PR TB 144 Die Seelenlosen
zu vollbringen hatte. Er war hier, um
die Interessen der Whistler-Robotversicherungen und damit der
Whistler-Company zu vertreten, aber er mußte dabei in der Wahl
seiner Mittel wählerisch sein, denn Henry F. Whistler hätte
ihm niemals verziehen, wenn Kathy Whistler bei dieser Aktion über
Gebühr verletzt worden wäre.
Familienangelegenheiten waren Pattis seit jeher ein Greuel
gewesen, aber sein Stolz hatte nicht zugelassen, diese Aufgabe Kalten
oder Kalamatsi zu überlassen.
„Drei Milliarden Solar", drang Huiskoiffers Stimme in
Pattis' Gedanken. „Sie muß doch gewußt haben, daß
ihr Bruder diese Summe niemals zahlen würde."
„Whistler ist andere Schadensersatzforderungen gewöhnt",
meinte Reccioni, „aber er kann sich nicht leisten, seiner
Familie gegenüber so großzügig zu sein. Wenn er Kathy
auszahlt, kommt ein Schwarm von Verwandten, die ihn ausnehmen
wollen."
„Was hat er ihr geboten?" wandte Huiskoiffer sich an
Pattis.
„Eine Million", erwiderte Pattis. „Damit wird sie
sich niemals zufrieden geben. Wir können uns bis auf zwei
Millionen hochtreiben lassen, dann ist die Grenze erreicht."
Er verschloß die Kassette und nickte seinen Mitarbeitern zu.
„Laßt uns gehen", schlug er vor. „Kathy
weiß längst von unserer Ankunft und wartet wahrscheinlich
schon mit gespitzten Krallen auf unser Eintreffen in der Burg. Wir
wollen so vorgehen, daß zunächst nur Reccioni redet. Ich
höre zu und versuche, ihre Schwächen herauszufinden.
Huiskoiffer wartet inzwischen auf eine göttliche Eingebung."
Reccioni strich über sein dünnes Bärtchen und
lächelte zufrieden. Die Tatsache, daß er zu Beginn des
Gefechts eingesetzt wurde, versprach für ihn einen ruhigen
Abgang.
Pattis öffnete die Schleuse, die Gangway senkte sich auf den
Boden des Planeten Moralty hinab. Mit dem Geld, das Kathy Whistler
beim Ausscheiden aus der Firma erhalten hatte, war sie nach
Moralty gegangen und hatte auf dem zweitgrößten
Kontinent des Sauerstoffplaneten ihre Burg errichtet, wo sie in
völliger Einsamkeit und Zurückgezogenheit lebte. Nicht
einmal mit den Kolonisten auf dem größten Kontinent von
Moralty hatte sie Kontakt aufgenommen. Dies und weitere Informationen
hatte Pattis in Erfahrung gebracht, bevor er nach Moralty gekommen
war; er wollte seine Zeit nicht mit routinemäßigen
Nachforschungen vergeuden.
Moralty war ein Sauerstoffplanet, die zweite Welt von insgesamt
fünf, die die gelbe Sonne Quanton umkreisten. Das Quanton-System
war 21 340 Lichtjahre vom Solsystem entfernt und lag damit gerade
noch innerhalb jenes Entfernungsbereichs, den man mit einer
leistungsstarken SpaceJet überwinden konnte.
Auf Moralty dauerte ein Tag sechzehn Stunden, das Klima war mild,
die Winter auf diesem Kontinent kurz. Für eine Frau, die ihr
Eremitendasein niemals aufgab, war das allerdings genauso
bedeutungslos wie die Tatsache, daß Fauna und Flora von Moralty
dem Menschen keine Probleme bereiteten. Moralty war eine wunderbare
Welt, nur ein seelisch gestörter Mensch konnte auf die Idee
kommen, sich ausgerechnet hier von der Natur abzukapseln.
Pattis schaltete seinen Antigravprojektor ein, klemmte sich die
Kassette unter den Arm und schwebte davon. Huiskoiffer und Reccioni
folgten ihm.
Es war später Nachmittag, die weitausladenden Bäume im
Tal warfen lange Schatten. An den Ufern eines Flusses lagerten
bepelzte Tiere, ausschließlich Pflanzenfresser.
Pattis' Gedanken beschäftigten sich mit der Frau in der
Festung. Als Kathy Whistler aus der Firma ihres Bruders ausgeschieden
war, hatte sie neben einer großen Summe einunddreißig
Spezialroboter der Whistler-Produktion erhalten. Damit hatte ihr
Bruder ihrem Wunsch entsprochen, für jeden Zweck einen Roboter
nach Moralty mitnehmen zu dürfen. Henry F. Whistler VII.
garantierte, daß diese einunddreißig Roboter alle
Funktionen erfüllen würden, die normalerweise von Menschen
erledigt wurden.
Nun, dreißig Jahre später, glaubte Kathy Whistler
festgestellt zu haben, daß ihr Bruder sie mit der Abfindung
betrogen hatte. Die kleine Robotarmee erfüllte keineswegs die
Ansprüche, die sie nach den Versprechungen ihres Herstellers zu
befriedigen imstande sein mußte. Jedenfalls behauptete das
Kathy Whistler, und sie verband mit ihrer Behauptung eine
Schadensersatzforderung in Höhe von drei Milliarden Solar.
Deshalb waren Pattis, Reccioni und Huiskoiffer nach Moralty
gekommen.
Sie sollten nicht etwa nachweisen, daß Kathy Whistler
Versicherungsbetrug verübte, sondern
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