PR TB 100 Der Kontinent Des Krieges
wurden
geköpft oder tödlich verwundet. Blut troff aus den Fellen
der Pferde; dorther, wo die räudigen Köter ihre Zähne
hatten hineingraben können. Die blitzenden Klingen hoben und
senkten sich. Einige der Landsknechte feuerten die Armbrüste ab.
In das Trommeln der Hufe, das Wiehern und erregte Schnauben, in die
kurzen, herrischen Kommandos der Reiter, in das Kreischen der vier
Mädchen mischten sich die hechelnden Laute der ausgehungerten,
halb wahnsinnigen Bestien, das harte Schnellen der Armbrustsehnen und
die Geräusche, mit denen die unterarmlangen Bolzen in die
Tierkörper einschlugen.
,Weiter! Schneller! Fangt den Gaul des Mädchens ein!“
schrie der Anführer. Er hieß Usinas und hatte eine tiefe,
tragende Stimme.
Nur noch drei Hunde umsprangen ihn. Er zog den rechten Fuß
im knielangen Stiefel aus dem eisernen Sattelschuh, holte aus und
trat zu. Der Tritt brach einem der Hunde das Genick. Der -zweite
verbis sich in den Spann des Stiefels und wurde von der breiten
Spitze der Lanze durchbohrt. Der letzte der hungrigen Hunde rannte
einige Meter neben dem dahinpreschenden Pferd entlang.
In außergewöhnlicher Ruhe befestigte Usinas das Ende
der Hellebarde im Sattelschuh, zog eine langläufige
Reiterpistole mit feinziseliertem Feuersteinschloss aus der
Lederhülle und warf sie im vollen Galopp in die Höhe. Er
griff zu, hielt das Ende des Laufes in der Hand und verwendete dann
den Griff als Keule. Mit einem scharfen Krachen zerbarst die
Schädeldecke des letzten Hundes. Das Tier überschlug sich
und wurde von den Hufen der nachfolgenden Pferde in den weichen Boden
getreten. Einer der fünfzehn lenkte seinen Rappen nach links,
zwang ihn in vier Sprüngen den Hang hinauf und erwischte den
durchhängenden Zügel des Pferdes, in dessen Beutesattel das
Mädchen hilflos hin und her schwankte.
,Keine Sorge, Agnes!“ sagte er.
Das Mädchen lächelt ihn verzerrt an, dann ging der wilde
Ritt weiter. Die ersten bearbeiteten Felder tauchten auf. In der
Ferne, hinter niedergerittenen Zäunen und rauchgeschwärzten
Mauern verbrannter Scheunen, in deren Steinen noch die Spuren von
Artillerietreffern zu sehen waren, tauchten die ersten Häuser
und der spitze Kirchturm auf.
Der Anführer zügelte sein Pferd, wurde langsamer und
ließ den Trupp an sich vorbeireiten. Er zählte
Neunundzwanzig. Sie hatten die Attacke der Hunde gut überstanden;
die Wunden der Pferde würde man im Dorf versorgen können.
Tag und Nacht ging es so, sie folgten einer Spur, die so gut wie
unsichtbar war. Nur Gerüchte, die Aussagen von Gefangenen, die
hinter vorgehaltener Hand kursierenden Auskünfte von Pfaffen
oder Ratsdienern... das waren die winzigen Punkte, die sich zu einem
Pfad durch ein vom Krieg verwüstetes Land gliederte. Usinas
wusste, dass er Vaskane Dyer finden musste. Das Schick sal einiger
Milliarden Menschen hing davon ab, dass er ihn lebend traf.
Nichts anderes zählte, dachte er grimmig, als er die Sporen
einsetzte und den Zug entlang ritt, um wieder die Spitze übernehmen
zu können. Schnell näherten sie sich der Siedlung. Es war
ein Zeilendorf, jeweils zwei Reihen Häuser und Ställe, die
sich entlang der S-förmigen Windung der Straße
gruppierten. Eine Kirche, deren Turm an der Ostseite Brand - und
Rauchspuren zeigte, erhob sich ziemlich genau in der Mitte, dort, wo
sich die Straße verbreiterte. Ein Bauer, der mit zwei
ausgemergelten Ochsen einen Acker pflügte, sah die dreißig
Reiter und verbarg sein Gesicht in beiden Händen.
, Schon wieder die Schweden!' dachte er. Man sah es ihm förmlich
an. Jetzt war der Zug zwischen den beiden ersten Gehöften. Der
Anführer versuchte, mit seinen scharfen Augen das Gebüsch
und die verwitterten Mauern zu durchdringen. Wurden sie angegriffen?
Niemand sah es ihnen an, dass sie keine Feinde waren, sondern
lediglich Suchende. Oder Jäger, die nach einem kostbaren Wild
suchten, das die vollkommenste Form der Mimikry beherrschte: es hätte
sich im größten Getümmel verborgen, war selbst zu
einem Teil dieser Wirrnis geworden.
Niemand sprach ein Wort.
Aus dem Galopp war binnen weniger Sekunden ein schneller Trab
geworden. Dreißig Reiter, ungefähr in Paaren
nebeneinander, ritten in das Dorf ein, dessen Namen sie nicht
kannten; keine Karte verzeichnete diese Ansammlung von Bauernhöfen.
Es stank nach Mist. Ein Hahn schrie heiser vom Stauwehr einer Mühle,
deren Dach große, unregelmäßige Löcher aufwies.
Irgendwo bellte ein Hund.
Usinas misstraute dem Frieden.
Er setzte
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