. Und das Vorhandensein der HELOS garantierte diese
Expedition."
Der Präsident nickte zustimmend.
„Sie haben recht. Aber Brief und Geld müßten doch
einen Hinweis erbringen, wer der wahre Schuldige ist. Sind Sie allen
verfügbaren Spuren nachgegangen?"
„Darauf können Sie sich verlassen, Herr Präsident.
Aber ich kann Ghol nicht länger in Haft behalten, wenn keine
stichhaltige Begründung dafür vorliegt."
„Gut, dann lassen Sie ihn frei. Sorgen Sie aber dafür,
daß einer Ihrer Leute in der Werft beschäftigt wird. Wir
dürfen Ghol nicht aus den Augen verlieren."
„Übrigens hat sich Rex King, der Sohn Jenner Kings, für
die Freilassung Ghols eingesetzt. Ich wollte nur, daß Sie auch
das wissen."
„Jetzt weiß ich es", sagte der Präsident und
gab zu verstehen, daß er die Unterredung für beendet
ansah.
*
Wieder ein Tag später.
Rex und Shen saßen im Büro des Technikers.
„Wer war es nun wirklich, deiner Meinung nach? Wir müssen
versuchen, eine Erklärung dafür zu finden, wie der Umschlag
in dein Büro gelangen konnte. Wer hat überhaupt Zutritt,
wenn du abwesend bist?"
„Niemand! Das Büro ist abgeschlossen. Nur an jenem Tag,
an dem ich verhaftet wurde, hatte es der Chef mit dem
Zentralschlüssel geöffnet, damit der Polizist es betreten
konnte. Es sah aber ganz so aus, als hätte der Mann auf mich
gewartet, ehe er mit der Durchsuchung begann."
„Es ist demnach unmöglich, daß jemand den
Umschlag dort deponieren konnte - außer dir selbst?"
„Genauso ist es, Rex."
„Nun, dann bleibt nur eine einzige logische Möglichkeit:
der Umschlag wurde von dem Polizisten in deinem Zimmer versteckt und
später auch von ihm gefunden. Eine andere Erklärung gibt es
nicht!"
Shen starrte seinen Freund an.
„Warum sollte die Polizei oder die Regierung meine
Verhaftung einfädeln, um mich dann wieder freizulassen? Das ist
doch sinnlos!"
Rex nickte.
„Eben, das ist der springende Punkt der ganzen
Angelegenheit. Wenn wir darauf eine Antwort finden, haben wir das
Rätsel gelöst. Und dann haben wir auch den Mann, der die
HELOS in die Luft sprengte."
Shen Ghol betrachtete nachdenklich die Aktenregale. Noch einmal
rief er sich jene Augenblicke ins Gedächtnis zurück, die
später zu seiner Verhaftung führten.
„Was hast du?" fragte Rex. „Du machst ein
Gesicht, als hättest du ein schwieriges Problem zu lösen."
„Du kannst dich an der Denkarbeit beteiligen, Rex. An jenem
Morgen, an dem ich festgenommen wurde, muß ich so erstaunt und
überrascht gewesen, sein, daß ich nicht mehr logisch
überlegen konnte, aber jetzt, da ich
Weitere Kostenlose Bücher