PR TB 143 Der Mann Mit Der Maske
ständig, sondern nur dann, wenn das seltsame
Leuchten entstand.
Menchenk begann von neuem zu sprechen.
„Ich sagte, ich wüßte nicht, was die Fremden hier
treiben", bemerkte er wesentlich ernster, als er zuvor gewesen
war. „Das ist auch im allgemeinen richtig. Aber während
einer Nacht, da habe ich sehr wohl beobachtet, was sie taten. Das war
zwei Nächte vor dem Tag, an dem du hier erschienst. Damals
verschwanden sie nicht unter dem Boden. Sie blieben an der
Oberfläche, und es waren ihrer soviele, daß ich fast schon
glaubte, der Augenblick der Entscheidung sei gekommen.
Bis ich dann merkte, daß von den vielen nur eine Handvoll zu
Jantzons Leuten gehörte. Die ändern..."
Er brach ab und schüttelte den Kopf. Sein feingeschnittenes
Gesicht zeigte einen Ausdruck tiefer Trauer.
„Ich will nicht darüber reden", sagte er: „Besser,
du siehst den Jammer mit eigenen Augen. Wenn die Nacht anbricht,
führe ich dich hin."
*
Schweigend stapfte Mark Richter durch den Sand. Ein kühler
Nachtwind fuhr über die weite Ebene und brachte die winzigen
Sandkörner zum Singen. Es fiel Mark Richter schwer, sich in der
eintönigen Landschaft zu orientieren; aber er glaubte zu wissen,
daß sie sich vom Gewitterbaum fortbewegten.
„Damals kamen sie ganz kurz vor Sonnenaufgang",
erklärte Menchenk, der auf seiner Schulter saß. „Sie
hatten es ziemlich eilig, wieder zu verschwinden - die Handvoll Leute
da, arme Teufel einer wie der andere. Damals wußte ich
allerdings noch nichts davon. Ich beobachtete sie, solange die Nacht
währte, dann verkroch ich mich in meiner Höhle. Erst in der
nächsten Nacht kam ich wieder hervor. An ihren Spuren erkannte
ich, daß sie sich in alle Winde zerstreut hatten. Nur ein paar
waren in der Nähe geblieben, die schwächsten von ihnen."
Weiter sprach er nicht. In Mark Richter aber dämmerte eine
furchtbare Ahnung.
„Wie viel waren es insgesamt?" wollte er wissen.
„Ein paar hundert", antwortete der Odykenaler. „Zu
viele, als daß ich sie hätte genau zählen können.
Aber an die dreihundert werden es wohl gewesen sein."
Mark Richter biß die Zähne zusammen. Die Ahnung wurde
zur Gewißheit. Dumpfer, hilfloser Zorn wallte in ihm auf. Sie
marschierten noch etwa eine halbe Stunde, da begann der Boden sich
auf einmal zu senken und bildete mitten in der Wüste eine
flache, trichterförmige Vertiefung. Auf dem Boden des Trichters
lag etwas Dunkles mit undeutlichen Konturen, die im schwachen Licht
der Sterne verschwammen. Mark Richter beschleunigte den Schritt und
eilte den sanften Hang hinab.
Es waren ihrer vier, zwei Männer und zwei Frauen in
Alltagskleidung, keiner von ihnen unter einhundert Jahren, alte
Menschen, die den Strapazen dieser Höllenwelt nur einen Tag lang
standgehalten hatten. Sie lagen nebeneinander, als hätten sie
selbst im Sterben noch auf Ordnung sehen wollen. In ihren toten Augen
brach sich das Sternenlicht. Unter der mörderischen Hitze der
Tage hatte der Prozeß der Mumifizierung bereits begonnen. Auf
dieser trockenen, keimfreien Welt verrottete nichts. Im Laufe der
Wochen und Monate würde der Sand die Leichen zudecken, aber die
gemarterten Körper würden bis in alle Ewigkeit
weiterexistieren - oder doch bis zum Beginn des nächsten
Fünfjahres-Zyklus, wenn die Wolken über der Wüste
aufzogen und die Regenmassen herabstürzten.
Vier nur lagen hier, aber es gab keinen Zweifel, daß die
anderen dasselbe Schicksal gefunden hatten - weiter draußen in
der Wüste. Nicht einer von ihnen konnte mehr am Leben sein.
Zuviel Zeit war vergangen, seitdem man sie auf diesem Planeten
abgesetzt hatte.
Dreihundert Ahnungslose, die der unbekannte Gegner hatte
verschwinden lassen, um allein durch die große Zahl der
Entführungen vom Verschwinden der fünf Wissenschaftler
abzulenken. Sie hatten niemand etwas getan. Die Nutzlosigkeit ihres
Todes war so offensichtlich, daß es dem menschlichen Verstand
Mühe bereitete, sich das Monstrum vorzustellen, das für den
Tod der dreihundert Menschen verantwortlich war.
Mark Richter blickte auf. Er fühlte sich ausgehöhlt,
leer, und in der Leere brannte das lodernde Feuer der Wut.
„Dafür wird er mir büßen!" knirschte
er.
Der Rückweg schien endlos. Mark Richter hing düsteren
Gedanken nach. Menchenk brauchte diesmal keine Anweisungen zu geben,
weil die Spur, die Mark hinterlassen hatte, deutlich genug war.
Dreihundert Menschen, sinnlos geopfert, nagte es in Marks
Bewußtsein. Es war höchste Zeit, daß dem Unhold
Weitere Kostenlose Bücher