PR TB 109 Das Unsichtbare Netz
beirren. Er schob
seine Schwester in die Kabine, schloß das Schott und
verriegelte es durch eine Serie von Befehlsimpulsen aus seinem
speziellen Codegeber.
Danach ging er in die Steuerzentrale, öffnete eine Flasche
Whisky und goß sich eines der großen Kristallgläser
randvoll. Er leerte es in einem Zug, goß sich nach und trank es
ebenfalls aus.
Danach fühlte er sich wohler - bis auf das linke Auge, das
sich zur Hälfte geschlossen hatte.
»Sie hat einen ganz schönen Schlag«, murmelte er.
»Na ja, sie ist schließlich eine Nelson.« Er
kratzte sich hinter dem Kopf, aktivierte seinen Armband-Telekom und
rief nach George.
»Ich habe soeben den Falter und Reineke fortgeschickt«,
sagte der Roboter, nachdem er sich aus der Bodenschleuse gemeldet
hatte. »Sie trampelten mir mit ihrer ständigen
Besserwisserei auf den Nerven herum.«
Es dauerte eine Weile, bis Guy begriff, daß mit »Falter«
und »Reineke« die Roboter Butterfly und Fox gemeint
waren.
»Und ich habe eben unseren Schiffsdrachen eingesperrt«,
sagte er.
»Meinen Sie Miss Mabel, Sir?«
»Haben wir noch einen anderen Staubtuchschwinger an Bord?«
fragte Guy
zurück.
George gab eine Lautfolge von sich, die sich wie menschliches
Kichern anhörte. Er war eben eine besondere Art von Roboter.
»Tatsachlich? Warum, Sir?«
»Sie wollte meine Sonntagspfeife und meinen Whiskyvorrat
vernichten.«
Guy schüttelte den Kopf.
»Es ist mir unbegreiflich, wie meine Schwester sich in
jüngster Zeit entwickelt. Sie hat sogar unseren gesamten
Kaffeevorrat in den Konverter geschüttet.«
»Das will mir nicht in den Kopf, Sir. Da muß ich meine
Großhirnrindenzellen auf Hochtouren jagen, um das Rätsel
zu lösen.«
»Tu bloß nicht, als wärst du ein Mensch!«
empörte sich Guy.
»Aber Sie selber wollen doch, daß ich mich wie ein
richtiger menschlicher Zellhaufen benehme, Sir!«
»Aber doch nicht, wenn wir allein sind, du
Gehirnersatzträger! Mach die Luken dicht und komm herauf zu mir!
Wir müssen beraten, wie wir meine Schwester von ihrem Wahn
heilen können, daß allseitige Enthaltsamkeit zu mehr
Gesundheit führt.«
»Vielleicht sollte ich Miss Mabel mein neuestes Gedicht
vortragen, Sir«, meinte der Roboter.
»Du hast ein neues Gedicht gemacht?«
George nickte eifrig.
»Ja, Sir. Es heißt >Tanz durch Raum und Zeit<.«
»Das klingt vielversprechend. Aber erst beraten wir. Ich
erwarte dich.«
Guy Nelson unterbrach die Verbindung, schenkte sich einen neuen
Whisky ein und nahm einen großen Schluck. Dann stopfte er seine
Pfeife, zündete sie an und dachte nach.
Aber noch bevor George eintraf, summte der Interkommelder. Guy
schaltete das Gerät ein.
Auf dem Bildschirm entstand das Abbild Mabels. Unwillkürlich
fuhr Guys Hand mit dem Whiskyglas hinter den Rücken.
»Ja, Schwesterherz?« fragte er beflissen.
»Whisky ist schädlich«, sagte Mabel Nelson in
lehrhaftem Ton, »und zwar nicht nur wegen seines
Alkoholgehaltes, sondern auch wegen der Farbbestandteile.«
»Aha!« machte Guy. »Das wußte ich bisher
noch nicht. Gut, daß du mich gewarnt hast. Was gibt es sonst
noch?«
»Bitte, gieß den Whisky weg, den du in dem Glas hinter
deinem Rücken versteckst, Guy. Sei lieb.«
»Einverstanden«, erwiderte Guy und goß den
Whisky durch seine Kehle. »Fort ist er.«
»Oh, Guy!« klagte Mabel.
In diesem Augenblick betrat George die Steuerzentrale. Guy atmete
verstohlen auf und sagte:
»Da bist du ja, George! - Mabel, dürfen George und ich
dich besuchen?«
»Selbstverständlich«, antwortete Mabel. »Ich
habe sowieso noch ein ernstes Wort mit dir zu reden. Man sperrt eine
Nelson nicht ein wie einen Hund.«
Darauf wußte der Raumkapitän nichts zu antworten. Er
schaltete den Interkom aus und begab sich mit seinem
Robot-Assistenten zu Mabels Kabine.
Zu seinem Erstaunen machte Mabel keinen Versuch, aus ihrer Kabine
zu fliehen, als Guy den Sperrcode löschte. Auf seine
entsprechende Frage meinte sie, daß sie nicht riskieren dürfe,
sich oder irgend jemand sonst zu verletzen.
Guy Nelson wunderte sich über diese Argumentation, denn sein
geschwollenes Auge erinnerte ihn recht lebhaft an ein Ereignis, das
Mabels neuestem Argument schlagend widersprach.
Da er andererseits nicht an neuerlichen Tätigkeiten
interessiert war, bei denen er infolge seiner konservativen
Anschauung in dieser Hinsicht nur den Prügelknaben abgegeben
hätte, widersprach er seiner Schwester nicht.
»Wenn du mir versprichst, meinen Tabak, meine Pfeifen und
meinen
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