PR TB 134 Das Parachron Attentat
den Zug, der sein Gegenüber von ihm
unterschied. Des anderen Tifflors Lippen waren dünner als seine,
und die Mundwinkel hatten eine leichte Krümmung nach unten, die
dem Gesicht einen mürrisch-überheblichen Ausdruck verlieh.
»Genug gestarrt!« schnarrte der andere Tifflor. »Man
begegnet zwar nicht alle Tage seinem
Doppelgänger, aber man braucht auch den Kopf darüber
nicht gleich zu verlieren.« Er machte eine knappe Handbewegung
in Richtung eines Sessels. »Setzen Sie sich!«
Julian rührte sich nicht.
»Ich mache in diesem Aufzug keine Aufwartung«, sagte
er kühl. »Sagen Sie, was Sie zu sagen haben, und dann
lassen Sie mich in meine Zelle zurückkehren, wo ich wenigstens
nur von den unpersönlichen Augen Ihres Computers angestarrt
werde.«
Der andere Tifflor zog leise die Brauen in die Höhe.
»Empfindlich, wie?« meinte er spöttisch. Er
schnippte mit den Fingern. In der Wand öffnete sich eine Tür,
die in einen umfangreichen Schrank führte. »Ihre Klamotten
hängen dort drin. Kleiden Sie sich an, und dann setzen Sie sich
endlich hin!«
Julian tat, wie ihm geheißen war. Er durchsuchte die Taschen
seines Anzugs und fand sie leer.
»Ich besaß, außer anderem, etwa dreißig
Solar in Geldstücken, ein wenig fremde Währung und eine
ID-Karte«, bemerkte er sarkastisch. »Ich hoffe, es ist
Ihnen damit gelungen, Ihren Staatsfinanzen wieder auf die Beine zu
helfen.«
»Werden Sie nicht komisch!« fuhr der Diktator ihn an.
»Es geht hier um mehr als dreißig Solar und eine
Plastikkarte!«
»So? Worum geht es denn?«
Der andere Tifflor musterte seinen Doppelgänger von oben bis
unten, als hätte er das zuvor noch nicht ausgiebig getan.
»Wie sind Sie hierhergekommen?« wollte er -wissen.
»Parachron-Effekt?«
Es hatte keinen Zweck zu leugnen. Julian nickte.
»War diese Bezugsebene Ihr Ziel?«
»Nein. Ich bin auf dem Weg in meine Heimat. Schrittweise.«
»Daraus wird nichts! Das Schicksal hat Sie mir in die Hand
gegeben, und ich werde mir diesen Gewinn nicht nehmen lassen.«
Julian ging darauf nicht ein. Der andere Tifflor wandte sich zur
Wand, wo ein riesiger Bildschirm ein Fenster vortäuschte, und
begann im Ton eines Festredners:
»Ein Mann wie ich lebt nicht ohne Feinde. Seit dem Beginn
der neuen Zeitrechnung, seit 209 Jahren, obliegt die Verantwortung
für das Solare Imperium alleine mir. Das Parlament ist
abgeschafft. Die Führung liegt in meiner Hand.
Diese zweihundert Jahre sind der Menschheit gut bekommen. Sie hat
ihren Machtbereich über die ganze Galaxis ausgedehnt. Arkon,
Akon, die Blues, um nur einige zu nennen, sind Untertanen des
Imperiums. Wir haben großen Einfluß auf dem Gebiet der
intergalaktischen Politik. Unsere Nachbarin, Andromeda, überläßt
uns die Vertretung ihrer Interessen in den intergalaktischen Gremien.
Noch nie zuvor hielt die Menschheit derartige Macht in den Händen.
Und dennoch gibt es Menschen, die mich befeinden. Die Fortschritte
der letzten zwei Jahrhunderte gelten ihnen nichts. Sie jammern nach
der Freiheit, die sie verloren zu haben meinen. Sie halten es für
ungerecht, daß ein Mann die gesamte Macht verwaltet. Sie wollen
das Parlament wieder eingeführt sehen und den Herrscher dazu
zwingen, daß er sich der Mehrheit des Volkes unterwirft.«
Er lachte spöttisch. »Als ob die Mehrheitjemals im Laufe
der Menschheitsgeschichte gewußt hätte, was gut für
sie ist!«
Er wandte sich wieder um und faßte Julian scharf ins Auge.
»Gegen diese Feinde muß ich mich wehren. Nur der
wenigsten kann ich habhaft werden. Die Mehrzahl hat sich im
Untergrund verkrochen und im Laufe der Zeit eine Schlauheit
entwickelt, die unserer Fahndungsmethoden spottet. Jetzt jedoch
bietet sich mir eine neue Möglichkeit. Ab sofort gibt es zwei
Tifflors! Ab sofort kann der eine Tifflor die weiten Reisen
unternehmen, die für die Person des Herrschers nun einmal
unerläßlich sind, ohne daß er den Platz am Steuer
der Reichsgewalt zu verlassen braucht. Ab sofort wird Julian Tifflor
allgegenwärtig sein und seine heimlichen Feinde zum Zittern
bringen! Verstehen Sie das?«
Julian hatte dem Vortrag ungerührt zugehört.
»Ich verstehe, daß Sie mir eine Art
Stellvertreterposten anbieten.«
»Anbieten?« dröhnte des Diktators Stimme. »Ich
kommandiere Sie dazu ab!«
»Wie Sie wollen. Aber Ihr Plan ist von vornherein schon
durchlöchert.«
»Inwiefern?«
»Nicht nur Simon Levenstein, sondern auch die vier
SolAb-Agenten, durch die Sie mich vergangene Nacht abholen
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