PR TB 105 Signale Auf Kanal Acht
handelte es sich um ein
kleines, flaches Kästchen von kaum fünf Zentimetern Länge.
Es reagierte auf elektromagnetische Signale. Den da
zugehörigen Signalgeber hatte er in der Tasche stekken.
Dann kam die abschließende Vorbereitung. In einem der
Geschäfte, in denen er vor sechs Tagen seinen ersten
umfangreichen Einkauf getätigt hatte, hatte er rund fünfzig
Pfund einer synthetischorganischen Masse erstanden, die zu vielerlei
Zwecken, zum Beispiel zur Ansetzung von Nährlösungen, als
Fischfutter und als Düngemittel, verwendet wurde. Die Masse war
formlos und schwammig und war in einen Plastikbehälter
eingeschlossen, aus dem Orin sie nun auf den Boden leerte. Da lag sie
nun, zitterte wie ein zu locker geratener Pudding und verströmte
einen nicht sonderlich angenehmen Geruch. Der Vorteil dieser Masse
lag darin, daß sie chemisch auf dieselbe Weise zusammengesetzt
war wie menschliche Zellsubstanz.
Er vergewisserte sich noch einmal, daß die zwei
Explosivkapseln, die er mitgebracht hatte, an Ort und Stelle waren.
Sie staken in der rechten Hüfttasche, wo er sie leicht erreichen
konnte. Er würde sie nur brauchen, falls die Polizei nicht so
reagierte, wie er es von ihr erwartete. Dann kehrte er zum
Rechneranschluß zurück. Es war jetzt fast fünfzehn
Uhr. In Kürze würde die Sonne untergehen. Es war Zeit, daß
er sich an die Arbeit machte.
Er stellte die Verbindung mit dem Zentralen Rechner her und
aktivierte sein Programm. Das Programm hatte zwei Aufgaben: Es
eröffnete ein Konto, ein Fiktivkonto natürlich, dessen
Nummer nirgendwo in den Büchern geführt wurde und die nur
ihm selbst bekannt war, und es sammelte Gelder von anderen, privaten
Konten, um sie in dem Fiktivkonto zu deponieren. Das Programm war
darauf eingerichtet, der Reihe nach einhunderttausend Privatkonten
abzugreifen und von jedem einen Betrag von zwanzig Qcrpa zu
entnehmen, vorausgesetzt natürlich, daß das Konto soviel
Geld enthielt. Das ergab, falls alle Konten reich genug waren, einen
Gesamtbetrag von zwei Millionen Qerpa oder einer Million Solar.
Die Polizei von Xanthin würde bereit sein zu glauben, daß
ein gewöhnlicher Bankräuber sich mit einer solchen Summe
zufrieden gab. Sie würde auch die Methode des Raubes nicht
verdächtig finden, obwohl sie denkbar primitiv war.
Die Polizei hielt ihre Augen offen. Es gab für sie
nichts Dringenderes als herauszufinden, was der nächtliche
Eindringling im Amt für Statistik und Rechnerangelegenheiten mit
seiner neuerworbenen Kenntnis anzufangen gedachte. Sie wußte
nicht, was er tun würde. Bankraub war nur eine von Hunderten von
Möglichkeiten. Die Polizei würde nicht lange brauchen, um
zu merken, daß sie diejenige war, die der Unbekannte gewählt
hatte.
Der Apparat, der ohne Zweifel schon vor Tagen in Gang gesetzt
worden war, um den Übeltäter zu fassen, mußte von
atemberaubender Komplexität sein. Jemand, der sich unbefugt in
das geheime Innere der sekundären Peripherie schlich, war nicht
leicht zu schnappen. Das System war nicht darauf ausgerichtet,
unbefugte Eindringlinge zu entdek-ken, sondern darauf .das Eindringen
so gut wie unmöglich zu machen. Wer sich einmal Zutritt
verschafft hatte, der war ziemlich sicher. Es sei denn, wie in diesem
Fall, man wartete auf seinen Vorstoß und hatte sich darauf
vorbereitet. Der Täer wurde sich nicht durch das Abgreifen der
Privatkonten verraten, denn Privatkonten wurden häufig
abgegriffen, und es war schwierig, zwischen befugten und unbefugten
Abgriffen zu unterscheiden. Es war der Sammelpunkt, an dem der Räuber
seine Beute vorläufig deponierte, das Fiktivkonto, das ihn
schließlich verraten würde. Das Fiktivkonto lag in einem
bisher unbenutzten Speicherbereich. Indem die Häscher alle
unbenutzten Bereiche überwachten, erwischten sie den Räuber
im Prozeß, seine Beute zu verstauen. Vielleicht nicht beim
ersten, nicht beim zweiten und auch nicht beim hundertsten Mal. Aber
wenn er, wie das Programm vorschrieb, einhundert tausendmal an
denselben Punkt zurückkehrte, um sich seines Raubes zu
erleichtern, dann war es unumgänglich, daß er geschnappt
wurde. Damit jedoch war das Problem für die Häscher erst
halb gelöst. Sie besaßen den Anschlußkode des
Räubers, aber der Kode war gefälscht und führte sie
nicht ohne weiteres zu der Datenendstation, die für den Raub
benutzt wurde. Dazu war ein Absuchen der Anschlußleitungen und
Funkverbindungen notwendig. Aber die Polizei besaß Erfahrung in
der Verfolgung solcher Spuren. Orin
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