PR TB 129 Die Invasion Findet Nicht Statt
Augenpartie des merkwürdigen
Wesens waren vor Kälte blau angelaufen. Der unteren
Gesichtshälfte mochte es nicht anders ergehen, aber die verbarg
sich hinter einem ungepflegten, eisgrauen Bart. Der Mann stand
abwartend neben seinem Fahrzeug und blickte Richter entgegen. Er
schien zu schwanken.
Ob das eine Folge der Überraschung oder des ziemlich kräftig
blasenden Windes war, konnte Richter vorläufig noch nicht
erkennen.
„Hallo-a!“ schrie der Blaugefrorene gegen das Pfeifen
des Windes.
„Hallo-a!“ antwortete Richter mit dem auf Upatik
geläufigen Grußwort. „Was tun Sie in dieser Kälte?
Frieren Sie nicht?“
Der Mann trug keine Uniform, also gehörte er nicht zum
technischen Dienst, dem die Beaufsichtigung der Hyperantennen oblag.
Überhaupt machte er einen harmlosen, ungefährlichen
Eindruck. Richter ließ die Waffe weiterhin in der Tasche
stecken.
„Frieren? Ich?“ lachte der Bärtige. „Haha!
Sowas hat...so was hick...“
„Wie bitte?“
„Sssowas hat die Welt noch nicht erlebt!“ sprudelte
der Blaugefrorene hervor, als hätte er Angst. bei langsamerer
Sprechweise den Faden wieder zu verlieren.
Mark Richter konstatierte, daß das Schwanken des Mannes
weder von der Überraschung, noch vom Wind herrührte,
sondern aus einem wesentlich einfacheren Anlaß, der
gleichzeitig auch dafür verantwortlich sein mochte, daß
der Bärtige die.Kälte nicht so sehr empfand.
„Wa-was tun Sssie hier?“ erkundigte sich der Blaue.
„Ich bin Prospektor“, antwortete Richter. „Ich
fahre auf dem Land herum und suche nach Orten, an denen
möglicherweise Bergwerke eingerichtet werden können.“
Der Bärtige machte große, überraschte Augen.
„Proschpektor? Das bin ich auch! Hick!“
Richter streckte ihm die beh‘andschuhte Hand entgegen.
„Freut mich, Kollege! Ich bin auf dem Weg nach Bauxit-Lager.
Kommen Sie mit? Ich gebe einen aus!“
Der Schwankende zögerte nicht.
„Ei-einem, der ei-einen ausgibt, gehört mein ganzes
Herz !“ versicherte er.
Richter hatte inzwischen Gelegenheit gehabt, das Ausmaß der
Gefahr abzuschätzen, das ihm von
diesem Mann drohte. Hier genügten wahrscheinlich ein paar
Schnäpse, um den Verstand des ohnehin Angetrunkenen vollends zu
verwirren, so daß er als Zeuge keinen Wert mehr besaß.
Die Bereitwilligkeit, mit der der Bärtige auf seine Einladung
einging, erleichterte die Sache.
Er versuchte, sich durch das Luk ins Innere seines Gleiters zu
zwängen. Das gelang ihm erst, als Richter nachhalf. Schwerfällig
plumpste er in den Fahrersitz. Mehrere Versuche, den abgestellten
Motor wieder in Gang zu bringen, schlugen fehl. Aus dem Innern des
Wagens kam, von einem kräftigen Rülpsen unterbrochen, die
Klage:
„Singlik Schnatz mag nicht mehr!“ Richter grinste.
„Ist das Ihr Wagen?“
„Wer? Was? Das hier? Na-natürrlich.
„Nein, ich meine Singlik Schnatz.“
„Neiiiin“, jammerte der Betrunkene. „Singlik
Schnatz, das bin ich! Ich mag nicht mehr!“
Er reckte Richter die Arme entgegen und ließ sich durch das
Luk herausziehen.
„Dann fahren wir in meinem Wagen“, schlug Richter vor.
„Jawoll !“ bekräftigte Singlik Schnatz.
„Aber wie kommen Sie dann wieder zu Ihrem Fahrzeug?“
Schnatz starrte seinen alten Gleiter verwundert an, als sähe
er ihn zum ersten Mal. Dann machte er eine wegwerfende Geste, die ihn
um ein Haar aus dem Gleichgewicht gebracht hätte.
„Ach, die alte Ki-kiste. Ich brauch‘ sowieso eine
neue. -sss schon lange fällig.“
Richter lud ihn in seinen Wagen. Wortlos nahm er Kurs auf
Bauxit-Lager.
Bauxit-Lager war, wie die Leute auf Upatik sagten, eine
Fünf-Häuser-Stadt. In Wirklichkeit gab es mehr als ein
Dutzend Gebäude, und die Mehrzahl davon war stattlichen Umfangs.
Damit wurde ein grundsätzliches Prinzip der lokalen Architektur
befolgt: ,Je größer ein Gebäude, desto geringer das
Verhältnis von Oberfläche zu Volumen und desto geringer der
spezifische Wärmeverlust an die kalte Umwelt. Zudem waren die
Häuser im Thermal-Verbund errichtet: Die Straßen zwischen
den Häusern waren überdacht und wurden ebenso klimatisiert
wie das Innere der Gebäude. Nach Bauxit-Lager hinein gelangte
man durch eine von sechs Wärmeschleusen, die dazu dienten, die
mörderisch kalten Temperaturen der Außenwelt vorn
klimatisierten Innern der kleinen Siedlung abzuhalten.
Es gab in Bauxit-Lager zwei Unterkünfte: Die eine, in der die
Besatzung des hiesigen BauxitBergwerks wohnte, und ein kleines Hotel,
das Geschäftsreisenden
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