PR TB 139 Die Sonnengeister
anzudeuten
schien, hypnotischen Zwecken, sondern vielmehr der Erzeugung von
wirklichkeitsnahen Halluzinationen, die mit Hilfe modulierter
Schwachströme in das Gehirn des zu Untersuchenden übertragen
wurden. Es handelte sich um ein primitives Instrument; aber in der
Vergangenheit hatte es sich bei der Analyse komplizierter
Bewusstseinsvorgänge des öfteren als sehr nützlich
erwiesen.
Zu dem Injektor gehörte eine Reihe auf Band gespielter
Halluzinationsmuster. Man konnte das Band also mit einem Videoband
vergleichen, auf dem Bild- und Tonszenen gespeichert sind. Auch der
Inhalt des Halluzinationsbandes verwandelte sich schließlich in
Bilder und Geräusche - jedoch nicht auf einem Bildschirm oder im
Innern eines Lautsprechers, sondern unmittelbar im Bewusstsein des
Patienten. Sunik hatte eine Reihe von Mustern ausgesucht, die Jariel
Borr veranlassen würden zu glaube er befinde sich in höchster
Gefahr.
»Fertig?« fragte Yorn Bekker.
»Alles bereit«, antwortete der Robot.
»Was ist bereit?« heulte Jariel Borr. »Was habt
ihr mit mir vor? Ich will nicht! Hört ihr? Ich will nicht...!«
»Muster eins!« sagte Sunik mit sachlicher Stimme.
In der Konsole begann es leise zu summen. Durch Jariel Borrs
Körper fuhr ein Ruck. Er stemmte sich gegen die Fesselung,
versuchte, sich aufzubäumen.
Aber die Fesseln hielten. Borr hatte die Augen unnatürlich
weit aufgerissen und starrte mit schreckverzerrtem Gesicht ins Leere,
als sehe er dort eine tödliche Gefahr.
Plötzlich stieß er einen gellenden Schrei aus. Er
schloss die Augen und sank schlaff auf die Liege zurück, nur um
im nächsten Augenblick sich wieder aufzubäumen und gegen
die Fesseln anzukämpfen. Er schrie jetzt unaufhörlich, und
wenn er die Augen offen hatte, sah man, dass sie vor lauter
Blutandrang rot geworden waren.
»Muster zwei!« rief Sunik, um den Lärm zu
übertönen, als die Messgeräte anzeigten, dass das
erste Halluzinationsmuster abgelaufen war.
Der Kampf begann von neuem. Es war, als entwickele Borr von
Sekunde zu Sekunde neue Kraft. Ein normaler Mensch wäre alleine
von den Anstrengungen, mit denen Borr auf das erste Muster reagiert
hatte, schon völlig erschöpft gewesen. Nicht aber dieser
Mann. Er kämpfte mit zunehmender Wildheit, die aus der
unsinnigen Angst genährt wurde, in der er befangen war. Mit
wachsender Sorge beobachtete Yorn Bekker die Instrumente, die die
Lebensfunktionen des Gefangenen überwachten. Er würde den
Versuch eher abbrechen, als dass er Jariel Borr wissentlich in
Lebensgefahr brachte.
Das Ende kam völlig überraschend. Kurz vor Ablauf des
zweiten Musters versuchte Borr ein letztes Mal, sich aufzubäumen.
Er bot ein Bild des Ultimaten Schreckens: mit rollenden,
blutunterlaufenen Augen und geiferndem, weit aufgerissenem Mund.
Dann, plötzlich, stieß er einen halblauten, gurgelnden
Schrei aus und sank zurück.
»Ende!« rief Yorn Bekker warnend, als er sah, dass die
Lichtzeiger auf seinen Messinstrumenten in Richtung des Nullpunkts zu
sinken begannen.
Sunik schaltete ab. Bekker blieb noch eine Zeitlang hinter seinen
Messgeräten sitzen. Die Lichtmarken hatten sich stabilisiert und
lagen nun auf einem Niveau, das etwa den Zustand tiefer
Bewusstlosigkeit markierte. Jariel Borr war vorläufig außer
Gefahr. Bekker stand auf und stellte, als er sich mit der Hand über
die Stirn strich, verblüfft fest, dass er in Schweiß
geraten war.
Sunik, der die Bewegungen der menschlichen Physiognomie sehr wohl
nachzuahmen verstand, lächelte.
»Das bringt einen ganz durcheinander, nicht wahr?«
sagte er.
»Und ob!« knurrte Bekker. »Ich hoffe, das
erweist sich nicht als die einzige Methode, mit der man den von den
Quapax Befallenen helfen kann.«
Sie hatten Borr allein gelassen. Mit Hilfe einer Injektion war
sein durch die psychische
Tortur in Mitleidenschaft gezogener Kreislauf stabilisiert worden.
Sunik, der von solchen Dingen mehr verstand als die ändern,
rechnete nicht damit, dass er vor Ablauf von drei Stunden zu sich
kommen werde.
Von der Expedition lagen noch keine neuen Meldungen vor. Mit dem
Eintritt des Raumschiffs in den kritischen Sektor nahe der innersten
Planetenbahn war im Laufe der nächsten zwei Stunden zu rechnen.
An Bord funktionierten alle Instrumente einwandfrei, und über
einen der Breitband-Radiokanäle wurden laufend die Daten
übertragen, die die von Sunik und Taitinger installierten Psi
Monitoren erzeugten. Sie wurden in der Bodenstation, also vom Rechner
im Kontrollturm des
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