PR TB 140 Die Monddiebe
ich
merkte, daß der Oberst ein Naturfreund war, bot ich ihm an, von
gestern nach Dienstschluß bis heute mittag meinen Privatgleiter
zu benutzen und ebenso mein Landhaus im Nan-Shan-Gebirge. Oberst
Cullionidikes nahm mit Freunden an.«
Er holte tief Luft.
»Er stieg also gestern abend in meinen Gleiter und startete.
Aber er kam nicht pünktlich zurück. Statt dessen erhielt
ich vor einer halben Stunde die Nachricht, daß mein Gleiter in
der Nähe von Kiuchuan gefunden worden sei: beschädigt und
leer. Da der Oberst außerdem
mir beinahe wie ein eineiiger Zwilling gleicht, liegt für
mich der Schluß nahe, daß jemand es auf mich abgesehen
hatte und statt dessen den Oberst erwischte. Ich würde mich
nicht wundern, wenn seine Leiche in der nächsten Zeit irgendwo
auftauchte.«
Solarmarschall Deighton nickte bedächtig.
»Natürlich liegt dieser Schluß nahe, Bully«,
erwiderte er. »Aber er muß nicht stimmen. Genausogut kann
Oberst Cullionidikes einen relativ harmlosen Unfall gehabt haben und
ist zu Fuß fortgegangen, um Hilfe zu holen. In dem Bericht der
Polizei, den Sie mir gaben, steht jedenfalls, das Funkgerät des
Gleiters sei ebenfalls beschädigt und unbrauchbar, so daß
der Oberst nicht über Funk Hilfe holen konnte. Möglicherweise
hat er sich verirrt.«
»Haben Sie veranlaßt, daß nach ihm gesucht wird,
Gal?« erkundigte sich der Staatsmarschall.
»Selbstverständlich«, antwortete Deighton. »Ich
denke, daß ich in zwei Stunden weiß, ob Ihre oder meine
Theorie zutrifft.«
Reginald Bull schüttelte den Kopf.
»Halten Sie mich nicht für stur, Gal«, meinte er.
»Aber ich habe das bestimmte Gefühl, daß der Oberst
einem Anschlag zum Opfer gefallen ist, der mir galt. Er kann einfach
keinen Unfall gehabt haben, denn er flog nach festem Programm, und
mein Gleiter hat dreifach ausgelegte Sicherheitseinrichtungen. Ich
bleibe dabei, daß jemand versucht hat, sich meiner zu
bemächtigen. Ich werde mich künftig vorsehen müssen.«
»Auch das ist selbstverständlich«, pflichtete der
SolAb-Chef ihm bei. »Ich habe dafür gesorgt, daß Sie
bis auf weiteres ständig beschattet werden, und ich bitte Sie,
vorläufig nicht allein - auch nicht mit Alice -auszugehen,
sondern sich entweder in Imperium Alpha oder zu Hause aufzuhalten,
bis die Angelegenheit geklärt ist.«
Er runzelte die Stirn, als der Visiphonmelder summte, dann griff
er nach dem Apparat und schaltete ihn ein.
Der Bildschirm erhellte sich. Das Gesicht eines Mannes in Zivil
erschien.
»Ja, Captain Sikkim.?« fragte Deighton gespannt.
»Wir haben Oberst Cullionidikes gefunden, Sir«,
berichtete Captain Sikkim. »Er irrte scheinbar ziellos durch
ein Waldstück und redete wirres Zeug, als wir ihn ansprachen.«
»Wann können Sie ihn bei mir abliefern, Captain?«
fragte Deighton.
»In etwa einer Stunde, Sir«, erklärte Captain
Sikkim.
»Gut!« meinte der Solarmarschall. »Versuchen Sie
nicht, ihn zu beeinflussen. Ich lege Wert darauf, daß der
Oberst in dem Zustand bei mir abgeliefert wird, in dem er gefunden
wurde.«
»Verstanden, Sir!« antwortete Captain Sikkim. »Ende!«
Galbraith Deighton schaltete das Visiphon aus und wandte sich
wieder Reginald Bull zu.
Doch bevor er etwas sagen konnte, erklärte Bull:
»Ich möchte wetten, daß Cullionidikes
mechanohypnotisch beeinflußt wurde, Gal. Anders kann ich mir
seinen wirren Geisteszustand nicht erklären.«
Deighton lächelte starr.
»Warten wir es ab, Bully«, erwiderte er.
3.
Nachdem der Kommandant die Kursänderung programmiert hatte,
schwang der Rumpf der VIRGO BETA langsam herum.
Im Frontsektorder Panoramagalerie erblickte Vymur Alsaya den
Ausschnitt eines Raumsektors, der sich durch eine bizarre Vermischung
von hellen Nebeln und Dunkelwolken auszeichnete.
»NGC 6611«, sagte Everett Broda, der bemerkte, daß
sein Passagier sich für das Bild auf dem Frontschirmsektor
interessierte. »Wir kommen allerdings nicht bis dorthin, denn
die Sonne Bardoi liegt zwischen uns und diesem Raumsektor.«
»Ein imposantes Bild«, erwiderte Vymur. »Wenn
man sich vorstellt, wie langsam - für menschliche Begriffe -
alle kosmischen Prozesse ablaufen, dann merkt man erst einmal, wie
vergänglich wir Menschen doch sind.«
»Sie haben recht«, meinte Broda. »Aber im Moment
habe ich ganz andere Sorgen.«
Vymur Alsaya lächelte.
»Aber Sie haben auch viel Zeit, falls Ihre Sorgen sich als
begründet erweisen sollen. Doch vielleicht ist schon in wenigen
Stunden alles wieder in Ordnung.«
Er
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