PR TB 139 Die Sonnengeister
Gebäude der Genossenschaft ein wenig
an Selbstbewusstsein verloren habe. Auf den
ersten Blick schien dies jedoch nicht der Fall zu sein. Sobald sie
festen Boden unter den Füßen fühlte, stemmte sie die
Arme in die Seiten und blitzte Yorn Bekker an:
»So, jetzt meinst du wohl, du hättest eine völlig
geknickte Frau vor dir stehen, was? Eine, die aus lauter
Schuldbewusstsein nur noch am Boden kriecht!«
Yorn Bekker brachte es fertig zu lächeln.
»Nicht ganz so drastisch, Merwina«, antwortete er,
»aber so etwa in diese Richtung hatten sich meine Erwartungen
durchaus bewegt.«
Da glitten ihr plötzlich die Arme schlaff herab. Sie senkte
den Kopf, und ein trockenes Schluchzen schüttelte ihren
stämmigen Körper.
»Da hattest du auch recht!« brachte sie mühevoll
hervor. »Die Toten da unten auf den Straßen ... Ich sah
sie, jedes Mal wenn ich durch die Trümmerlücke blickte. Bis
mich das Grauen packte. Da blieb ich einfach unten im Keller, im
hintersten Winkel, und traute mich nicht mehr ans Tageslicht. Wenn
ich schlafe, erscheinen mir ihre Gesichter im Traum. Ich bin an ihrem
Tod schuld! Ganz allein ich ...!«
Sie begann zu wanken. Sie hatte die Hände zu Fäusten
geballt und gegen die Augen gepresst. Norma Singer umfing sie, bevor
sie stürzen konnte.
»Du warst unvorsichtig und optimistisch, Merwina«,
sagte sie sanft. »Aber niemand kann dich im Ernst für den
Tod der Siedler verantwortlich machen.«
Norma warf Bekker einen fragenden Blick zu und erhielt ein Nicken
zur Antwort. Sie führte Merwina fort. Der Dicken tat Ruhe
nötiger als irgend etwas anderes. Norma würde
dafür sorgen, dass der Bordarzt ihr ein Beruhigungsmittel
verabreichte. Für
die Sicherheit der Leute an Bord der PUNTA ARENAS war im
Augenblick nichts zu befürchten: Das Schirmfeld, das den
Kernsektor des Schiffes von der Umwelt trennte, stand.
Die beiden Frauen waren kaum gegangen, da trat Sunik aufYorn
Bekker zu.
»Wir haben Glück gehabt«, sagte er.
»Inwiefern?«
»Im Innern des Schirmfelds befinden sich nur zwei
freischwebende Quäpax.«
»Nicht in unmittelbarer Nähe, nehme ich an?«
»Nein. Zuerst waren sie auf uns aufmerksam geworden. Aber
als wir den Schiffskern durch ein zusätzliches Schirmfeld
absicherten, verloren sie unsere Spur. Jetzt schweben sie irgendwo
draußen herum und wundern sich wahrscheinlich, warum ihr
Aktionsradius plötzlich so eingeengt ist.«
»Bei den Besessenen in den Häusern zeigt sich keine
Reaktion?«
»Nein, sie denken zu langsam. Bevor sie darauf kamen, dass
sich an Bord dieses Fahrzeugs eine Menge Leute befanden, die
eigentlich ihre Todfeinde sind, hatten wir das zusätzliche Feld
schon errichtet, und damit erledigte sich die Sache von selbst.«
»Gut«, sagte Yorn Bekker. »Was macht übrigens
dein Experiment?«
»Ich will gerade damit anfangen«, antwortete der
Robot. »Deswegen bin ich hier.«
Er zog den rechten Arm hinter dem Rücken hervor und zeigte
auf der Handfläche ein kleines Gebilde, das aussah wie ein Mast.
Es war knapp zehn Zentimeter hoch, entsprechend dünn, und trug
an der oberen Spitze eine kleine Kugel aus bläulich schimmerndem
Metall.
»Was ist das?« fragte Bekker überrascht.
»Die Quapaxfalle!« verkündete Sunik mit täuschend
echt gespieltem Stolz.
»Das kleine Ding...?!«
»Unsinn! Das ist nur ein Modell. Die richtige Falle steht
bereits unten in der Südpolschleuse, fertig zur Aktion.«
»Was nützt mir das?« beklagte sich Bekker. »Die
Südpolschleuse liegt außerhalb des Zusatzfeldes. Ich kann
nicht hinunter, es sei denn ...«
»Du brauchst nicht hinunter!« beruhigte ihn Sunik.
»Die Falle ist mit entsprechenden Messgeräten verbunden.
Wir können den Vorgang vom Kommandostand aus beobachten.«
Auf dem Interkombildschirm war das seltsame Gebilde deutlich zu
sehen. In Wirklichkeit war es ungefähr fünf Meter hoch, und
die blauschimmernde Kugel am oberen Ende hatte einen Durchmesser von
etwa einem halben Meter.
»Eigentlich hätte ich viel früher darauf kommen
müssen«, meinte Sunik. »Das Prinzip ist recht
einfach. Die Quapax reagieren auf pesionische Impulse, wie sie von
intelligentem Bewusstsein ausgehen. Sie werden dadurch angezogen.
Also braucht man diese Impulse nur zu simulieren. Die Fähigkeit
dazu haben wir.«
»Und was dann?« fragte Bekker. »Wir locken die
freischwebenden Quapax an, und dann ...?«
»Die Kugel dort«, antwortete Sunik und deutete auf das
Gebilde, das auf dem Bildschirm zu sehen war, »enthält
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